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Versuche

Emissionsspektrum von atomarem Wasserstoff mit der BALMER-Röhre

Das Ziel des Versuchs

  • Quantitative Untersuchung des Emissionspektrums von atomarem Wasserstoff mit der BALMER-Röhre
http://www.angstrom.uu.se/bilder/anders.jpg, Public domain, via Wikimedia Commons
Abb. 1 Anders Jonas ÅNGSTRÖM (1814-1874)

In der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte man die Atomspektren relativ genau untersucht. Großes Interesse galt dem sehr einfach aufgebauten atomaren Wasserstoff (\(\rm{H}\)). Hier machte sich insbesondere der schwedische Physiker Anders Jonas ÅNGSTRÖM (1814-1874) einen Namen. Er konnte bis 1866 die Wellenlängen der ersten vier sichtbaren Wasserstofflinien auf Bruchteile eines Prozents genau bestimmen.

Johann Jakob Balmer, Public domain, via Wikimedia Commons
Abb. 2 Johann Jakob BALMER (1825-1898)

Der schweizer Mathematiker Johann Jakob BALMER (1825-1898) fand 1884 ein Bildungsgesetz für die Werte dieser vier Wellenlängen, ohne allerdings eine physikalische Begründung für diese Gesetzmäßigkeit geben zu können.

sv:Per Bagge (1866-1936), Public domain, via Wikimedia Commons
Abb. 3 Johannes Robert RYDBERG (1854-1919)

Dem schwedischen Physiker Johannes Robert RYDBERG (1854-1919) gelang es schließlich 1888, eine einfachere Form für das Bildungsgesetz für die Werte dieser vier Wellenlängen zu finden. Seine Formel ist noch heute in fast allen Formelsammlungen zu finden. Aber auch RYDBERG konnte keine physikalische Begründug für seine Formel geben.

In diesem Artikel zeigen wir, wie man die Wellenlängen der ersten drei Wasserstofflinien im Schulunterricht mit der sogenannten BALMER-Röhre bestimmen kann. Außerdem führen wir in moderner Form vor, dass eine Gesetzmäßigkeit zwischen den Wellenlängen, genauer den zugehörigen Photonenenergieen besteht.

Aufbau und Durchführung

Die BALMER-Röhre ist eine wechselstrombetriebene Gasentladungsröhre mit Wasserdampffüllung. Die abgeschmolzene Röhre wird durch einen an hygroskopischer Grundlage gebundenen Wasservorrat mit Wasserdampf versorgt. Die Wassermoleküle werden durch die elektrische Entladung in atomaren Wasserstoff und Hydroxyl-Radikale aufgespalten. Eine hochtemperaturbeständige Kapillare im Innern der Lampe zwingt die Entladung auf einen engen Raum, so dass dort eine hohe Konzentration an atomarem Wasserstoff entsteht, der für die intensiven Spektrallinien verantwortlich ist; störende Banden, verursacht durch molekularen Wasserstoff, treten nicht auf.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 4 Versuchsaufbau

Die Zerlegung des Lichts der BALMER-Röhre in Spektralfarben könnte durch ein Prisma geschehen. In dem in Abb. 4 dargestellten Versuchsaufbau betrachtet man das Licht der Röhre durch ein Gitter mit der Gitterkonstanten \(g=\frac{1}{570}\,\rm{mm}\), dass sich in einem Abstand von \(e=50{,}0\,\rm{cm}\) von der Röhre befindet (subjektive Beobachtungsmethode).

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Abb. 5 Skizze zur subjektiven Beobachtungsmethode

Beim Blick durch das Gitter sieht man links und rechts von der rosa leuchtenden Röhre drei farbige Linien, welche virtuelle Bilder der Spektralröhre darstellen. Diese Linien stellen das Spektrum des atomaren Wasserstoffs dar.

Misst man nun die Abstände \(a_{\rm{rot}}\), \(a_{\rm{türkis}}\) und \(a_{\rm{blau}}\) der virtuellen Bilder von der Spektralröhre, so lassen sich mit der bekannten Formel für die Wellenlängenbestimmung mit einem Gitter\[\lambda  = \frac{g \cdot {a}}{\sqrt{e^2+{a}^2}}\]die Wellenlängen der Spektrallinien berechnen.

Beobachtung
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Abb. 6 Subjektive Beobachtung durch das Gitter

Wie oben bereits gesagt sieht man beim Blick durch das Gitter links und rechts von der rosa leuchtenden Röhre jeweils drei farbige Linien, welche virtuelle Bilder der Spektralröhre darstellen. Diese Linien zeigen drei der vier sichtbaren Linien des Spektrums von atomarem Wasserstoff.

