Der französische Prinz Louis de BROGLIE (1892 - 1987) stellte in seiner Dissertation "Recherche sur la theorie des quanta" im Jahre 1924 die These auf, dass nicht nur Licht Teilchen- und Wellenaspekte aufweist, sondern auch Elektronen und andere Objekte mit einer von Null verschiedenen Ruhemasse. Diese zunächst sehr spekulative Vermutung konnte 1927 durch DAVISSON und GERMER mit ihren Versuchen zur Elektronenbeugung an Metalloberflächen experimentell bestätigt werden.
Aus der Erklärung des Photoeffektes und den Ergebnissen der speziellen Relativitätstheorie erhielt Albert EINSTEIN für den Impuls von Photonen - Quantenobjekten mit der Ruhemasse \(m_0=0\) - den Zusammenhang\[p_{\rm{Ph}} = \frac{h}{\lambda } \Leftrightarrow \lambda = \frac{h}{p_{\rm{Ph}}}\]
de BROGLIE übertrug nun diesen Zusammenhang 1 zu 1 auf Elektronen, also Teilchen mit einer bekannten Ruhemasse \(m_0 \ne 0\). Er ersetzte den Photonenimpuls \(p_{\rm{Ph}}\) durch den Impuls \(p_{\rm{e}}\) von Elektronen und erhielt so den Ausdruck\[\lambda _{\rm{DB}} = \frac{h}{p_{\rm{e}}}\]für eine noch zu interpretierende Wellenlänge \(\lambda _{\rm{DB}}\), die sogenannte de-BROGLIE-Wellenlänge.
de-BROGLIE-Wellenlänge
Ist \(p_{\rm{e}}\) der Impuls eines Elektrons, so ordnet man nach de BROGLIE den "Materiewellen"1 die folgende de-BROGLIE-Wellenlänge zu:\[\lambda _{\rm{DB}} = \frac{h}{p_{\rm{e}}}\]
Hinweis: Die obigen Beziehungen sind für Elektronen formuliert, sie gelten analog auch für andere Mikroobjekte wie Protonen, Neutronen usw.
1 Der Ausdruck "Materiewelle" ist nicht sehr glücklich gewählt, da man den Eindruck gewinnen könnte, dass hierbei etwas Materielles schwingt oder sich "wellt". Wir verwenden daher meist den Ausdruck "de-BROGLIE-Welle".
Bei der Berechnung einer de-BROGLIE-Wellenlänge müssen wir zuerst unterschieden, ob wir aufgrund der Geschwindigkeit des Elektrons klassisch oder relativistisch rechnen müssen. Üblicherweise rechnet man bis zu einer Geschwindigkeit von \(10\%\) der Lichtgeschwindigkeit, also bis zu \(v=3{,}0\cdot 10^7\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}\) klassisch und bei höheren Geschwindigkeiten relativistisch.
Weiter unterscheidet sich die Berechnung einer de-BROGLIE-Wellenlänge dadurch, ob
- die Geschwindigkeit \(v\) des Elektrons,
- die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}\) des Elektrons oder aber
- die Beschleunigungsspannung \(U_{\rm{B}}\), die das Elektron durchlaufen hat
gegeben ist.
Berechnung der de-BROGLIE-Wellenlänge (klassisch)
Ist \(v\) die Geschwindigkeit eines Elektrons, dann berechnet sich seine de-BROGLIE-Wellenlänge durch\[\lambda_{\rm{DB}}=\frac{h}{m_{\rm{e}} \cdot v} \quad (k1)\]Ist \(E_{\rm{kin}}\) die kinetische Energie eines Elektrons, dann berechnet sich seine de-BROGLIE-Wellenlänge durch\[\lambda _{\rm{DB}}= \frac{h}{\sqrt {2 \cdot m_{\rm{e}} \cdot E_{\rm{kin}} }} \quad (k2)\]Ist \(U_{\rm{B}}\) die Beschleunigungsspannung, die ein Elektron durchlaufen hat, dann berechnet sich seine de-BROGLIE-Wellenlänge durch\[\lambda _{\rm{DB}}= \frac{h}{\sqrt {2 \cdot m_{\rm{e}} \cdot e \cdot U_{\rm{B}} }} \quad (k3)\]Dabei ist \(m_{\rm{e}}=9{,}109 \cdot 10^{-31}\,\rm{kg}\) die Masse und \(e=1{,}602 \cdot 10^{-19}\,\rm{A\,s}\) die Ladung des Elektrons und \(h=6{,}626 \cdot 10^{-34}\,\rm{J\,s}\) das PLANCKsche Wirkungsquantum.
