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Aufgabe

Experiment von BUCHERER (Abitur BY 2021 Ph 11-1 A1)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Skizze der Versuchsanordnung

Mit der abgebildeten evakuierten Anordnung (Abb. 1) wird die Ablenkung von Elektronen in einem homogenen Magnetfeld der Flussdichte \(\vec{B}\) untersucht. In einem Plattenkondensator mit dem Plattenabstand \(d = 0{,}25\,\rm{mm}\) befindet sich ein radioaktives Präparat \(\rm{P}\) als Elektronenquelle.

Eine am Kondensator anliegende Spannung erzeugt ein näherungsweise homogenes und auf das Innere des Kondensators beschränktes elektrisches Feld. Durch den Spalt \(\rm{S}\) verlassen Elektronen den Kondensator parallel zu den Platten.

a)

Beschreibe eine Möglichkeit, ein homogenes Magnetfeld veränderbarer Flussdichte zu erzeugen. (4 BE)

b)

Berechne die an den Kondensatorplatten anliegende Spannung, wenn die elektrische Feldstärke \(E = 25\,\rm{\frac{kV}{m}}\) beträgt.

Weise nach, dass für die Geschwindigkeit \({v}\) der durch den Spalt austretenden Elektronen gilt :  \(v =\frac{E}{B}\).

Zeichne außerdem in Abb. 1 die Polung der Platten ein. (7 BE)

Nachdem die Elektronen den Plattenkondensator verlassen haben, durchlaufen sie einen Kreisbogen mit Radius  \(r\) und treffen im Punkt  \(A\) auf einen Fluoreszenzschirm.

c)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Skizze des Floureszensschirms

Der Radius \({r}\) kann nicht direkt gemessen werden.

Gib mithilfe von Abb. 2 eine Gleichung an, mit der man aus den beiden Messgrößen \(l\) und \(x\) den Radius \(r\) der Kreisbahn bestimmen kann. (2 BE)

d)

Zeige, dass für die Masse der Elektronen  \(m =\frac{e\cdot B^2 \cdot r}{E}\) gilt. (5 BE)

Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse einer Messreihe:

Tab. 1 Messwerte mit fehlenden Geschwindigkeiten
Messung \(E\;\rm{in\;\frac{kV}{m}}\) \(B\;\rm{in\;mT}\) \(r\;\rm{in\;cm}\) \(v\;\rm{in\;\frac{m}{s}}\)
\(1\) \(25\) \(1{,}8\) \(4{,}4\)  
\(2\) \(40\) \(2{,}9\) \(2{,}7\)  
\(3\) \(520\) \(3{,}4\) \(30\)  
\(4\) \(970\) \(3{,}6\) \(98\) \(2{,}7 \cdot 10^8\)
e)

Berechne die sich aus Messung 1 ergebene Masse der Elektronen.

Vergleiche das Ergebnis mit dem Literaturwert für die Ruhemasse. (3 BE)

f)

Ergänze in der Tabelle die fehlenden Werte für die Geschwindigkeit.

Begründe nur mit Hilfe dieser Werte, dass man im Rahmen der Messgenauigkeit aus den ersten beiden Messungen den gleichen Wert für die Masse der Elektronen erhalten muss. (4 BE)

g)

Überprüfe durch eine Rechnung den in Messung 4 für den Radius ermittelten Wert.

Begründe, dass dafür eine relativistische Betrachtung erforderlich ist. (6 BE)

h)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 3 Geschwindigkeitsabhängigkeit der Größen Masse, Impuls bzw. kinetische Energie eines Elektrons nach klassischer Vorstellung

Die in Abb. 3 gezeigten Diagramme stellen jeweils die Geschwindigkeitsabhängigkeit der Größen Masse, Impuls bzw. kinetische Energie eines Elektrons nach klassischer Vorstellung dar.

Ordne die drei Größen den Diagrammen 1, 2 und 3 begründet zu.

Skizziere anschließend in Abb. 3 qualtitativ die drei Diagramme, wie sie sich gemäß der Relativitätstheorie ergeben. (9 BE)

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayr. Kultusministeriums.

a)

Die Flussdichte des Magnetfeldes einer stromdurchflossenen Spule ergibt sich durch \(B = \mu_{0} \cdot \frac{N}{l}\cdot I\). Somit wäre es möglich, im Inneren der Spule ein homogenes Magnetfeld mit veränderbarere Flussdichte zu erzeugen, indem wir den Strom, der die Spule durchfließt, ändern.

