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Geschichte

Experimente mit dem Flügelschlagapparat

Otto Lilienthal - Pionier der Luftfahrt

Fliegen gehört zu den ältesten Träumen der Menschheit. Der Flug von Insekten und Vögeln war schon immer eine Inspiration für den Menschen zur Entwicklung von Flugap¬paraten. Die einfachste Form der Nachahmung des Vogelfluges ist aus der griechischen Mythologie bekannt, nämlich die Befestigung von Federn am menschlichen Körper und die Armbewegungen als Antriebsorgan. Dädalus und Ikarus wollten sich durch Fliegen aus dem Labyrinth des Minotaurus auf Kreta befreien. Die Flucht scheiterte jedoch an der Unzulänglichkeit der Konstruktion.
Untersuchungen und Berechnungen ergaben im vorigen Jahrhundert, dass der Mensch aufgrund seiner Muskulatur und anderer physiologischer Gegebenheiten kaum in der Lage ist, einen Flügelschlag so kräftig auszuführen, dass damit die nötige Auftriebskraft erzeugt werden kann.

Experimente mit dem Flügelschlagapparat

Lilienthal ging methodisch vor. Ihm war bewusst, dass das durch Komplexität geprägte Flugproblem nicht sofort zu lösen war und er es aus diesem Grund in Teilprobleme zerlegte. Die gewonnenen Teillösungen konnte er dann erfolgreich zusammenführen. Er verstand es, verschiedene Fachgebiete zueinander in Beziehung zu setzen und ihnen durch Entdeckungen und Erfindungen neue Erkenntnisse hinzu zu fügen.

Es ging ihm auch nicht darum, sofort eine große Strecke zu fliegen, sondern methodisch klug „vom Schritt zum Sprung, vom Sprung zum Flug“ überzugehen. Dadurch war es ihm möglich, mit jedem Start neue Anforderungen an die Konstruktion der Gleitflugapparate kennenzulernen.

Zur Erkenntnisgewinnung wendete er verschiedene Methoden an, die ihn folgerichtig zur Lösung des Flugproblems führten. Bewusste Analogiebildung zum Vogelflug, systema­tisches Forschen, Variieren von Parametern, Bewerten von Lösungen, Experimentieren und Modellieren waren seine typischen methodischen Vorgehensweisen.

Das Experiment war bei Lilienthal wichtiges Mittel zur Erkenntnisgewinnung, um genaue Daten und exakte Kenntnisse über die Luft und die in ihr wirkenden Gesetze zu erlangen. Er erarbeitete eine Vielzahl von Fragen und Hypothesen zum Flugproblem. Als Maschi­nenbauingenieur war er in der Lage, durch sinnvolle Konstruktionen Messapparate zu ent­wickeln und die aufgeworfenen Fragen zu beantworten. In vielen Versuchsreihen führte er systematische Auftriebs- und Widerstandsmessungen an verschiedenen Profilen durch. Mit dem von ihm entwickelten Rundlaufgerät untersuchte er den Einfluss des Anstellwin­kels der Profile in Abhängigkeit von der Auftriebskraft.

Der Bau von Flugmodellen, die Konstruktion und Erprobung von Experimentiergeräten, das Zusammentragen von Werten und die Auswertung von Messprotokollen wurden wich­tigste Teile seiner Freizeitbeschäftigung.

Lilienthal gelangte zur Überzeugung, dass vom Probieren mit „manntragenden Fluggerä­ten“ zum Messen im Labor Fortschritte erzielt werden konnten. Wer weiß heute, wie viele Schwierigkeiten es auf diesem Weg bis zum funktionsfähigen Flugapparat gab, wie viele Experimente fehlschlugen?

Lilienthal ließ sich nicht entmutigen. Er handelte wie Edison, der einmal sagte: „Im Unter­schied zu anderen Erfindern höre ich nicht auf, bevor ich erreicht habe, was ich will!“ Mit Ausdauer und Willenskraft verfolgte Lilienthal beharrlich sein Ziel.

Hauptsächlich aus Holz und Leinwand fertigte Lilienthal mit viel Geschick und in mühe­voller Kleinarbeit seine Flugapparate. Körperliche Gewandtheit, Wagemut und Kühnheit waren nötig, um die anfangs noch mit allerlei Mängeln behafteten Flugapparate auszu­probieren und Flüge zu absolvieren. Im Laufe von sechs Jahren riskierte er mehr als 200 Flüge. Stürze, die beim Fliegen vorkamen, waren dank seiner Geschicklichkeit und Ge­wandtheit glimpflich abgelaufen, bis er am 9. August 1896 bei einem Flugversuch tödlich verunglückte.

Nun wird heutzutage der Einsatz zwar nicht bis zum Lebensrisiko gesteigert, aber ohne persönlichen Einsatz, ohne Ausdauer und Zielstrebigkeit sind Erfindungen heute nicht mehr durchzusetzen.

Bionischer Denk- und Handlungsprozess am Beispiel der Erfindung des Gleitflugapparates Quelle: www.stift-thueringen.de