- zu \((k1)\): Da der klassische Impuls durch \(p=m \cdot v\) definiert ist, gilt für den Impuls hier \(p_{\rm{e}}=m_{\rm{e}} \cdot v\).
- zu \((k2)\): Zunächst drückt man den klassischen Impuls \(p=m \cdot v\) (mit Hilfe eines kleinen Rechentricks) durch die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}\) aus:\[{E_{{\rm{kin}}}} = \frac{1}{2} \cdot m \cdot {v^2} = \frac{1}{2} \cdot m \cdot {v^2} \cdot \frac{m}{m} = \frac{{{m^2} \cdot {v^2}}}{{2 \cdot m}} = \frac{{{p^2}}}{{2 \cdot m}} \Rightarrow p = \sqrt {2 \cdot m \cdot E_{\rm{kin}}} \]Damit gilt für den Impuls hier \(p_{\rm{e}} = \sqrt {2 \cdot m_{\rm{e}} \cdot E_{\rm{kin}}}\).
- zu \((k3)\): Durchläuft das Elektron die Beschleunigungsspannung \(U_{\rm{B}}\), so besitzt es aufgrund der Energieerhaltung nach dem Durchlaufen der Spannung die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}=e \cdot U_{\rm{B}}\). Dies setzt man in \((k2)\) ein.
Berechnung der de-BROGLIE-Wellenlänge (relativistisch)
Ist \(v\) die Geschwindigkeit eines Elektrons, dann berechnet sich seine de-BROGLIE-Wellenlänge durch\[{\lambda _{{\rm{DB}}}} = \frac{h}{{{m_{0,\rm{e}}} \cdot v}} \cdot \sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}} = \frac{h}{{{m_{0,\rm{e}}}}} \cdot \sqrt {\frac{1}{{{v^2}}} - \frac{1}{{{c^2}}}} \quad (r1)\]Ist \(E_{\rm{kin}}\) die kinetische Energie eines Elektrons, dann berechnet sich seine de-BROGLIE-Wellenlänge durch\[\lambda _{\rm{DB}}= \frac{h \cdot c}{\sqrt {2 \cdot E_{0,\rm{e}} \cdot E_{\rm{kin}}+{E_{\rm{kin}}}^2 }}\quad (r2)\]Ist \(U_{\rm{B}}\) die Beschleunigungsspannung, die ein Elektron durchlaufen hat, dann berechnet sich seine de-BROGLIE-Wellenlänge durch\[\lambda _{\rm{DB}}= \frac{h \cdot c}{\sqrt {2 \cdot E_{0,\rm{e}} \cdot e \cdot U_{\rm{B}}+\left( e \cdot U_{\rm{B}}\right) ^2 }}\quad (r3)\]Dabei ist \(m_{0,\rm{e}}=9{,}109 \cdot 10^{-31}\,\rm{kg}\) die Ruhemasse, \(E_{0,\rm{e}}=0{,}511\,\rm{MeV}\) die Ruheenergie und \(e=1{,}602 \cdot 10^{-19}\,\rm{A\,s}\) die Ladung des Elektrons, \(h=6{,}626 \cdot 10^{-34}\,\rm{J\,s}\) das PLANCKsche Wirkungsquantum und \(c=2{,}998 \cdot 10^8\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}\) die Lichtgeschwindigkeit.