Alternative: Mit einem Helmholzspulenpaar (zwei Spulen mit dem Radius \(R\), die im Abstand \(R\) aufgestellt sind) kann ebenfalls ein entsprechend homogenes Magnetfeld erzeugt werden. Auch hier bestimmt die Stromstärke in den Spulen die magnetische Flussdichte des Feldes.

b)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 4 Skizze der Versuchsanordnung mit Polung der Kondensatorplatten

Für das homogene elektrische Feld im Plattenkondensator gilt\[\begin{eqnarray}E &=& \frac{U}{d}\\U &=& E \cdot d\end{eqnarray}\]Einsetzen der gegebenen Größen \(E=25\,\rm{\frac{kV}{m}} = 25 \cdot 10^3\,\rm{\frac{V}{m}}\) und \(d = 0{,}25\,\rm{mm} = 0{,}25 \cdot 10^{-3}\,\rm{m}\) liefert für die Spannung\[{U = 25 \cdot 10^3\,\rm{\frac{V}{m}} \cdot 0{,}25 \cdot 10^{-3}\,\rm{m} = 6{,}3\,\rm{V}}\]

Das Elektron bewegt sich ohne Ablenkung durch das WIEN'sche Filter. Deshalb müssen sich alle wirkenden Kräfte aufheben, hier also die LORENTZ-Kraft \(\vec F_{\rm{L}} \) aufgrund des Magnetfeldes und die elektrische Kraft \(\vec F_{\rm{el}}\) aufgrund des elektrischen Feldes. Daraus folgt für die Beträge der beiden Kräfte\[\begin{eqnarray}{F_{{\rm{el}}}} &=& {F_{\rm{L}}}\\q \cdot E &=& q \cdot v \cdot B\\E &=& v \cdot B\\v &=& \frac{E}{B}\end{eqnarray}\]Die Polung der Kondensatorplatten ergibt sich, indem wir mit Hilfe der Drei-Finger-Regel der rechten Hand (Beachte dabei: Das Elektron ist negativ geladen) die Richtung der LORENTZ-Kraft auf das Elektron ermitteln: diese wirkt nach unten. Da sich LORENTZ-Kraft und elektrische Kraft kompensieren, ist die elektrische Kraft entgegengesetzt zur LORENTZ-Kraft gerichtet: die elektrische Kraft wirkt also nach oben. Damit ergibt sich dann die Polung der Platten: die obere Platte ist positiv, die untere negativ geladen.

c)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 5 Skizze zur Herleitung

Zur Herleitung der Gleichung, mit der man aus den beiden Messgrößen \(l\) und \(x\) den Radius \(r\) der Kreisbahn berechnen kann, nutzen wir den Satz des PYTHAGORAS im grau schraffierten Dreieck in Abb. 5.\[\begin{eqnarray}{r^2} &=& {(r - x)^2} + {l^2}\\{r^2} &=& {r^2} - 2 \cdot x \cdot r + {x^2} + {l^2}\\2 \cdot r \cdot x &=& {x^2} + {l^2}\\r &=& \frac{{{x^2} + {l^2}}}{{2 \cdot x}}\end{eqnarray}\]

d)

Sobald das Elektron das WIEN'sche Filter verlässt und sich nur noch in einem Magnetfeld befindet, wirkt auf das Elektron nur noch die LORENTZ-Kraft. Diese wirkt als Zentripetalkraft und zwingt das Elektron auf eine Kreisbahn. Somit gilt\[\begin{eqnarray}{F_{{\rm{ZP}}}} &=& {F_{\rm{L}}}\\m \cdot \frac{{{v^2}}}{r} &=& q \cdot v \cdot B\\m &=& \frac{{q \cdot B \cdot r}}{v}\end{eqnarray}\]Dabei ist die Ladung des Elektrons \(q = e\). Aus Teilaufgabe b) gilt für die Geschwindigkeit  \({v =\frac{E}{B}}\). Somit ergibt sich\[m =  \frac{q\cdot B \cdot r  }{v}  =  \frac{q\cdot B \cdot r  }{\frac{E}{B}} = \frac{q \cdot B^2 \cdot r}{E}\]

e)

Zur Berechnung der Masse des Elektrons nehmen wir die Gleichung \(m =  \frac{e\cdot B^2 \cdot r  }{E}\) , welche wir in Teilaufgabe d) hergeleitet haben, und setzen die Werte der Messung 1 aus Tab. 1 ein.

