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Grundwissen

Energiebilanz bei Kernreaktionen

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Der Q-Wert einer Kernreaktion ist die Summe der nach der Kernreaktion vorliegenden kinetischen Energien und der Anregungsenergie \({E^*}\left({\rm{Y}}\right)\) von \(\rm{Y}\) vermindert um die vor der Reaktion vorliegenden kinetischen Energien.
  • Ist der Q-Wert positiv, so ist die Kernreaktion exotherm, ist der Q-Wert negativ, so ist die Kernreaktion endotherm.
  • Der Q-Wert lässt sich berechnen als die Differenz der Ruheenergien vor der Reaktion und der Ruheenergien nach der Reaktion: \(Q = \left( {{m_0}\left( {\rm{x}} \right) \cdot {c^2} + {m_0}\left( {\rm{X}} \right) \cdot {c^2}} \right) - \left( {{m_0}\left( {\rm{y}} \right) \cdot {c^2} + {m_0}\left( {\rm{Y}} \right) \cdot {c^2}} \right)\)
Aufgaben Aufgaben
Abb. 1 Prinzipieller Ablauf einer Kernreaktion: ein Kern x trifft mit kinetischer Energie auf einen ruhenden Kern X, die Reaktionsprodukte y und Y* (angeregt) bewegen sich mit kinetischer Energie fort

Kernreaktionen verlaufen typischerweise nach folgendem Muster: Ein Geschoßteilchen \({\rm{x}}\) trifft auf ein Targetteilchen \({\rm{X}}\) im Grundzustand. Das Bezugssystem wird so gewählt, dass das Targetteilchen \({\rm{X}}\) vor der Reaktion ruht, d.h. \(E_{\rm{kin,X}} = 0\). Nach der Reaktion fliegen die Teilchen \({\rm{y}}\) und \({\rm{Y^*}}\) auseinander. Dabei soll der Stern \(^*\) bei \({\rm{Y^*}}\) andeuten, dass der Kern \({\rm{Y}}\) angeregt sein kann, das Teilchen \({\rm{y}}\) sei im Grundzustand. Die Anregungsenergie von \({\rm{Y}}\) betrage \({E^*}\left( {\rm{Y}} \right)\).

Hinweis: Selbstverständlich könnte auch das Teilchen \({\rm{y}}\) angeregt sein. Wie die nachfolgenden Überlegungen aber zeigen werden, reicht für alle Berechnungen die Annahme, dass nur ein Teilchen angeregt ist, vollkommen aus.

Der Energieerhaltungssatz besagt nun\[m\left( {\rm{x}} \right) \cdot {c^2} + m\left( {\rm{X}} \right) \cdot {c^2} = m\left( {\rm{y}} \right) \cdot {c^2} + m\left( {\rm{Y}} \right) \cdot {c^2} + {E^*}\left( {\rm{Y}} \right)\]Dabei ist \(m\) jeweils die geschwindigkeitsabhängige Atom- oder Kernmasse. Drückt man die Gesamtenergie der Reaktionspartner durch ihre Ruheenergien und kinetischen Energien sowie die Anregungsenergie des Partners \({\rm{Y}}\) aus, so gilt\[{m_0}\left( {\rm{x}} \right) \cdot {c^2} + {E_{{\rm{kin}}{\rm{,x}}}} + {m_0}\left( {\rm{X}} \right) \cdot {c^2} = {m_0}\left( {\rm{y}} \right) \cdot {c^2} + {E'}_{{{\rm{kin}}{\rm{,y}}}} + {m_0}\left( {\rm{Y}} \right) \cdot {c^2} + {E'}_{{{\rm{kin}}{\rm{,Y}}}} + {E^*}\left( {\rm{Y}} \right) \quad(1)\]Dabei ist \(m_0\) jeweils die die Ruhemasse der Reaktionspartner.

Unter der Reaktionsenergie Q (kurz: Q-Wert) versteht man nun die Summe der nach der Reaktion vorliegenden kinetischen Energien und der Anregungsenergie \({E^*}\left( {\rm{Y}} \right)\) von \(\rm{Y}\) vermindert um die Summe der vor der Reaktion vorliegenden kinetischen Energien:\[Q = \left( {{E'}_{{{\rm{kin,y}}}} + {E'}_{{{\rm{kin,Y}}}} + {E^*}\left( {\rm{Y}} \right)} \right) - {E_{{\rm{kin,x}}}} \quad(2)\]Durch Umsortieren von Gleichung \((1)\) kann man erreichen, dass der durch Gleichung \((2)\) definierte Q-Wert berechnet werden kann:\[\left( {{E'}_{{{\rm{kin}}{\rm{,y}}}} + {E'}_{{{\rm{kin}}{\rm{,Y}}}} + {E^*}\left( {\rm{Y}} \right)} \right) - {E_{{\rm{kin}}{\rm{,x}}}} = \left( {{m_0}\left( {\rm{x}} \right) \cdot {c^2} + {m_0}\left( {\rm{X}} \right) \cdot {c^2}} \right) - \left( {{m_0}\left( {\rm{y}} \right) \cdot {c^2} + {m_0}\left( {\rm{Y}} \right) \cdot {c^2}} \right) \quad(1')\]Die linke Seite der Gleichung \((1')\) entspricht der Definition des Q-Wertes für die oben vorgestellte Reaktion. Natürlich muss damit auch die rechte Seite von \((1')\) gleich dem Q-Wert sein:\[Q = \left( {{m_0}\left( {\rm{x}} \right) \cdot {c^2} + {m_0}\left( {\rm{X}} \right) \cdot {c^2}} \right) - \left( {{m_0}\left( {\rm{y}} \right) \cdot {c^2} + {m_0}\left( {\rm{Y}} \right) \cdot {c^2}} \right)\]Damit erhalten wir folgendes Ergebnis:

Reaktionsenergie Q (Q-Wert) von Kernreaktionen

Unter der Reaktionsenergie Q (kurz: Q-Wert) einer Kernreaktion versteht man die Summe der nach der Kernreaktion vorliegenden kinetischen Energien und der Anregungsenergie \({E^*}\left({\rm{Y}}\right)\) von \(\rm{Y}\) vermindert um die Summe der vor der Reaktion vorliegenden kinetischen Energien:\[Q = \left( { {E'}_ {{{\rm{kin,y}}}} + {E'}_ {{{\rm{kin,Y}}}} + {E^*}\left( {\rm{Y}} \right)} \right) - {E_{{\rm{kin,x}}}}\]Der Q-Wert lässt sich berechnen als die Differenz der Ruheenergien vor der Reaktion und der Ruheenergien nach der Reaktion:\[Q = \left( {{m_0}\left( {\rm{x}} \right) \cdot {c^2} + {m_0}\left( {\rm{X}} \right) \cdot {c^2}} \right) - \left( {{m_0}\left( {\rm{y}} \right) \cdot {c^2} + {m_0}\left( {\rm{Y}} \right) \cdot {c^2}} \right)\]Kennt man also die Ruhemassen der beteiligten Produkte, so kann man die Reaktionsenergie Q berechnen.

Hinweise

  • Ist der Q-Wert positiv, also die Summe der kinetischen Energien der Produkte nach der Reaktion höher als die Summe der kinetischen Energien vor der Reaktion, so spricht man von einem exothermen Vorgang.
  • Ist der Q-Wert negativ, also die Summe der kinetischen Energien der Produkte nach der Reaktion kleiner als die Summe der kinetischen Energien vor der Reaktion, so spricht man von einem endothermen Vorgang.

Berechnung mit Kernmassen oder mit Atommassen

Für die Berechnung des Q-Wertes sind zwei Betrachtungsweisen möglich:

  • Man geht von den Kernmassen aus;
  • Man geht von den Atommassen aus.

Die Massenbestimmung schwerer Elemente gelingt sehr genau mit Hilfe von Massenspektrometern, bei denen man durch die Ablenkung von z.B. einfach ionisierten Atomen in elektrischen und magnetischen Feldern deren spezifische Ladung bestimmt. Bei hohen Ordnungszahlen treten "nackte" Kerne (also Kerne ohne jegliche Hüllenelektronen) so gut wie nicht auf. Deshalb wird der Q-Bestimmung über die Atommassen größere Bedeutung zukommen, da man über die Atommassen eine sehr genaue Kenntnis besitzt.

Tab. 1 Berechnungsmöglichkeiten des Q-Wertes über Atom- oder Kernmassen
Überlegung mit Kernen Überlegung mit Atomen
\[Q = \left( {{m_{{\rm{K}}{\rm{,0}}}}\left( {\rm{x}} \right) \cdot {c^2} + {m_{{\rm{K}}{\rm{,0}}}}\left( {\rm{X}} \right) \cdot {c^2}} \right) - \left( {{m_{{\rm{K}}{\rm{,0}}}}\left( {\rm{y}} \right) \cdot {c^2} + {m_{{\rm{K}}{\rm{,0}}}}\left( {\rm{Y}} \right) \cdot {c^2}} \right)\] \[Q = \left( {{m_{{\rm{A}}{\rm{,0}}}}\left( {\rm{x}} \right) \cdot {c^2} + {m_{{\rm{A}}{\rm{,0}}}}\left( {\rm{X}} \right) \cdot {c^2}} \right) - \left( {{m_{{\rm{A}}{\rm{,0}}}}\left( {\rm{y}} \right) \cdot {c^2} + {m_{{\rm{A}}{\rm{,0}}}}\left( {\rm{Y}} \right) \cdot {c^2}} \right)\]

Wegen der Ladungserhaltung ist die Summe der Kernladungszahlen vor und nach der Reaktion gleich. Fügt man in dieser Gleichung zu den jeweiligen Kernen die entsprechende Ruheenergie der Hüllenelektronen hinzu, so gelangt man (nahezu) zum Q-Wert mit Atommassen. Es besteht nur ein geringfügiger Unterschied in den beiden Q-Werten, der auf die unterschiedlichen Elektronenbindungsenergien \(B_{\rm{e}}\) der Hüllenelektronen in den Atomen zurückzuführen ist. Für gröbere Berechnungen ist es also unerheblich, ob man mit den Ruhemassen von Kernen oder Atomen rechnet.