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Grundwissen

Kohlekraftwerk

Hinweis: Viele Bilder und Informationen sind der Publikation "Energiewelten" von HEA entnommen.

 

In Deutschland haben die Kraftwerke mit fossiler Feuerung (Steinkohle, Braunkohle, Öl) einen sehr hohen Anteil an der Erzeugung elektrischer Energie. Im Folgenden ist der Aufbau eines Kohlekraftwerks schematisch dargestellt.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 schematische Darstellung eines Kohlekraftwerks

Rauchgasentschwefelung

Bei der Verbrennung von Kohle entsteht u.a. das Gas Schwefeldioxid, welches eine wesentliche Ursache für das Waldsterben darstellt. Die deutschen Stromversorger haben bisher mehr als 25 Milliarden Euro für Umweltschutzmaßnahmen in ihre Anlagen investiert. Ein Großteil dieser Summe wurde für die Installation von Rauchgasentschwefelungsanlagen eingesetzt. Die Schwefeldioxidemissionen sanken dadurch von 1,55 Millionen Tonnen im Jahr 1982 auf weniger als 120 000 Tonnen pro Jahr.

Es gibt verschiedene Verfahren dem Rauchgas das schädliche Schwefeldioxid zu entziehen. Am häufigsten wird das sogenannte Nassverfahren verwendet. Dabei wird das ungereinigte Rauchgas in einem Waschturm, auch Absorberturm genannt, mit einem Gemisch aus Wasser und Kalkstein, einer so genannten Waschsuspension, besprüht, wodurch das Schwefeldioxid durch chemische Reaktionen weitgehend absorbiert wird. Im Kraftwerk Zolling gelingt auf diese Weise ein Entschwefelungsgrad von ca. 90%.

Extrawissen

indeedous/Wikimedia Commons, Attribution, via Wikimedia Commons
Abb. 2 Gipsdepot im Kraftwerk Schwarze Pumpe. Der Gips aus der Rauchgasentschwefelung wird in der Baustoffindustrie verwendet

Dabei geht das gasförmige Schwefeldioxid zunächst in der Waschflüssigkeit in Lösung. Anschließend entsteht durch die Reaktion von Schwefeldioxid und Kalkstein Kalziumsulfit und Kohlendioxid. \[{\rm{S}}{{\rm{O}}_{\rm{2}}}\;{\rm{ + }}\;{\rm{CaC}}{{\rm{O}}_{\rm{3}}}\; \to \;{\rm{CaS}}{{\rm{O}}_{\rm{3}}}\;{\rm{ + }}\;{\rm{C}}{{\rm{O}}_{\rm{2}}}\] Im unteren Teil des Waschturms, im Absorbersumpf, sammelt sich die mit Kalziumsulfit beladene Waschsuspension. Durch Einblasen von Luft (Aufoxidation) wird die Flüssigkeit mit Sauerstoff angereichert und es entsteht eine Gipssuspension. \[{\rm{2CaS}}{{\rm{O}}_{\rm{3}}}\;{\rm{ + }}\;{\rm{4}}{{\rm{H}}_{\rm{2}}}{\rm{O}}\;{\rm{ + }}\;{{\rm{O}}_{\rm{2}}} \to {\rm{2}}\left( {{\rm{CaS}}{{\rm{O}}_{\rm{4}}} \cdot {\rm{2}}{{\rm{H}}_{\rm{2}}}{\rm{O}}} \right)\]Nach Entzug des Wassers fällt Gips mit bis zu 10 % Restfeuchte in rieselfähiger Form an und steht als wertvolles Produkt zur Abgabe an die Baustoffindustrie zur Verfügung.

Rauchgasentstaubung

Bei einem Kohlekraftwerk darf der Staubgehalt bis zu 20 mg/m3 betragen. Das bedeutet, dass Abscheidungsgrade von über 99% erreicht werden müssen. Bereits 1984 lag das Emissionsniveau bei nur noch ca. 66000 t Staub. Die Staubemissionsfracht verringerte sich im Jahre 1997 auf rund 7400 t. Der Anteil der Kraftwerksbetreiber an der gesamten Staubemission beträgt heute lediglich 2 %.

Im Wesentlichen gibt es drei technische Verfahren zur Rauchgasentstaubung von denen hier der elektrische Entstauber näher behandelt wird. Mit dieser Technik sind Staubabscheidungsgrade von über 99,8 % erreichbar, andererseits werden auch kleinste Partikel abgeschieden, bis zu einer Korngröße von weniger als 1 tausendstel Millimeter.