Mit den Werten \(e = 1{,}6 \cdot 10^{-19} \,\rm{C}\), \(B = 1{,}8\,\rm{mT} = 1{,}8 \cdot 10^{-3}\,\rm{T}\), \(r = 4{,}4 \,\rm{cm} = 0{},044\,\rm{m}\) und \(E = 25 \,\rm{\frac{kV}{m}} = 25 \cdot 10^{3} \,\rm{\frac{V}{m}}\) erhalten wir somit\[m  = \frac{1{,}6 \cdot 10^{-19} \,\rm{C} \cdot  (1{,}8 \cdot 10^{-3}\,\rm{T})^{2} \cdot 0{,}044\,\rm{m}}{25 \cdot 10^{3} \,\rm{\frac{V}{m}}} = 9{,}1\cdot 10^{-31} \,\rm{kg}\]Dabei sehen wir, dass unser Ergebnis auf zwei geltende Ziffern keine Abweichung mit dem Literaturwert von \(m_{e}\) aufweist.

f)

Mit der Formel \(v = \frac{E}{B}\), welche wir in der Teilaufgabe b) hergeleitet haben, können wir die fehlenden Werte für die Geschwindigkeit in der Tabelle errechnen:

Tab. 2 Messwerte mit berechneten Geschwindigkeiten
Messung \(E\;\rm{in\;\frac{kV}{m}}\) \(B\;\rm{in\;mT}\) \(r\;\rm{in\;cm}\) \(v\;\rm{in\;\frac{m}{s}}\)
\(1\) \(25\) \(1{,}8\) \(4{,}4\) \(1{,}4\cdot 10^7\)
\(2\) \(40\) \(2{,}9\) \(2{,}7\) \(1{,}4\cdot 10^7\)
\(3\) \(520\) \(3{,}4\) \(30\) \(1{,}5\cdot 10^8\)
\(4\) \(970\) \(3{,}6\) \(98\) \(2{,}7 \cdot 10^8\)

Da die Elektronen bei der zweiten Messung die gleiche Geschwindigkeit wie bei der ersten Messung besitzen, ergibt sich für ihre Masse im Rahmen de Messungenauigkeit derselbe Wert.

g)

Betrachten wir die Geschwindigkeit \(v_4\) im Verhältnis zur Lichtgeschwindigkeit \(c\) , so ergibt sich\[p\%=\frac{v_4}{c} = \frac{2{,}7 \cdot 10^8\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}}{3{,}0 \cdot 10^8\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}}=0{,}90=90\%\]Dadurch wird klar, dass \(v_4\) größer ist als \(10\%\) der Lichtgeschwindigkeit, wodurch eine relativistische Betrachtung nötig wird. 

Wenn wir die hergeleitete Formel aus Teilaufgabe e) nach dem Radius umstellen, so erhalten wir\[m_e =  \frac{e\cdot B^2 \cdot r  }{E} \Leftrightarrow r = \frac{m_e\cdot E}{e\cdot B^2}\]Da eine relativistische Betrachtung notwendig ist, muss dieser Radius \(r\) mit dem LORENTZ-Faktor\[\gamma  = \frac{1}{{\sqrt {1 - \frac{{{v^2}}}{{{c^2}}}} }} = \frac{1}{{\sqrt {1 - \frac{{{{\left( {0{,}90 \cdot c} \right)}^2}}}{{{c^2}}}} }} = 2{,}3\]multipliziert werden. Somit ergibt sich\[r' = \gamma  \cdot r = \gamma  \cdot \frac{{{m_e} \cdot E}}{{e \cdot {B^2}}}\]Mit \(\gamma = 2{,}3\) und den Werten aus Messung 4 \(E = 970 \,\rm{\frac{kV}{m}} = 970 \cdot 10^{3} \,\rm{\frac{V}{m}}\), \(B = 1{,}8\,\rm{mT} = 3{,}6 \cdot 10^{-3}\,\rm{T}\), \(m_{e} = 9{,}1\cdot 10^{-31}\,\rm{kg}\) und \(e = 1{,}6 \cdot 10^{-19}\,\rm{C}\) erhalten wir\[r' = 2{,}3\cdot \frac{ 9{,}1\cdot 10^{-31}\,\rm{kg} \cdot 970 \cdot 10^{3} \,\rm{\frac{V}{m}}}{1{,}6 \cdot 10^{-19}\,\rm{C}  \cdot (3{,}6 \cdot 10^{-3}\,\rm{T})^{2} }= 0{,}98\,\rm{m}\] 

h)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 6 Lösung von Teilaufgabe h)

Graph 1 stellt nach klassischer Vorstellung die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}} = \frac{1}{2} \cdot m \cdot v^2\) dar, da diese quadratisch von der Geschwindigkeit abhängt.

Graph 2 stellt nach klassischer Vorstellung die Masse dar, da diese nach dieser Vorstellung unabhängig von der Geschwindigkeit ist.

Graph 3 stellt nach klassischer Vorstellung den Impuls \(p = m \cdot v\) dar, da dieser linear von der Geschwindigkeit abhängt.

Zeichnet man nun die relativistischen Graphen ein, so ist wichtig, dass diese für kleine Geschwindigkeiten \({v}\) mit dem klassischen Graphen übereinstimmen und sich für große Geschwindigkeiten \({v}\) der Geraden \({x = c}\) asymptotisch nähern.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Relativitätstheorie

Spezielle Relativitätstheorie