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Abb. 7 Beobachtung mit eingeblendetem Lineal

Abb. 7 zeigt links beim Nullpunkt des Lineals die rosa leuchtende Röhre und rechts die virtuellen Bilder der drei sichtbaren Spektrallinien.

Auswertung (Teil 1)
Aufgabe

Entnimm der Abb. 7 die Abstände \(a_{\rm{rot}}\), \(a_{\rm{türkis}}\) und \(a_{\rm{blau}}\).

Berechne die zugehörigen Wellenlängen.

Lösung

Der Abb. 7 entnimmt man \(a_{\rm{rot}}=20{,}2\,\rm{cm}=0{,}202\,\rm{m}\), \(a_{\rm{türkis}}=14{,}4\,\rm{cm}=0{,}144\,\rm{m}\) und \(a_{\rm{blau}}=12{,}7\,\rm{cm}=0{,}127\,\rm{m}\).

Mit \(e=50{,}0\,\rm{cm} = 0{,}500\,\rm{m}\), \(g=\frac{1}{570}\,\rm{mm} = \frac{1}{570} \cdot 10^{-3}\,\rm{m}\) und den obigen Werten für \(a\) ergibt sich mit der Formel zur Wellenlängenbestimmung mit dem Gitter\[{\lambda _{{\rm{rot}}}} = \frac{\frac{1}{570} \cdot 10^{-3}\, {\rm{m}} \cdot 0{,}202\, {\rm{m}}}{{\sqrt {{\left( 0{,}500\,\rm{m} \right)}^2 + {\left( 0{,}202\,\rm{m} \right)^2}} }} = 6{,}57 \cdot 10^{-7}\,\rm{m} = 657\,\rm{nm}\]\[{\lambda _{{\rm{türkis}}}} = \frac{\frac{1}{570} \cdot 10^{-3}\, {\rm{m}} \cdot 0{,}144\, {\rm{m}}}{{\sqrt {{\left( 0{,}500\,\rm{m} \right)}^2 + {\left( 0{,}144\,\rm{m} \right)^2}} }} = 4{,}86 \cdot 10^{-7}\,\rm{m} = 486\,\rm{nm}\]\[{\lambda _{{\rm{blau}}}} = \frac{\frac{1}{570} \cdot 10^{-3}\, {\rm{m}} \cdot 0{,}127\, {\rm{m}}}{{\sqrt {{\left( 0{,}500\,\rm{m} \right)}^2 + {\left( 0{,}127\,\rm{m} \right)^2}} }} = 4{,}32 \cdot 10^{-7}\,\rm{m} = 432\,\rm{nm}\]

Abb. 8 Sichtbares Spektrum von atomarem Wasserstoff

ÅNGSTRÖM hatte bis 1866 nicht nur drei, sondern vier Linien beobachten können (Abb. 8) und die zugehörigen Wellenlängen, die er mit \(\mathrm{H}_\alpha\), \(\mathrm{H}_\beta\), \(\mathrm{H}_\gamma\) und \(\mathrm{H}_\delta\) bezeichnete, mit noch größerer Genauigkeit bestimmt (Tab. 1).

Tab. 1a Sichtbare Spektrallinien von atomarem Wasserstoff
Name \(\mathrm{H}_\alpha\) \(\mathrm{H}_\beta\) \(\mathrm{H}_\gamma\) \(\mathrm{H}_\delta\)
Farbe rot türkis blau violett
\(\lambda\) in \(\rm 10^{-10}\,m\) \(6562{,}1\) \(4860{,}7\) \(4340{,}1\) \(4101{,}2\)
Auswertung (Teil 2)
Aufgabe

Berechne z.B. mit Hilfe einer Tabellenkalkulation zu den Wellenlängen in Tab. 1a die zugehörigen Photonenenergien.

Tab. 1b Sichtbare Spektrallinien von atomarem Wasserstoff
Name \(\mathrm{H}_\alpha\) \(\mathrm{H}_\beta\) \(\mathrm{H}_\gamma\) \(\mathrm{H}_\delta\)
Farbe rot türkis blau violett
\(\lambda\) in \(\rm 10^{-10}\,m\) \(6562{,}1\) \(4860{,}7\) \(4340{,}1\) \(4101{,}2\)
\(E_{\rm{Ph}}\)  in \(\rm{eV}\)        

Lösung

Mit \[E_{\rm{Ph}}=h \cdot f = h \cdot \frac{c}{\lambda}\] ergibt sich z.B.\[E_{\rm{Ph,rot}} = h \cdot \frac{c}{\lambda _{\rm{rot}}} = 6{,}62607 \cdot 10^{-34}\,\rm{J\,s} \cdot \frac{{2{,}99792 \cdot 10^8\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}}}{{6562{,}1 \cdot 10^{-10}\,\rm{m}}} = 3{,}0271 \cdot 10^{-19}\,\rm{J} = 1{,}8894\,\rm{eV}\]Analog ergibt sich die folgende Tabelle.