Der Entstauber, auch Elektrofilter genannt, besteht aus einem System von zahlreichen Metallplatten, den Niederschlagselektroden. Dazwischen befinden sich profilierte Metallschienen in Form von Gittern, die Sprühelektroden. An den Sprühelektroden liegt der negative Pol einer hohen Gleichspannung von bis zu 80 kV. Die Niederschlagselektroden sind geerdet und bilden den positiven Pol. Das starke elektrische Feld zwischen Gittern und Platten bewirkt eine Sprühentladung, durch die die Staubpartikel elektrisch negativ geladen werden. Dadurch wandern sie zu den positiv geladenen Niederschlagselektroden.

Ein ständig arbeitendes Klopfwerk bringt die Niederschlagselektroden zum Vibrieren, wodurch sich der Staubbelag löst und in den Ascheabzug fällt. Die Abmessungen der Elektroentstauber sind beträchtlich und mit mittleren Wohnhäusern vergleichbar. Der Energiebedarf dagegen ist relativ gering.

Entstickung

Stickstoff ist als natürlicher Bestandteil in der Luft und in der Kohle enthalten. Erst bei der Verbrennung - insbesondere bei hohen Temperaturen - verbindet er sich mit dem Luftsauerstoff zu Stickoxiden (NOx). Die Stickoxide greifen unsere Atmungsorgane an und zählen ebenso wie das Schwefeldioxid zu den Verursachern des Waldsterbens. Auch auf unsere Ozonschicht haben Stickoxide einen negativen Einfluss.

Rauchgasentstickungsanlagen werden auch als DENOX-Anlagen bezeichnet. DENOX heißt so viel wie "von Stickoxiden befreien". Mit einem Aufwand von etlichen Milliarden Euro wurden in Deutschland alle betreffenden Kraftwerke der Stromversorger mit Rauchgasentstickungsanlagen ausgerüstet.Im Vergleich zum Basisjahr 1982, als rund 740 000 Tonnen Stickoxide aus Kraftwerken abgegeben wurden, ist die Gesamtemission bis heute auf weniger als 150000 Tonnen pro Jahr reduziert worden. Das ist ein Minderungseffekt von mehr als 80 %. Der Rückgang der Stickoxidemissionen wurde durch eine Reihe technischer Veränderungen und Nachrüstungen ermöglicht. Allerdings macht die Zunahme des Straßenverkehrs (bei der Verbrennung von Benzin entstehen ebenfalls Stickoxide) die Einsparungen im Kraftwerksbereich mehr als zunichte.Durch eine sogenannte Wirbelschichtbefeuerung (primäre Maßnahme) kann die Verbrennungstemperatur im Wirbelbett herabgesetzt werden. Hierdurch wird die Entstehung von Stickoxiden vermindert. Zur Reduktion der noch vorhandenen Stickoxide wird dem Rauchgas Amoniak (NH3) vor Eintritt in die DENOX-Anlage zugemischt. Dort werden dann die Rauchgase gleichmäßig über den Querschnitt verteilt und durch mehrere Katalysatorlagen geführt.

Dabei spielen sich die folgenden chemischen Reaktionen ab (nur für besonders Interessierte): \[4 \cdot {\rm{NO}} + 4 \cdot {\rm{N}}{{\rm{H}}_{\rm{3}}} + {{\rm{O}}_2} \to 4 \cdot {{\rm{N}}_{\rm{2}}} + 6 \cdot {{\rm{H}}_{\rm{2}}}{\rm{O}}\] \[2 \cdot {\rm{N}}{{\rm{O}}_2} + 4 \cdot {\rm{N}}{{\rm{H}}_{\rm{3}}} + {{\rm{O}}_2} \to 3 \cdot {{\rm{N}}_{\rm{2}}} + 6 \cdot {{\rm{H}}_{\rm{2}}}{\rm{O}}\]

Turbine

Abb. 3 Turbinenrad einer Dampfturbine

Der im Kessel entstandene heiße Dampf strömt in die Richtung des geringeren Drucks, wobei sich die Strömungsgeschwindigkeit durch Düsen erhöhen lässt. Trifft der Dampfstrahl auf die Blätter des Turbinenlaufrades, erfolgt eine Energieumwandlung. Die gespeicherte innere Energie wird in Bewegungsenergie in Form der Rotation des Rades umgewandelt.