- zu \((r1)\): Eine Aussage der speziellen Relativitätstheorie ist, dass die Masse \(m\) jedes Körpers von seiner Geschwindigkeit abhängt. Für die sogenannte relativistische Masse gilt \(m=\frac{m_0}{\sqrt{1 - \left(\frac{v}{c}\right)^2}}\), wobei \(m_0\) die Ruhemasse des Körpers ist. Damit gilt für den Impuls hier\[{p_{\rm{e}}} = {m_{\rm{e}}} \cdot v = \frac{{{m_{0,{\rm{e}}}}}}{{\sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}} }} \cdot v\]Setzt man dies in die Formel für die de-BROGLIE-Wellenlänge ein und formt etwas um, so erhält man\[{\lambda _{{\rm{DB}}}} = \frac{h}{{\frac{{{m_{0,{\rm{e}}}}}}{{\sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}} }} \cdot v}} = \frac{h}{{{m_{0,{\rm{e}}}}}} \cdot \frac{1}{v} \cdot \sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}} = \frac{h}{{{m_{0,{\rm{e}}}}}} \cdot \sqrt {\frac{1}{{{v^2}}} - \frac{1}{{{c^2}}}} \quad (r1)\]
- zu \((r2)\): Eine weitere Aussage der speziellen Relativitätstheorie ist die sogenannte relativistische Energie-Impuls-Beziehung\[{E}^2 = {E_0}^2 + \left(c\cdot p \right)^2 \Rightarrow p = \frac{\sqrt{{E}^2-{E_0}^2}}{c}\]wobei \(E\) die Gesamtenergie und \(E_0\) die Ruheenergie des Körpers ist. Mit \(E=E_0+E_{\rm{kin}}\) folgt\[p = \frac{{\sqrt {{{\left( {{E_0} + {E_{{\rm{kin}}}}} \right)}^2} - {E_0}^2} }}{c} = \frac{{\sqrt {{E_0}^2 + 2 \cdot {E_0} \cdot {E_{{\rm{kin}}}} + {E_{{\rm{kin}}}}^2 - {E_0}^2} }}{c} = \frac{{\sqrt {2 \cdot {E_0} \cdot {E_{{\rm{kin}}}} + {E_{{\rm{kin}}}}^2} }}{c}\]Setzt man dies in die Formel für die de-BROGLIE-Wellenlänge ein und formt etwas um, so erhält man\[{\lambda _{{\rm{DB}}}} = \frac{h}{{\frac{{\sqrt {2 \cdot {E_{0,{\rm{e}}}} \cdot {E_{{\rm{kin}}}} + {E_{{\rm{kin}}}}^2} }}{c}}} = \frac{{h \cdot c}}{{\sqrt {2 \cdot {E_{0,{\rm{e}}}} \cdot {E_{{\rm{kin}}}} + {E_{{\rm{kin}}}}^2} }} \quad (r2)\]
- zu \((r3)\): Durchläuft das Elektron die Beschleunigungsspannung \(U_{\rm{B}}\), so besitzt es aufgrund der Energieerhaltung nach dem Durchlaufen der Spannung die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}=e \cdot U_{\rm{B}}\). Setzt man dies in \((r2)\) ein erhält man \((r3)\).
In der folgenden Tabelle sind die de-BROGLIE-Wellenlängen für Elektronen bei verschiedenen Beschleunigungsspannungen aufgelistet. Bei den Werten, welche mit einem Stern \(^*\) versehen sind, wurde relativistisch gerechnet.
Elektronen | ||
---|---|---|
\(U_{\rm{B}}\;{\rm{in}}\;{\rm{V}}\) | \(\frac{v}{c}\) | \(\lambda _{\rm{DB}}\;{\rm{in}}\;{10^{-11}}\,{\rm{m}}\) |
\(0{,}1\) | \(6{,}3 \cdot 10^{-4}\) | \(390\) |
\(1\) | \(2{,}0\cdot 10^{-3}\) | \(120\) |
\(10\) | \(6{,}3\cdot 10^{-3}\) | \(39\) |
\(100\) | \(2{,}0\cdot 10^{-2}\) | \(12\) |
\(1000\) | \(6{,}3\cdot 10^{-2}\) | \(3{,}9\) |
\(10000\) | \(0{,}19\,^*\) | \(1{,}2\,^*\) |
\(100000\) | \(0{,}55\,^*\) | \(0{,}37\,^*\) |