Zur Bestimmung der Formel für den Betrag \({F_{{\rm{ZP}}}}\) der Zentripetalkraft bieten sich zwei Vorgehensweisen an:
Aus der bekannten Beziehung für die Zentripetalbeschleunigung \({a_{{\rm{ZP}}}} = {\omega ^2} \cdot r\) und der Forderung, dass das zweite NEWTONsche Gesetz, welches Sie bei der geradlinigen Bewegung kennengelernt haben, auch bei der Kreisbewegung Gültigkeit hat (ist diese Annahme erlaubt?), ergibt sich \({F_{{\rm{ZP}}}} = m \cdot {\omega ^2} \cdot r\). Man nennt dies die deduktive Form der Erkenntnisgewinnung.
Man prüft die Abhängigkeit der Zentripetalkraft von den vermuteten Einflussgrößen \(m\), \(\omega \) und \(r \) experimentell nach. Man nennt dies die induktive Form der Erkenntnisgewinnung.
Wir wollen hier auf diesen zweiten Weg näher eingehen und in mehreren Schritten erarbeiten.
Beschreibe anhand einer Strichskizze den Aufbau und die Funktionsweise des abgebildeten Versuchs.
Mit Hilfe eines Motors variabler Drehzahl wird die Fahrbahn, auf der sich der Wagen der Masse \(m\) befindet, in Rotation versetzt.
Mit Hilfe der mitrotierenden Federwaage kann die Kraft gemessen werden, die man braucht um den Wagen auf einer Kreisbahn vom Radius \(r\) bei einer bestimmten Winkelgeschwindigkeit \(\omega \) halten zu können. Dabei bestimmt man \(\omega \) mit Hilfe der Umlaufzeit \(T\): \(\omega = \frac{{2 \cdot \pi }}{T}\).
Mit einer Stoppuhr wird die Umlaufdauer \(T\) des Wagens bestimmt. Zur Steigerung der Genauigkeit misst man z.B. die Zeit \(t\) für \(10\) Umdrehungen: \(T = \frac{t}{{10}}\). Überlegen Sie am Ende der Versuchsauswertung, warum man gerade \(T\) besonders genau messen sollte.
Erläutere, welche Versuchsreihen durchgeführt werden müssen, damit man auf induktivem Wege die Formel für die Zentripetalkraft gewinnt.
1. Versuch: Messung von \({F_{{\rm{ZP}}}}\) in Abhängigkeit von \(r\) (\(m\) und \(T\) werden konstant gehalten).
\(r\;{\rm{in}}\;{\rm{cm}}\)
10
20
30
\({F_{{\rm{ZP}}}}\;{\rm{in}}\;{\rm{N}}\)
0,21
0,42
0,63
2. Versuch: Messung von \({F_{{\rm{ZP}}}}\) in Abhängigkeit von \(T\) (\(m\) und \(r\) werden konstant gehalten).
\(T\;{\rm{in}}\;{\rm{s}}\)
2
1,5
1,4
1,1
1,0
\({F_{{\rm{ZP}}}}\;{\rm{in}}\;{\rm{N}}\)
0,26
0,47
0,57
0,94
1,10
3. Versuch: Messung von \({F_{{\rm{ZP}}}}\) in Abhängigkeit von \(m\) (\(T\) und \(r\) werden konstant gehalten).
\(m\;{\rm{in}}\;{\rm{g}}\)
100
200
300
\({F_{{\rm{ZP}}}}\;{\rm{in}}\;{\rm{N}}\)
0,20
0,42
0,63
Versuche, aus den einzelnen Messreihen Gesetzmäßigkeiten abzuleiten.
Fasse die Ergebnisse zusammen und führe die Winkelgeschwindigkeit \(\omega\) ein.
\[{F_{{\rm{ZP}}}} \sim \frac{{m \cdot r}}{{{T^2}}} \Rightarrow {F_{{\rm{ZP}}}} \sim \frac{{m \cdot r \cdot {{\left( {2 \cdot \pi } \right)}^2}}}{{{T^2}}} \Rightarrow {F_{{\rm{ZP}}}} \sim m \cdot r \cdot {\omega ^2}\]
Mit Einführung einer Proportionalitätskonstanten \(C\) folgt
\[C = \frac{{{F_{{\rm{ZP}}}}}}{{m \cdot r \cdot {\omega ^2}}} = \frac{{{F_{{\rm{ZP}}}} \cdot {T^2}}}{{m \cdot r \cdot {{\left( {2 \cdot \pi } \right)}^2}}}\]
Berechne mit Hilfe der folgenden Messreihe, die bei \(m = 0,100{\rm{kg}}\) und \(r = 0,27{\rm{m}}\) aufgenommen wurde, Betrag und Einheit der Konstanten \(C\). Verwende das SI-System.
\(T\;{\rm{in}}\;{\rm{s}}\)
2
1,5
1,4
1,1
1,0
\({F_{{\rm{ZP}}}}\;{\rm{in}}\;{\rm{N}}\)
0,26
0,47
0,57
0,94
1,10
Mit \(C = \frac{{{F_{{\rm{ZP}}}} \cdot {T^2}}}{{m \cdot r \cdot {{\left( {2 \cdot \pi } \right)}^2}}}\) erhält man
Für die Einheit von \(C\) gilt wegen der Definition der Kraft nach dem 2. Axiom von NEWTON \(\frac{{{\rm{kg}} \cdot {\rm{m}}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} = {\rm{N}}\) und damit
\[\left[ C \right] = 1\]
Somit kann man für den Betrag der Zentripetalkraft schreiben
\[{F_{{\rm{ZP}}}} = m \cdot r \cdot {\omega ^2}\]
Dieses Ergebnis, welches wir auf induktivem Wege erhalten haben, hätten wir auch aus dem Betrag der Zentripetalbeschleunigung \({a_{{\rm{ZP}}}} = r \cdot {\omega ^2}\) und der Anwendung des NEWTONschen Kraftgesetzes \(F = m \cdot a\) erhalten können.