Die Laufräder moderner Dampfturbinen bestehen im Wesentlichen aus vielen propellerartigen Schaufelblättern, zwischen denen starre Leiträder (grün) dafür sorgen, dass der heiße Dampf im jeweils günstigsten Anströmwinkel auf die Laufschaufeln des Läufers (rot) geleitet werden. Beim Durchströmen der Turbine entspannt sich der Dampf, sein Druck und seine Temperatur nehmen ab, sein Volumen vergrößert sich. Die Schaufeln der Leit- und Laufräder werden deshalb zum Ausgang der Turbine hin immer größer. So kann der Dampf trotz der sich verringernden Energie eine größtmögliche Kraft auf die Schaufelräder ausüben.

Bei der Ausführung von Dampfturbinen werden mehrere Turbinenstufen hintereinander gekoppelt. Ihre Abmessungen entsprechen der Volumenzunahme des Dampfes. Der vom Heizkessel kommende Dampf durchströmt zuerst die Hochdruckturbine, kühlt sich dabei ab und gelangt dann in den Zwischenüberhitzer. Dort wird der Dampf wieder aufgeheizt und strömt in die Mitteldruckturbine und von dort weiter in den Niederdruckteil der Turbine.

Generator

I, Dergenaue, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Abb. 4 Turbinenhalle im Kraftwerk Schwarze Pumpe

Zum Verständnis des Generators muss man in der Physik zuerst das Phänomen der Induktion verstanden haben. Die elektromagnetische Induktion wird erst in einer späteren Klasse behandelt. Trotzdem wird im Folgenden der Generator beschrieben, da er ein Kernstück des Kraftwerks darstellt.

Im Generator wird die Rotationsenergie der Welle in elektrische Energie umgewandelt. In Kraftwerken setzt man Innenpolgeneratoren ein, bei denen die Induktionsspule ruht und der Elektromagnet rotiert. Bei der hohen Induktionsspannung und dem hohen Induktionsstrom wäre es unmöglich, die hohe Leistung über Schleifkontakte abzugreifen. Der im Inneren rotierende Elektromagnet wird mit einer relativ niedrigen Gleichspannung über Schleifkontakte gespeist. Mit einer Generatorleistung von bis zu 1500 Megawatt sind es die größten elektrischen Maschinen, die jemals von Menschenhand gebaut wurden.

Hinweise

  • In Europa arbeitet man mit einer Wechselspannungsfrequenz von 50Hz. Würde der rotierende Elektromagnet nur ein Polpaar besitzen, so müsste der Generator eine Umdrehungszahl von 3000 pro Minute haben. Um die bei so hoher Frequenz auftretenden Fliehkräfte zu mindern, verwendet man einen Elektromagnet mit zwei Polpaaren und kann somit die Drehfrequenz auf 1500 Umdrehungen pro Minute reduzieren.
  • Eine weitere Reduzierung der Fliehkräfte erreicht man, indem man nicht zu hohe Radien verwendet. Daher sind die Turbogeneratoren von Wärmekraftwerken - im Gegensatz zu den Generatoren bei Wasserkraftwerken - lang und schmal ausgeführt.

Kessel

Die Kohle wird von Mühlen zu feinem Kohlenstaub gemahlen. Über mehrere Brenner wird der Staub in den Kessel geblasen, wo er bei Temperaturen von bis zu 1500°C verbrennt.

Die heißen Rauchgase bringen das Wasser, welches durch Rohrleitungen fließt, zum Sieden. Der entstehende Dampf wird bei großem Druck (z.B. 270 bar) auf ca. 500°C erhitzt und strömt mit großer Geschwindigkeit auf die Turbinenschaufeln.

Im Kraftwerk Zolling (elektrische Nettoleistung 450 MW) werden bei Volllast pro Stunde ca. 150t Kohlestaub verfeuert. Der fast 100 m hohe Kessel, der an seiner Oberseite aufgehängt ist, dehnt sich dabei um fast einen Meter aus.

Kondensator

Wenn der Dampf die letzte Schaufel der Turbine verlassen hat, besitzt er - wie das Wort "entspannt" ausdrückt - nur noch wenig Druck, nämlich rund 40 Hektopascal (fast Vakuum), und ist nur noch ca. 35°C warm. Man könnte ihn einfach ins Freie entweichen lassen, wo er dann zu weißen Wolken kondensieren würde, wie das früher bei den Dampflokomotiven der Fall war.

