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Ausblick

Lichtmühle

Abb. 1 Lichtmühle

Der Londoner Chemiker und Physiker Sir William CROOKES (1832 - 1919), bekannt wegen seiner Untersuchungen an Gasentladungen in Glasröhren, beobachtete den Radiometereffekt und entwickelte 1873 ein wissenschaftliches Instrument, das wir heute Lichtmühle oder CROOKES'sches Radiometer nennen. Eine derartige Lichtmühle ist in Abb. 1 dargestellt.

Abb. 2 Prinzip einer Lichtmühle

Wenn Licht auf das Flügelrad fällt, beginnt es sich wie eine Wasser- oder Windmühle zu drehen.

Aufgabe

Beobachte die Animation in Abb. 1 und gib an, in welcher Richtung - bezogen auf die verschiedenen Beschichtungen des Flügelrades - sich die Lichtmühle dreht.

Lösung

Die Lichtmühle dreht sich mit der blanken Seite voraus und mit der schwarzen hinterher.

Stelle Hypothesen für die Ursache der beobachteten Bewegung auf.

Lösung

1.Das Flügelrad wird durch den Lichtdruck in Drehung versetzt.

2.Durch den Photoeffekt werden Elektronen ausgestoßen, deren Rückstoß die Drehung verursacht.

3.An der schwarzen Seite wird die umgebende Luft mehr erwärmt als auf der blanken Seite, die Luftmoleküle übertragen deshalb der schwarzen Seite mehr Impuls als der blanken Seite.

Hypothese 1: Lichtdruck

Abb. 3 Impulsübertrag eines Photons bei dessen Absorption auf einem Gegenstand

Die Hypothese, dass das Flügelrad durch den Lichtdruck in Drehung versetzt wird, beruht auf folgender Überlegung:

Bei der Absorption eines Photons an der schwarzen Schicht erfolgt eine Impulsänderung vom Betrag \(p\).

Abb. 4 Impulsübertrag eines Photons bei dessen Reflexion an einem Gegenstand

Bei der Reflexion eines Photons an der blanken Schicht erfolgt jedoch eine Impulsänderung vom Betrag \(2 \cdot p\).

Die Impulsübertragung an der schwarzen Schicht und damit der Druck auf diese Seite ist also kleiner als an der blanken Schicht. Deshalb müsste sich die Lichtmühle mit der schwarzen Seite voraus bewegen. Dies könnte man theoretisch bei einer Lichtmühle im Vakuum sehen. Doch ist der Lichtdruck so schwach, dass er auch im Vakuum die Reibungskräfte an der Lagerung nicht überwinden kann.

Hypothese 2: Photoeffekt

Joachim Herz Stiftung
Abb. 5 Lichtmühle mit Wärmestrahler

Die Hypothese, dass durch den Photoeffekt Elektronen ausgestoßen, deren Rückstoß die Drehung verursacht, wäre prinzipiell möglich. Allerdings tritt der Photoeffekt bei dieser Frequenz an den Oberflächen noch nicht auf, und er tritt an der blanken Seite eher früher auf als auf der schwarzen.

Im Übrigen ist der Rückstoß von Photoelektronen mit nur wenigen Elektronenvolt Energie, wie sie bei sichtbarem Licht bei Vakumphotozellen vorkommen, zu gering, um eine sichtbare Drehung zu erzeugen.

Ein weiterer Nachweis für die Fehlerhaftigkeit gelingt, indem man zeigt, dass die Lichtmühle mit einem reinen Wärmestrahler, wie rechts gezeigt, bestens funktioniert.

Hypothese 3: Temperaturdifferenz

Abb. 6 Unterschiedliche Impulsüberträge von wärmeren und kälteren Luftmolekülen

Die Hypothese, dass an der schwarzen Seite die umgebende Luft mehr erwärmt wird als auf der blanken Seite und die Luftmoleküle deshalb der schwarzen Seite mehr Impuls als der blanken Seite übertragen ist korrekt.

Im Glaskolben befindet sich Luft. Einfallende Wärmestrahlung erwärmt die dunkle Seite der Flügel stärker als die helle. Dadurch erwärmt sich die Luft nahe der dunklen Seite ebenfalls stärker als auf der Gegenseite. Die Geschwindigkeit der Gasteilchen und damit ihr Impuls ist bei höherer Temperatur größer und der Gasdruck auf der warmen, dunklen Seite ist ein wenig höher als der Druck auf die kühlere reflektierende Seite.

Je größer der Temperaturunterschied auf den beiden Flügelflächen ist, um so größer ist die bewegende Kraft. Um eine optimale Lichtmühle zu bauen, muss also die eine Seite möglichst gut Wärmestrahlung in Wärme umsetzen, die Gegenseite sollte dies möglichst schlecht können. Die Wärmeleitfähigkeit der Flügel sollte möglichst klein sein. Außerdem sollte das Rad möglichst leicht sein und möglichst reibungsarm gelagert sein, um eine hohe Beschleunigung und somit beeindruckende Geschwindigkeit zu erreichen. Die Flügel bestehen deshalb üblicherweise aus dünnen, leichten Glimmerplättchen, die Wärme schlecht leiten. Die silbrige Seite reflektiert recht gut Wärmestrahlung, bleibt also kühl, während die schwarze, berußte Seite die Wärmestrahlung absorbiert und warm wird.

Diese Bewegung wird gebremst durch die Reibung des Flügelrades mit dem Gas und dem Drehlager. Erhöht man den Gasdruck im Glaskolben, wird die Reibung höher und überwiegt die Antriebskräfte. Senkt man den Gasdruck im Glaskolben, sinkt auch die Gasreibung aber auch die Antriebskräfte, die bei einem perfekten Vakuum verschwunden wäre. Der ideale Gasdruck liegt bei \(55\,\rm{Pa}\).

Ergänzende Versuche können die Richtigkeit dieser 3. Hypothese belegen:

Umschließt du den kugelförmigen Teil der Lichtmühle mit warmen Händen, so kannst du durch eine oben freigebliebene Öffnung eine allmähliche Drehung des zunächst ruhenden Flügelrades beobachten. Sie wird durch die Wärmestrahlung der Hand verursacht.

Erwärmst du die Lichtmühle mit der Heizung und stellst sie anschließend in den Eisschrank oder vereist du das Lichtmühlengefäß mit Kältespray, so dreht sich das Flügelrad einige Zeit in umgekehrter Richtung.

Bestrahlst du die Lichtmühle alternativ mit einer Leuchtstoffröhre (Neonlampe), einer Glühlampe, Sonnenlicht und einer Infrarotlampe, so dreht sich das Flügelrad bei der Leuchtstofflampe kaum, bei Sonnenlicht und der Infrarotlampe am besten, aber auch bei der Glühlampe. Entscheidend für die Drehung ist die Wärmestrahlung. Der sichtbare Teil des Lichtes oder gar der UV-Anteil haben für die Drehung untergeordnete Bedeutung.