Treffen energiereiche Photonen auf ein Atom, so kommt es zu Wechselwirkungen mit den Elektronen der Atomhülle.
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A. H. COMPTON bestrahlte um 1922 einen Streukörper mit monochromatischer Röntgenstrahlung der Wellenlänge λ. Er stellte fest, dass die Streustrahlung je nach Streuwinkel eine höhere Wellenlänge λ' aufwies. Im Photonenbild bedeutet dies, dass die Photonen der ankommenden Strahlung eine höhere Energie haben, als die Photonen der Streustrahlung. COMPTON ging davon aus, dass die ankommenden Photonen bei einem elastischen Stoß mit quasifreien Elektronen der äußeren Atomhülle Energie verlieren.
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Bei einem elastischen Stoß mit fest gebundenen inneren Elektronen verliert das Photon nahezu keine Energie, das innere Elektron bleibt gebunden. Daher enthält die Streustrahlung auch einen Anteil, dessen Wellenlänge mit der Wellenlänge der ursprünglichen Strahlung übereinstimmt.
Aufbau und DurchführungCOMPTON verwendete 1923 die nebenstehend skizzierte Anordnung, bei der er einen fein ausgeblendeten Röntgenstrahl auf einen Streukörper treffen ließ und die gestreute Strahlung mittels einer Braggschen-Drehkristallanordnung auf ihre Wellenlänge untersuchte. |
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Beobachtung
- In der Streustrahlung tritt neben der Wellenlänge \(\lambda\) der ursprünglichen Strahlung der Röntgenröhre noch die größere Wellenlänge \(\lambda '\) auf.
- Die Wellenlängendifferenz \(\lambda '- \lambda\) der Peaks wird mit größerem Winkel \(\
vartheta\) größer (siehe Abbildung).
- Je größer der Winkel \(\
vartheta\), desto geringer wird der verlustfrei reflektierte Anteil mit Wellenlänge \(\lambda\) und um so größer wird der Anteil mit der größeren Wellenlänge \(\lambda '\) (siehe Abbildung).
- Ändert man das Material des Streukörpers bei gleichbleibender Strahlung, so bleibt der Wellenlängenunterschied \(\lambda ' - \lambda\) gleich (siehe Abbildung).
- Der Anteil verlustfrei reflektierter Strahlung mit Wellenlänge \(\lambda\) wird um so größer, je höher die Ordnungszahl des Elements ist, welches als Streukörper verwendet wird.
Deutung
Die Versuchsergebnisse können als vollständig elastischen Stoß des Photons mit einem zunächst ruhenden Elektron gedeutet werden.Theoretische Herleitung (nur für Experten)
Man deutet den Compton-Effekt als vollelastischen Stoß zwischen dem Photon und einem freien Elektron.
Das Photon gibt dabei einen Teil seiner Energie und seines Impulses an das Elektron ab.
Um nicht zu viele Indizes zu verwenden sollen für die Herleitung folgende Bezeichnungen verwendet werden:
Energie
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Impuls
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Wellenlänge
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Photon vor dem Stoß |
E
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p
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λ
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Photon nach dem Stoß |
E'
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p'
|
λ'
|
Elektron vor dem Stoß |
Eo
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0
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|
Elektron nach dem Stoß |
Ee
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pe'
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Es gelten die folgenden physikalischen Gesetze:
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Energieerhaltungssatz: \[E + E_0 = E' + E_e\qquad (1) \]
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Impulserhaltungssatz (vektoriell): \(\vec{p} = \vec{p}' + \vec{p}'_e\)
Dies führt über den Kosinussatz zur Gleichung \[{{p'}_e}^2 = p^2 + {p'}^2 -2pp'\cos(\vartheta) \qquad (2) \] -
Die Energie-Impuls-Beziehungen
\[ \text{für das Elektron: } E_e^2 = E_0^2 + c^2 \cdot {p'}_e^2\qquad \rm{(3a)} \]
\[ \text{ für das Photon vorher: } E = p \cdot c\qquad \rm{(3b)}\]
\[ \text{für das Photon nachher: } E' = p' \cdot c\qquad \rm{(3c)}\]
Vorgehen
Gesucht ist die Energie oder der Impuls oder die Wellenlänge des gestreuten Photons in Abhängigkeit von den Daten des ungestreuten Photons und des Winkels \(\vartheta\).
Strategie: Man setzt die einfacheren Gleichungen (1) und (3) in die kompliziertere Gleichung (2) ein.
(1') \(E_e = E + E_0 – E'\) (3a) \({p'}_e^2 = \frac{E_e^2 – E_0^2}{c^2} = \frac{(E+ E_0-E’)^2- E_0^2}{c^2} \) (3b) \(p = \frac{E}{c}\) (3c) \(p' = \frac{E'}{c}\) in (2) ergibt
\[\frac{(E + E_0 – E')^2-E_0^2}{c^2} = \frac{E^2}{c^2} + \frac{E'^2}{c^2} – 2 \frac{E\cdot E'}{c^2} \cos \left(\vartheta\right)\qquad |\cdot c^2\]
Nun muss man noch vereinfachen:
\[E^2 + E_0^2 + E'^2 + 2E\cdot E_0 – 2E\cdot E' – 2 E' \cdot E_0 – E_0^2 = E^2 + E'^2-2E \cdot E' \cos \left(\vartheta\right)\]
\[\Rightarrow 2E \cdot E_0 – 2E \cdot E' – 2E'\cdot E_0 = -2E\cdot E' \cos \left(\vartheta\right)\qquad | \cdot \frac{1}{2 \cdot E \cdot E'\cdot E_0}\]
\[\Rightarrow \frac{1}{E'}-\frac{1}{E_0}-\frac{1}{E} = \frac{-\cos \left(\vartheta\right)}{E_0}\]
Durch Einsetzen der Energieformel des Photons ergibt sich
\[\frac{\lambda'}{h \cdot c} - \frac{\lambda}{h \cdot c} = \frac{1}{E_0}\cdot (1-\cos \left(\vartheta\right) ) \qquad| \cdot (h\cdot c)\]
\[\Rightarrow \lambda'-\lambda = \frac{h\cdot c}{m_{0,e}\cdot c^2}(1-\cos\left(\vartheta\right))\]
\[ \bbox[lightgreen,10px,border:2px solid grey]{\Rightarrow \Delta\lambda = \lambda_c(1-\cos\left(\vartheta\right))} \]
mit der sogenannten COMPTON-Wellenlänge \[\lambda_c = \frac{h}{m_{0,e}\cdot c} = 2,42 \cdot 10^{-12}m\]
Merkregel:
Ein Photon mit der COMPTON-Wellenlänge \({\lambda _{\rm{C}}}\) hat wegen
\[{E_{{\rm{Ph}}{\rm{,}}{\lambda _{\rm{C}}}}} = h \cdot \frac{c}{{{\lambda _{\rm{C}}}}} = h \cdot \frac{c}{{\frac{h}{{{m_{0,e}} \cdot c}}}} = {m_{0,e}} \cdot {c^2} = {E_{0,e}}\]
die Energie, die der Ruhemasse des Elektrons entspricht.