Würde der abgearbeitete Dampf nach dem Verlassen der Turbine einfach nach außen abgeleitet werden, müssten bei einem Kraftwerk mit 600 MW elektrischer Leistung stündlich etwa 1 900 Tonnen gereinigtes Speisewasser ersetzt werden. Außerdem müsste das riesige Dampfvolumen von der Umgebung aufgenommen werden.

Der Kondensator ist die Schnittstelle zwischen dem geschlossenen Wasser-Dampf-Kreislauf des Dampfturbinenprozesses und dem Kühlkreislauf, in dem Wasser als Kühlmittel dient. Der Kondensator besteht aus einer großen Kammer, in der sich ein umfangreiches Rohrleitungssystem befindet, das aus vielen Tausend etwa 2 cm dicken Messingrohren besteht. Durch dieses Rohrleitungssystem wird Kühlwasser gepumpt. An der Außenseite dieser Rohre kondensiert der Dampf und gibt dabei seine Kondensationswärme an das Kühlsystem ab.

Das kondensierte Wasser wird gereinigt und gelangt zuerst in den Speisewasserbehälter. Von hier wird das Wasser mithilfe von Pumpen wieder in das Rohrleitungssystem des Dampferzeugers zurückgepumpt und steht zur weiteren Verwendung zur Verfügung. Der Wasser-Dampf-Kreislauf ist geschlossen. Infolge des Kondensationsvorgangs herrscht im Kondensator ein Unterdruck, der den Dampf sozusagen durch die Turbine "saugt". Je größer der Temperaturunterschied zwischen Ein- und Austritt des Dampfes in der Turbine ist, desto höher ist der Wirkungsgrad.

Kühlturm

Die Kühlwassermenge eines Wärmekraftwerks ist beträchtlich: Für ein 1300-Megawatt-Kraftwerk werden stündlich etwa 160 000 m³ Kühlwasser benötigt. Das entspricht der Füllmenge eines Kanals von 100 m Länge, 16 m Breite und 10 m Tiefe. Es gibt verschiedene Arten von Kühlsystemen, die im Allgemeinen von den örtlichen Gegebenheiten abhängen.

Durchlaufkühlung

Am einfachsten und kostengünstigsten ist die Durchlaufkühlung. Das Kühlwasser wird einem Fluss oder Kanal entnommen und fließt nach mechanischer Reinigung durch den Kondensator. Anschließend wird es auf direktem Weg in den Kanal zurückgeführt. Dieses Verfahren setzt allerdings voraus, dass der Kanal stets genügend Wasser führt und auch an heißen Sommertagen keine unzulässige Erwärmung des Flusses erfolgen kann. Eine gesetzliche Regelung gibt hier vor, dass die Erwärmung des Flusswassers den Sollwert von 28 °C nicht überschreiten darf. Da diese Bedingungen aber nicht an allen Kraftwerksstandorten gegeben sind, muss dort die Temperatur des erwärmten Kühlwassers entweder teilweise oder ganz durch Kühltürme reduziert werden. Im heißen Sommer 2003 mussten daher Kraftwerke mit Durchlaufkühlung ihre Leistung erheblich reduzieren, um die Umweltvorschriften noch einhalten zu können.

Nasskühlturm

Die heute gebräuchlichste Kühlturmform ist der so genannte Naturzug-Nasskühlturm. Er besteht aus einer Betonschale, die sich in der Mitte verjüngt und oftmals eine Höhe von mehr als 150 m erreicht. Die Betonschale ruht auf einer gitterähnlichen Tragekonstruktion, sodass von allen Seiten Luft hineinströmen kann. Infolge des durch die Wärmezufuhr bedingten Auftriebs sowie durch Form und Höhe des Kühlturms bildet sich ein natürlicher Luftzug, der von unten nach oben geht. Das erwärmte Kühlwasser, das vom Kondensator kommt, wird in etwa 12 m Höhe über Verteilerrohre in den Kühlturm geführt und durch ein Plattensystem nach unten gegen den aufsteigenden Luftstrom verrieselt. Dabei kühlt das Wasser ab und sammelt sich im Kühlturmbecken. Von dort kann man es von neuem in den Kondensatorkreislauf einspeisen.

Die Abbildung 5 zeigt das Energieflussdiagramm eines Kohlekraftwerks. Du kannst erkennen, dass am Schluss lediglich \(40\,\%\) der in der Kohle enthaltenen Energie in elektrische Energie umgewandelt wird.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 5 Energieflussdiagramm Kohlekraftwerk