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Aufgabe

Bungeespringer

Schwierigkeitsgrad: schwere Aufgabe

Abb. 1 Bungeespringen von einem Staudamm

Ein Bungeespringer der Masse \(80{,}0\,\rm{kg}\) springt von der \(40{,}0\,\rm{m}\) hohen Krone eines Staudamms. An die Füße hat er sich das \(20{,}0\,\rm{m}\) lange Bungeeseil gebunden, das eine "Härte" von \(180\,\frac{{\rm{N}}}{{\rm{m}}}\) hat. Nimm an, dass das Seil dem Gesetz von HOOKE gehorcht.

Hinweise

  • Die Masse des Seils soll vernachlässigt werden.
  • Der Springer darf zur Vereinfachung als Massenpunkt angenommen werden.
  • Die Luftreibung bleibe außer Acht.
  • Es wird (etwas unrealistisch) angenommen, dass die nach dem Erreichen des tiefsten Punktes einsetzende Schwingung ungedämpft ist.
a)

In der Höhe \(h_1\) (von der Dammkrone aus betrachtet) beginnt sich das Seil gerade zu spannen. Berechne die Geschwindigkeit, die der Springer in der Höhe \(h_1\) erreicht hat.

b)

Berechne, welche maximale Tiefe \(h_{\rm{max}}\) (unterhalb der Dammkrone) der Springer erreicht. Vergleiche diese Tiefe mit derjenigen, die der Mensch erreichen würde, wenn man ihn "statisch" an das Seil hängen würde.

c)

Zeichne in ein Höhen-Energie-Diagramm qualitativ den Verlauf der Energien ein, die vom Absprung bis zum ersten Erreichen des tiefsten Punktes auftreten.

d)

Der Springer führt nach dem Erreichen des tiefsten Punkts eine Schwingung aus. Erläutere, warum diese Schwingung nur in Teilbereichen harmonisch ist.

e)

Berechne die maximale Geschwindigkeit des Springers in dem Bewegungsabschnitt, in dem die Schwingung harmonisch ist.

f)

Berechne, wie lange der Springer zwischen dem tiefsten und dem höchsten Punkt der Schwingung unterwegs ist.

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a)Bis sich das Seil zu spannen beginnt, führt der Springer einen freien Fall durch. Vernachlässigt man die Größe der Person, so durchfällt sie eine Höhe von der Länge des Seils. Berechnung der Geschwindigkeit \(v_1\) unmittelbar beim Spannen des Seils mit Hilfe des Energiesatzes (als Höhen-Nullpunkt wird zunächst der Punkt gewählt, der eine Seillänge \(l\) unterhalb der Dammkrone liegt; Ortsachse vertikal nach oben):\[{E_{{\rm{ges}}{\rm{,0}}}} = {E_{{\rm{ges}}{\rm{,1}}}} \Leftrightarrow {E_{{\rm{pot}}{\rm{,0}}}} = {E_{{\rm{kin}}{\rm{,1}}}} \Leftrightarrow m \cdot g \cdot l = \frac{1}{2} \cdot m \cdot {v_1}^2 \Rightarrow {v_1} = \sqrt {2 \cdot g \cdot l} \]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[{v_1} = \sqrt {2 \cdot 9,81\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} \cdot 20{\rm{m}}}  = 19,8\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \approx 72\frac{{{\rm{km}}}}{{\rm{h}}}\]

Abb. 2 Phasen eines Bungeesprunges

b)Der Höhen-Nullpunkt wird nun in den tiefsten Punkt gelegt, den der Springer erreicht. Die Entfernung zu \(h_1\) werde mit \(h^*\) bezeichnet. Man betrachtet nun die Bewegung zwischen \(h_1\) und \(h_{\rm{max}}\) energetisch: \[\begin{eqnarray}{E_{{\rm{ges}}{\rm{,1}}}} &=& {E_{{\rm{ges}}{\rm{,2}}}}\\{E_{{\rm{pot}}{\rm{,1}}}} + {E_{{\rm{kin}}{\rm{,1}}}} &=& {E_{{\rm{spann}}{\rm{,2}}}}\\m \cdot g \cdot {h^*} + \frac{1}{2} \cdot m \cdot {v_1}^2 &=& \frac{1}{2} \cdot D \cdot {\left( {{h^*}} \right)^2}\\\frac{1}{2} \cdot D \cdot {\left( {{h^*}} \right)^2} - m \cdot g \cdot {h^*} - \frac{1}{2} \cdot m \cdot {v_1}^2 &=& 0\\{\left( {{h^*}} \right)^2} - \frac{{2 \cdot m \cdot g}}{D} \cdot {h^*} - \frac{{m \cdot {v_1}^2}}{D} &=& 0\end{eqnarray}\]Hinweis: Im tiefsten Punkt ist die potentielle und die kinetische Energie (Umkehrpunkt) gleich Null.

