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Aufgabe

COMPTON-Teleskop (Abitur BY 2011 LK A3-1)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

Das COMPTON-Teleskop dient zur Beobachtung von astronomischen Objekten, die Gammastrahlung mit Quantenenergien in der Größenordnung einiger \(\rm{MeV}\) aussenden. In diesem Energiebereich ist der COMPTON-Effekt der dominierende Wechselwirkungsprozess von Photonen mit Materie.

a)

Begründe, warum der COMPTON-Effekt bei sichtbarem Licht nicht beobachtet werden kann. (5 BE)

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Prinzip eines COMPTON-Teleskops

Nebenstehend ist das Prinzip eines COMPTON-Teleskops skizziert:

Ein einfallendes \(\gamma\)-Quant der Energie \(E_\gamma\) wird in Detektor 1 durch COMPTON-Streuung an einem Elektron um den Winkel der Weite \(\vartheta \) abgelenkt. Dabei wird die kinetische Energie \(E'_{\rm{e}}\) des COMPTON-Elektrons gemessen.

Das gestreute \(\gamma\)-Quant wird in Detektor 2 schließlich vollständig absorbiert, wobei seine Energie \(E'_{\gamma}\) gemessen wird.

Damit erhält man \(E_{\gamma}\) aus \(E_{\gamma} = E'_{\rm{e}} + E'_{\gamma}\).

Beide Detektoren sind ortsauflösend, d. h. die Wechselwirkungsorte A und B sind bekannt.

b)

Leite aus der Formel \({\Delta \lambda  = {\lambda _{\rm{C}}} \cdot \left( {1 - \cos \left( \vartheta \right)} \right)}\) für die Wellenlängenänderung beim COMPTON-Effekt her, dass die Weite \( \vartheta\) des Streuwinkels aus den Messgrößen \({E'_{\rm{e}}}\) und \({E'_\gamma }\) sowie aus der Ruhemasse \(m_0\) des Elektrons nach der Beziehung\[\cos \left( \vartheta \right) = 1 - \frac{{{m_0} \cdot {c^2}}}{{E'_\gamma }} + \frac{{{m_0} \cdot {c^2}}}{{{E'_{\rm{e}}} + {E'_\gamma }}}\]berechnet werden kann. (8 BE)

c)

Ein \(\gamma\)-Quant löst in Detektor 1 ein Comptonelektron der kinetischen Energie \(E'_{\rm{e}} = 0{,}70\,\rm{MeV}\) aus; in Detektor 2 wird die Energie \(E'_{\gamma} = 1{,}3\,\rm{MeV}\) des gestreuten \(\gamma\)-Quants gemessen.

Berechne daraus die Weite \(\vartheta\) des Streuwinkel des Photons.

Berechne auch die Geschwindigkeit des COMPTON-Elektrons. (10 BE)

d)

Im COMPTON-Teleskop wird die Zeitdauer \(\Delta t\) zwischen den Wechselwirkungsprozessen in den beiden Detektoren gemessen.

Berechne, innerhalb welcher Grenzen \(\Delta t\) liegen muss, damit zwei beobachtete Wechselwirkungen im oberen und im unteren Detektor tatsächlich vom selben \(\gamma\)-Quant stammen können. Betrachte dazu die beiden Detektoren als gegenüberliegende Flächen eines Würfels mit der Kantenlänge \(1{,}2\,\rm{m}\). (5 BE)

e)

Erläutere anhand einer Skizze, warum man bei Detektion eines einzelnen \(\gamma\)-Quants mit anschließender Bestimmung von \(\vartheta\) noch nicht die Richtung der \(\gamma\)-Quelle kennt.

Erkläre, warum man durch Detektion mehrerer aufeinander folgender \(\gamma\)-Quanten die Position der \(\gamma\)-Quelle dennoch mit einem einzelnen COMPTON-Teleskop bestimmen kann. (7 BE)

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayr. Kultusministeriums.

a)

Für die Wellenlängenänderung beim COMPTON-Effekt mit Elektronen gilt\[\Delta \lambda  = {\lambda _C} \cdot \left( {1 - \cos \left( \vartheta  \right)} \right) = \frac{h}{{{m_{\rm{0,e}}} \cdot c}} \cdot \left( {1 - \cos \left( \vartheta  \right)} \right) \quad (1)\]Die maximale Wellenlängenverschiebung beim COMPTON-Effekt ist für \(\vartheta = 180^\circ\) erreicht und beträgt\[\Delta {\lambda _{\max }} = 2 \cdot {\lambda _C} = 2 \cdot 2{,}42 \cdot {10^{ - 12}}\,\rm{m} = 4{,}84 \cdot {10^{ - 12}}\,\rm{m}\]Das sichtbare Licht liegt in einem Wellenlängenbereich von \(700000 \cdot 10^{-12}\,\rm{m}\) bis \(400000 \cdot 10^{-12}\,\rm{m}\), so dass die kleine Wellenlängenänderung durch einen COMPTON-Effekt wohl nicht feststellbar sein dürfte.

b)