Tab. 1c Sichtbare Spektrallinien von atomarem Wasserstoff mit zugehörigen Photonenenergien
Name \(\mathrm{H}_\alpha\) \(\mathrm{H}_\beta\) \(\mathrm{H}_\gamma\) \(\mathrm{H}_\delta\)
Farbe rot türkis blau violett
\(\lambda\) in \(\rm 10^{-10}\,m\) \(6562{,}1\) \(4860{,}7\) \(4340{,}1\) \(4101{,}2\)
\(E_{\rm{Ph}}\)  in \(\rm{eV}\) \(1{,}8894\) \(2{,}5508\) \(2{,}8567\) \(3{,}0231\)

Bestätige rechnerisch, dass sich die Photonenenergien aus Tab. 1c relativ genau durch das Bildungsgesetz\[{E_{{\rm{Ph}}}} = 13{,}6057\,{\rm{eV}} \cdot \left( {\frac{1}{{{2^2}}} - \frac{1}{{{n^2}}}} \right)\;;\;n \in \left\{ {3\;;\;4\;;\;5\;;\;6} \right\}\]ergeben, wobei für den Wert \(13{,}6057\,{\rm{eV}}\) gilt\[\frac{e^4 \cdot m_{\rm{e}}}{8 \cdot {\varepsilon_0}^2 \cdot h^2}=13{,}6057\,{\rm{eV}}\]

Lösung

Für \(n=3\) ergibt sich\[{E_{{\rm{Ph,3}}}} = 13{,}6057\,{\rm{eV}} \cdot \left( {\frac{1}{{{2^2}}} - \frac{1}{{{3^2}}}} \right) = 1{,}8897\,{\rm{eV}}\]Für \(n=4\) ergibt sich\[{E_{{\rm{Ph,4}}}} = 13{,}6057\,{\rm{eV}} \cdot \left( {\frac{1}{{{2^2}}} - \frac{1}{{{4^2}}}} \right) = 2{,}5511\,{\rm{eV}}\]Für \(n=5\) ergibt sich\[{E_{{\rm{Ph,5}}}} = 13{,}6057\,{\rm{eV}} \cdot \left( {\frac{1}{{{2^2}}} - \frac{1}{{{5^2}}}} \right) = 2{,}8572\,{\rm{eV}}\]Für \(n=6\) ergibt sich\[{E_{{\rm{Ph,6}}}} = 13{,}6057\,{\rm{eV}} \cdot \left( {\frac{1}{{{2^2}}} - \frac{1}{{{6^2}}}} \right) = 3{,}0235\,{\rm{eV}}\]Der Wert \(13{,}6057\,{\rm{eV}}\) berechnet sich durch\[\begin{eqnarray}\frac{{{e^4} \cdot {m_{\rm{e}}}}}{{8 \cdot {\varepsilon _0}^2 \cdot {h^2}}} &=& \frac{{{{\left( {1{,}602\,176\,634 \cdot {{10}^{ - 19}}\,{\rm{A\,s}}} \right)}^4} \cdot 9{,}109\,383\,701\,5 \cdot {{10}^{ - 31}}\,{\rm{kg}}}}{{8 \cdot {{\left( {8{,}854\,187\,812\,8 \cdot {{10}^{ - 12}}\,\frac{{{\rm{A\,s}}}}{{{\rm{V\,m}}}}} \right)}^2} \cdot {{\left( {6{,}626\,070\,15 \cdot {{10}^{ - 34}}\,{\rm{J\,s}}} \right)}^2}}}\\ &=& 2{,}179\,872\,36 \cdot {10^{ - 18}}\,{\rm{J}}\\ &=& 13{,}605\,693\,1\,{\rm{eV}}\end{eqnarray}\]

Ergebnis

Die Wellenlängen der vier sichtbaren Linien des Spektrums von atomarem Wasserstoff (\(\rm{H}\)) lassen sich durch ein Bildungsgesetz berechnen. Dies lässt darauf schließen, dass die Wellenlängen nicht zufällig sind, sondern durch physikalische Gesetzmäßigkeiten bestimmt werden.