Es liegt eine quadratische Gleichung für \(h^*\) vor, deren Lösung mit Hilfe der \(p\)-\(q\)-Formel gesucht wird:\[{h^*}_{1,2} = \frac{{m \cdot g}}{D} \pm \sqrt {{{\left( {\frac{{m \cdot g}}{D}} \right)}^2} + \frac{{m \cdot {v_1}^2}}{D}} \]Die negative Lösung scheidet physikalisch aus, so dass sich für \(h^*\) nach Einsetzen der gegebenen Werte ergibt\[{h^*} = \frac{{80{\rm{kg}} \cdot 9,81\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}}{{180\frac{{\rm{N}}}{{\rm{m}}}}} \pm \sqrt {{{\left( {\frac{{80{\rm{kg}} \cdot 9,81\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}}{{180\frac{{\rm{N}}}{{\rm{m}}}}}} \right)}^2} + \frac{{80{\rm{kg}} \cdot {{\left( {19,8\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}} \right)}^2}}}{{180\frac{{\rm{N}}}{{\rm{m}}}}}}  = 18,3{\rm{m}}\]Somit liegt der tiefste Punkt in der Höhe\[{h_{{\rm{max}}}} = l + {h^*} \Rightarrow {h_{{\rm{max}}}} = 20,0{\rm{m}} + 18,3{\rm{m}} = 38,3{\rm{m}}\]Würde der Springer in Ruhe an das Seil gehängt, so ergäbe sich die Dehnung \(\Delta h\):\[D = \frac{{\Delta F}}{{\Delta h}} = \frac{{m \cdot g}}{{\Delta h}} \Leftrightarrow \Delta h = \frac{{m \cdot g}}{D} \Rightarrow \Delta h = \frac{{80{\rm{kg}} \cdot 9,81\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}}{{180\frac{{\rm{N}}}{{\rm{m}}}}} = 4,36{\rm{m}}\]

 

Joachim Herz Stiftung
Abb. 3 Energiediagramm des Bungeesprungs. Hinweis: Für dieses Diagramm verläuft die Ortsachse in der umgekehrten Richtung wie in der Animation

c)Dem tiefsten Punkt, den der Springer erreicht, wurde die potentielle Energie Null zugeordnet. Dies ist in der Entfernung \(h_{\rm{max}}\) unter der Dammkrone.

Im ersten Teil der Bewegung (freier Fall) ist das Seil noch entspannt, somit liegt hier noch keine Spannenergie vor. Die potentielle Energie nimmt linear mit der durchfallenen Höhe ab. Den Fehlbetrag zur Gesamtenergie, welche bei Reibungsfreiheit konstant bleibt, übernimmt die kinetische Energie. Die Gesamtenergie ist gleich der maximalen potentiellen Energie (beim Absprungpunkt auf der Dammkrone).

Nachdem der Springer die Entfernung \(h_1\) unter der Dammkrone erreicht hat, beginnt sich das Seil zu spannen, die Spannenergie nimmt quadratisch mit der Verlängerung des Seils zu. Im tiefsten Punkt (\(y_{\rm{max}}\)) ist (vereinbarungsgemäß) die potentielle Energie Null und auch die kinetische Energie muss im Umkehrpunkt Null sein. Die Gesamtenergie liegt ausschließlich als Spannenergie vor.

Der Verlauf der Lageenergie ist zwischen \(y_{\rm{max}}\) und \(y_1\) wiederum linear.

Den Verlauf der kinetischen Energie erhält man, indem man für jede Höhe die Summe aus Lage- und Spannenergie von der Gesamtenergie subtrahiert.

d)Bei einer harmonischen Schwingung muss ein lineares Kraftgesetz gelten (Proportionalität zwischen Betrag der rücktreibenden Kraft und dem Auslenkungsbetrag). Dies ist beim Bungee-Sprung der Fall, solange das Seil gedehnt wird. Gelangt der Springer (beim hier ungedämpften Sprung) in den Bereich, in dem das Seil entspannt ist, so wirkt nur mehr die konstante, nach unten gerichtete Gewichtskraft. Es liegt also in diesem Bereich kein lineares Kraftgesetz und somit keine harmonische Schwingung vor.