Für die Wellenlängenänderung der \(\gamma\)-Strahlung gilt\[\Delta \lambda  = \lambda ' - \lambda  = \frac{h \cdot c}{E'_{\gamma}} - \frac{h \cdot c}{E_\gamma} \quad (2)\]Setzt man \((2)\) in \((1)\) ein, so folgt\[\begin{eqnarray}\frac{h \cdot c}{E'_\gamma} - \frac{h \cdot c}{E_\gamma} &=& \frac{h}{m_{\rm{0,e}} \cdot c} \cdot \left( {1 - \cos \left( \vartheta  \right)} \right) \quad \left| { \cdot \frac{m_{\rm{0,e}} \cdot c}{h}} \right.\\\frac{{{m_{\rm{0,e}}} \cdot {c^2}}}{E'_\gamma} - \frac{{{m_{\rm{0,e}}} \cdot {c^2}}}{E_\gamma} &=& 1 - \cos \left( \vartheta  \right)\\\cos \left( \vartheta  \right) &=& 1 - \frac{{{m_{\rm{0,e}}} \cdot {c^2}}}{E'_\gamma} + \frac{{{m_{\rm{0,e}}} \cdot {c^2}}}{E_\gamma}\end{eqnarray}\]

 

c)

Berechnung des Streuwinkels. Nach dem Energieerhaltungssatz gilt\[{E_\gamma } = {E'_\gamma } + E'_{\rm{kin,e}}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[{E_\gamma } = 1{,}3\,\rm{MeV} + 0{,}70\,\rm{MeV} = 2{,}0\,\rm{MeV}\]Eingesetzt in die Beziehung für \(\cos \left(\vartheta\right)\) von Teilaufgabe b) ergibt sich\[\cos \left( \vartheta  \right) = 1 - \frac{{0{,}511\,\rm{MeV}}}{{1{,}3\,\rm{MeV}}} + \frac{{0{,}511\,\rm{MeV}}}{{2{,}0\,\rm{MeV}}} = 0{,}86 \Rightarrow \vartheta  = 30^\circ \]Für die Gesamtenergie des COMPTON-Elektrons nach dem Stoß gilt\[E'_{\rm{ges,e}} = {E_{\rm{0,e}}} + E'_{\rm{kin,e}}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[E'_{\rm{ges,e}} = 0{,}511\,\rm{MeV} + 0{,}70\,\rm{MeV} = 1{,}21\,\rm{MeV}\]Für die Geschwindigkeit gilt dann\[\begin{eqnarray}E'_{\rm{ges,e}} &=& \frac{{{E_{\rm{0,e}}}}}{{\sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}} }}\\1 - {\left( {\frac{v}{c}} \right)^2} &=& {\left( {\frac{{{E_{\rm{0,e}}}}}{{E'_{\rm{ges,e}}}}} \right)^2}\\v &=& c \cdot \sqrt {1 - {{\left( {\frac{{{E_{\rm{0,e}}}}}{{E'_{\rm{ges,e}}}}} \right)}^2}} \end{eqnarray}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[v = c \cdot \sqrt {1 - {{\left( {\frac{{0{,}511\,\rm{MeV}}}{{1{,}21\,\rm{MeV}}}} \right)}^2}}  = 0{,}91 \cdot c\]

d)

Die kürzeste Entfernung zwischen einem oberen und einem unteren Detektor ist die Würfelhöhe \(\Delta x_{\rm{min}} = 1{,}2\,\rm{m}\). Die größte Entfernung zwischen einem oberen und einem unteren Detektor ist die Länge der Raumdiagonale des Würfels, d.h.\[\Delta {x_{\max }} = \sqrt 3  \cdot 1{,}2\,\rm{m} = 2{,}1\,\rm{m}\]Berechnung der zeitlichen Grenzen:\[\Delta {t_{\min }} = \frac{{\Delta {x_{\min }}}}{c} \Rightarrow \Delta {t_{\min }} = \frac{1{,}2\,\rm{m}}{3{,}0 \cdot {{10}^8}\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}} = 4{,}0\,\rm{ns}\]\[\Delta {t_{\max }} = \frac{{\Delta {x_{\max }}}}{c} \Rightarrow \Delta {t_{\max }} = \frac{{2{,}1\,\rm{m}}}{3{,}0 \cdot {10}^8\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}} = 6{,}9\,\rm{ns}\]Wenn der Detektor B frühestens nach \(4{,}0\,\rm{ns}\) und spätestens nach \(6{,}9\,\rm{ns}\) nach dem ersten Detektor ein Signal gibt, können die Signale von einem \(\gamma\)-Quant stammen.

e)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Skizze zur Lösung von Aufgabenteil e)

Die \(\gamma\)-Quelle kann nach der Registrierung eines \(\gamma\)-Quants in der oberen Ebene bei A (und in der unteren Ebene bei B) auf einem Kegelmantel mit Spitze bei A und dem Öffnungswinkel der Weite \(2 \cdot \vartheta\) liegen.

Die Position der \(\gamma\)-Quelle wird dadurch bestimmt, dass die zu verschiedenen \(\gamma\)-Quanten gehörenden Kegelmäntel überlagert werden. So entstehen Kreislinien als Projektionen auf der Himmelssphäre, die sich alle in einem Punkt schneiden. In Richtung dieses Punktes liegt die \(\gamma\)-Quelle.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Quantenphysik

Quantenobjekt Photon