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Grundwissen

Flugfrüchte

Gleitflieger

By Scott Zona from Miami, Florida, USA [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0) or CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons
Abb. 1 Gleitflieger (Große Zanonia)

Bei Gleitfliegern, zu denen der Samen von Feldulme und Hänge-Birke gehört, liegt der Schwerpunkt in der Mitte des Verbreitungsorgans. Der Gleitflug kommt durch den zentrischen Bau der Verbreitungsorgane zustande. Beispiele: Feldulme, Hänge-Birke, Große Zanonia, Birke, Erle, Ulme, Brillschötchen und Kleestrauch.

Die Verbreitung­sorgane der Gleitflieger bestehen aus hauchdünnen, mit Adern verstärkten Flügeln oder aus feinsten Härchen. Sie haben eine große Oberfläche, sind dabei aber sehr leicht. Durch das Prinzip der Oberflächenvergrößerung wird die Sinkgeschwindigkeit des Flugsamens stark verringert. Sie können eine im Vergleich zu ihrer eigenen Masse ziemlich schwere Last tragen. Damit sind die pflanzlichen Gleitflieger in vieler Hinsicht sogar vollkommener als die der Technik.

Ein „pflanzliches“ Flugzeug zeichnet sich außerdem durch selbstorganisierende Flugstabilität aus. Trifft der Samen im Flug auf ein Hindernis, stürzt dieser nicht ab, sondern nimmt sofort wieder die vorherige stabile Fluglage ein. Die Große Zanonia, ein Kletterstrauch vom Malaiischen Archipel, ist ein hervorragender Gleitflieger mit einer Spannweite von 14 – 16 cm und einer Flügeltiefe von etwa 5 cm. Die Tragfläche dieses Samens hat eine Pfeilform, an den Flügelenden einen sichtbaren S-Schlag und von oben gesehen eine W-Form.

Schraubenflieger

CC0 / rtaillon via pixabay
Abb. 2 Schraubenflieger (Ahorn)

Schrauben­flieger haben einen langen Flügel, an dessen Ende der Samen sitzt. Der Schwerpunkt liegt außerhalb der Mitte, wodurch eine Autorotation zustande kommt. Beispiele: Ahorn, Esche, Kiefer, Fichte, Linde, Kardendistel, Hainbuche.

Wird ein vom Verbreitungsorgan abgetrenntes Ahornsamenkorn fallen gelassen, bewegt es sich mit zunehmender Geschwindigkeit infolge der Schwerkraft in Richtung Erdboden. Anders verhält sich bei der kompletten Ahornfrucht. Sie sinkt nach einer kurzen Ausgangsdistanz unbeschleunigt mit konstanter Geschwindigkeit in Autorotation zu Boden. Diese Autorotation erfolgt so, dass der Samen innen und der einseitige Flügel außen liegt. Die Autorotation ermöglicht es der Ahornfrucht, die Flügelfläche optimal dem Luftstrom aus-zusetzen und dadurch die Sinkgeschwindigkeit zu minimieren.

Auf diese Art und Weise gelingt es dem Samen, relativ lange in der Luft zu bleiben. Der Ahornsamen führt etwa 16 Umdrehungen pro Sekunde aus. Nach dem Loslösen vom Ast durch wirkende Windkräfte führt die Ahornfrucht einen Drehflug auf einer spiralförmigen Flugbahn aus. Durch die Autorotation des Flügels mit der Flügelfläche um die senkrechte Achse wird die Schraubenkreisfläche erzeugt. Diese Schraubenkreisfläche wird von unten nach oben mit Luft durchströmt. Die Kreisfläche der Ahornfrucht bewegt sich gegen die stehende Luft. Auch bei Windmühlenflügeln entsteht ein solcher Luftschlauch. Hierbei steht jedoch die Kreisfläche auf der Stelle und der Wind strömt dagegen.

Schirmflieger

Photo by Laitche, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Abb. 3 Schirmflieger (Löwenzahn)

Schirm­flieger besitzen einen gestielten Haarkranz mit feinen Feder­strahlen, die fallschirmartige Ausbreitungen haben. Der Samen befindet sich in der Mitte des Verbreitungsorgans. Der Schwerpunkt liegt unterhalb des Verbreitungsorgans. Beispiele: Löwenzahn, Wiesenbocksbart, Frühlingskreuzkraut, Wollgras, Pelargonie.

Schirmflieger sind die Fallschirmspringer des Pflanzenreichs. Sie haben Büschel feiner Haare, die wie ein Fallschirm wirken, in denen sich die Luft darin regelrecht „verfängt“. Der Haarbüschelschirm pflanzlicher Flugeinrichtungen erhöht aufgrund der relativ großen Oberfläche den Strömungswiderstand. Der Schwerpunkt, den der Samen bildet, liegt weit unten, so dass ein relativ stabiler Sinkflug erreicht wird und Kopflandungen fast ausge-schlossen sind.

Die Oberfläche des Samens besteht aus hakenförmigen Elementen, welche sich mit dem Boden verankern. Eine „Pusteblume“ besteht aus vielen kleinen Schirmchen, von denen jedes nur etwa 0,40 mg wiegt. Diese Natur-Lösung lässt sich jedoch keinesfalls einfach auf größere technische Systeme übertragen. Würde ein Mensch ein stark vergrößertes „Pusteblumenschirmchen“ als Fallschirm nutzen, würde er den Boden nicht sanft erreichen. Was jedoch nutzbar ist, ist das Wirkprinzip der Verringerung der Sinkgeschwindigkeit durch Flächenvergrößerung.