e)Für die Schwingungsdauer der ungedämpften harmonischen Schwingung eines "Seilpendels" gilt\[T = 2 \cdot \pi  \cdot \sqrt {\frac{m}{D}}  \Rightarrow T = 2 \cdot \pi  \cdot \sqrt {\frac{{80{\rm{kg}}}}{{180\frac{{\rm{N}}}{{\rm{m}}}}}}  = 4,19{\rm{s}}\]Der Nullpunkt der harmonischen Schwingung liegt in der Höhe\[{h_0} = l + \Delta h \Rightarrow {h_0} = 20{\rm{m}} + 4,36{\rm{m}} = 24,36{\rm{m}}\]Der tiefste Punkte der Schwingung liegt (vgl. Teilaufgabe b)) bei \[{h_{{\rm{max}}}} =38,3{\rm{m}}\]Somit ist die Amplitude\[\hat y = {h_{{\rm{max}}}} - {h_0} = 38,3{\rm{m}} - 24,36{\rm{m}} = 13,9{\rm{m}}\]Das Zeit-Orts-Gesetz der Schwingung hat etwa die Form\[y(t) = \hat y \cdot \cos \left( {\omega  \cdot t} \right)\]Durch Differentiation gelangt man zum Zeit-Geschwindigkeits-Gesetz\[v(t) = \dot y(t) =  - \omega  \cdot \hat y \cdot \sin \left( {\omega  \cdot t} \right)\]Dabei sieht man, dass für die maximale Geschwindigkeit (Geschwindigkeitsamplitude) gilt\[\hat v = \omega  \cdot \hat y = \frac{{2 \cdot \pi }}{T} \cdot \hat y \Rightarrow \hat v = \frac{{2 \cdot \pi }}{{4,19{\rm{s}}}} \cdot 13,9{\rm{m}} = 20,9\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \approx 75\frac{{{\rm{km}}}}{{\rm{h}}}\]Die Geschwindigkeit nimmt also während der Spannung des Seils noch etwas zu.

f)Die in Teilaufgabe e) beschriebene harmonische Schwingung ist bis \(y =  - 4,36{\rm{m}}\) harmonisch. Oberhalb dieses Punktes ist das Seil nicht mehr gespannt und somit liegt kein lineares Kraftgesetz mehr vor. Berechnung der Zeit \(t_1\), bis dieser Punkt erreicht ist. Dabei ist der Zeitnullpunkt derjenige, in dem der tiefste Punkt erreicht ist\[y({t_1}) = \hat y \cdot \cos \left( {\omega  \cdot {t_1}} \right) \Rightarrow {t_1} = \frac{1}{\omega } \cdot \arccos \left( {\frac{{y({t_1})}}{{\hat y}}} \right) = \frac{T}{{2 \cdot \pi }} \cdot \arccos \left( {\frac{{y({t_1})}}{{\hat y}}} \right)\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[{t_1} = \frac{{4,19{\rm{s}}}}{{2 \cdot \pi }} \cdot \arccos \left( {\frac{{ - 4,36{\rm{m}}}}{{13,9{\rm{m}}}}} \right) = 1,26{\rm{s}}\]Berechnung der Geschwindigkeit zu diesem Zeitpunkt:\[v({t_1}) =  - \hat v \cdot \sin \left( {\omega  \cdot {t_1}} \right) \Rightarrow v(1,26{\rm{s}}) =  - 20,9\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \cdot \sin \left( {\frac{{2 \cdot \pi }}{{4,19{\rm{s}}}} \cdot 1,26{\rm{s}}} \right) =  - 19,8\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\]Ab diesem Zeitpunkt findet ein vertikaler Wurf nach oben mit der Anfangsgeschwindigkeit \(-19,8\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\) statt. Für die Steigzeit bis zum höchsten Punkt gilt\[v({t_{{\rm{Steig}}}}) = v({t_1}) - g \cdot {t_{{\rm{Steig}}}}\]Da im Umkehrpunkt die Geschwindigkeit verschwindet, gilt\[0 = v({t_1}) - g \cdot {t_{{\rm{Steig}}}} \Leftrightarrow {t_{{\rm{Steig}}}} = \frac{{v({t_1})}}{{ - g}} \Rightarrow {t_{{\rm{Steig}}}} = \frac{{ - 19,8\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{ - 9,81\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}} = 2,02{\rm{s}}\]Somit ist der Springer die Zeit \(1,26{\rm{s}} + 2,02{\rm{s}} = 3,28{\rm{s}}\) vom tiefsten bis zum höchsten Punkt der Schwingung unterwegs

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Mechanik

Mechanische Schwingungen