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Grundwissen

Starke und schwache Kausalität

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Schwacher Kausalität liegt vor, wenn exakt gleiche Ursachen die stets gleiche Wirkung zur Folge haben.
  •  Starker Kausalität liegt vor, wenn ähnliche Ursachen eine ähnliche Wirkung zur Folge haben. Kleine Änderungen im Ausgangszustand führen nur zu kleinen Änderungen im Ergebnis.
  • Viele Systeme in der Natur sind labile Gleichgewichtszustände. Hier liegt keine starke Kausalität vor.

Unter dem Begriff der Kausalität verstehen wir die Vorstellung oder die Idee, dass ein bestimmter Zustand A (die sogenannte Ursache) unter gewissen Bedingungen einen bestimmten Zustand B (die sogenannte Wirkung) hervorbringt. Dabei geht die Ursache A der Wirkung B zeitlich voraus.

Schwache Kausalität

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Veranschaulichung von schwacher Kausalität

Von schwacher Kausalität spricht man dann, wenn gleiche Ursachen die stets gleiche Wirkung zur Folge haben.

Schießt man z.B. ein Geschoss immer unter dem genau gleichen Winkel mit der genau reproduzierbaren Anfangsgeschwindigkeit bei stets gleichen Bedingungen in der Atmosphäre ab, so wird das Geschoss stets im selben Punkt unter dem selben Winkel landen.

Man erkennt sofort, dass die oben geforderten stets exakt gleichen Anfangsbedingungen und die stets exakt gleichen Verhältnisse zwischen Start- und Zielort ideale Forderungen sind, von denen nur Theoretiker ausgehen. Bei der Anwendung der newtonschen Mechanik gingen wir wie selbstverständlich von der Gültigkeit der schwachen Kausalität aus.

Starke Kausalität

Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Veranschaulichung von starker Kausalität

Von starker Kausalität spricht man dann, wenn ähnliche Ursachen eine ähnliche Wirkung zur Folge haben.

Diese Forderung verlangt eigentlich mehr als die schwache Kausalität: Völlig identische Ausgangsbedingungen für einen Versuch lassen sich in der Praxis bei Wiederholung nicht herstellen, trotzdem erhalten wir bei Wiederholungen des Versuchs eine gute Reproduzierbarkeit im Ergebnis.

Schießen wir ein Geschoss mit fast der gleichen Geschwindigkeit und fast dem gleichen Winkel wie bei einem vorangegangen Versuch ab, so werden der Auftreffpunkt und der Auftreffwinkel nur unwesentlich von vorangegangenem Auftreffpunkt und Auftreffwinkel abweichen. Kleine Veränderungen im Anfangszustand des Systems haben auch nur kleine Änderungen im Endzustand zur Folge.

Schmetterlingseffekt

Universität Regensburg Naturwissenschaftliche Fakultät II
Abb. 3 Schmetterlingseffekt

Es gibt in der Natur aber auch Systeme, bei denen die starke Kausalität nicht erfüllt ist. So liegen gelegentlich sehr ähnliche Ausgangs-Wetterlagen vor und trotzdem entwickeln sich daraus völlig verschiedene Wetterlagen nach ein paar Tagen. Diesen scheinbaren Widerspruch zum Kausalitätsprinzip könnte man vielleicht der Kompliziertheit des Systems "Erdatmosphäre" zuschreiben. Bei bestimmten - vergleichsweise einfachen - Versuchsanordnungen (wo nach wie vor die schwache Kausalität erfüllt ist) kommt es jedoch vor, dass kleine Unterschiede in den Anfangsbedingungen zu völlig verschiedenen Versuchsergebnissen führen. Diese Anordnungen hängen sehr sensibel von den Anfangsbedingungen ab und zeichnen sich dadurch aus, dass das System während des Versuchsablaufs öfter labile Gleichgewichtszustände durchläuft.

Deterministisches Chaos

Joachim Herz Stiftung
Abb. 4 Deterministisches Chaos

Obwohl in dem betrachteten System deterministische Gesetze gelten, ist das Verhalten nach einiger Zeit unvorhersagbar. Man spricht hier vom deterministischen Chaos.

Als einer der ersten Wissenschaftler beschäftigte sich der Mathematiker Henri POINCARÈ (1854 - 1912) bei der Untersuchung von Planetenbahnen mit diesem Phänomen (1899). Der Mathematiker und Meteorologe Edward N. LORENZ (1917 - 2008) beobachtete chaotische Phänomene bei der Entwicklung des Wettergeschehens und formulierte dies etwas reißerisch in der Fragestellung: "Does the Flap of a Butterfly´s Wings in Brazil Set Off a Tornado in Texas?"