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Grundwissen

Genauigkeitsangaben und gültige Ziffern

Das Wichtigste auf einen Blick

  • (Gemessene) physikalische Größen sind in der Regel mit Unsicherheit verbunden.
  • Die Zahl der gültigen Ziffern ergibt sich durch Zählung aller Stellen ab der ersten von Null verschiedenen Ziffer nach rechts.
  • Die Größe mit den wenigsten gültigen Ziffern bestimmt mit ihrer Anzahl an gültigen Ziffern auch die Anzahl der gültigen Ziffern bei der Berechnung eines Produktes oder Quotienten aus mehreren Größen.
  • Manchmal muss du Zehnerpotenzen verwenden, um die Anzahl der gültigen Ziffern korrekt anzugeben.
Abb. 1 Erklärvideo zu Messungenauigkeiten

 

 

Messungen haben Unsicherheiten

Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Großes Tafellineal

Jede Messung einer physikalischen Größe ist mit einer Unsicherheit verbunden. Manchmal sagt man auch: Die Messung ist mit einem Fehler behaftet (wobei der Begriff Fehler etwas unglücklich ist, weil auch wenn du alles richtig machst, eine Messung eine Unsicherheit hat). Wenn du z.B. mit dem in Abb. 1 dargestellten Lineal eine Länge misst, so kannst du dies nicht beliebig genau tun. Die Skala hat lediglich Zentimeterschritte. Daher kannst die die Länge nicht auf einen Millimeter genau messen, sondern eher nur auf einen Zentimeter genau.

Die Messunsicherheit kannst du durch die Angabe eines sog. Fehlerbereiches beschreiben (siehe Tab. 1). Da diese Darstellung aber etwas umständlich ist, drückst du in der Schule die Genauigkeit einer Größe durch die Zahl der sog. gültigen Ziffern (auch geltende Ziffern oder signifikante Stellen genannt) aus. Als Abkürzung schreibst du dafür einfach kurz g. Z. Der Rundungsbereich der Zahl stimmt dann mit dem Fehlerbereich überein.

Beispiel: Angabe einer Länge \(l\)

Die folgende Tabelle zeigt die Angabe einer Länge mit verschiedenen Fehlerbereichen bzw. Genauigkeiten.

Tab. 1 Beispiele für Fehlerbereich und gültige Ziffern
Angabe des Fehlerbereiches Angabe durch die Zahl der gültigen Ziffern
\(l = 100\,{\rm{cm }} \pm 0{,}5\,{\rm{cm}}\) (Fehlerbereich: \(1\,\rm{cm}\)) \(l = 100\,{\rm{cm}}\)
\(l = 100\,{\rm{cm }} \pm 0{,}05\,{\rm{cm}}\) (Fehlerbereich: \(1\,\rm{mm}\)) \(l = 100{,}0\,{\rm{cm}}\)
\(l = 100\,{\rm{cm }} \pm 0{,}005\,{\rm{cm}}\) (Fehlerbereich: \(0{,}1\,\rm{mm}\)) \(l = 100{,}00\,{\rm{cm}}\)
Feststellung der Zahl der gültigen Ziffern

Die Zahl der gültigen Ziffern ergibt sich durch Zählung aller Stellen ab der ersten von Null verschiedenen Ziffer nach rechts.

Beispiele

  • \(12\,{\rm{m}}\) hat \(2\) gültige Ziffern
  • \(12{,}0\,{\rm{m}}\) hat \(3\) gültige Ziffern
  • \(0{,}01700\,{\rm{m}}\) hat \(4\) gültige Ziffern
  • \(0{,}17\,{\rm{m}}\) hat \(2\) gültige Ziffern
  • \(0{,}017\,{\rm{m}}\) hat \(2\) gültige Ziffern
  • \(1{,}4\cdot 10^3\,\rm{m}\) hat \(2\) gültige Ziffern
Verständnisaufgabe

Rechnen mit Größen und Unsicherheiten

Beispiel: Berechnung des Flächeninhalts eines Rechtecks \(A\) aus Länge \(l=17\,\rm{cm}\) und Breite \(b=5{,}2\,\rm{cm}\).

Würdest du diese Zahlen ohne viel nachzudenken in die Formel \(A = l \cdot b\) einsetzen, so ergäbe sich\[A = 17\,\rm{cm} \cdot 5{,}2\,\rm{cm} = 88{,}4\,\rm{cm}^2\]Würdest du sagen, dass der Flächeninhalt im Rundungsbereich dieses Ergebnisses liegt, würde der Flächeninhalt \(A\) also im Bereich\[88{,}35\,\rm{cm}^2 \le A < 88{,}45\,\rm{cm}^2 \quad (1)\]liegen.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 3 Flächen je nach tatsächlicher Länge und Breite

Betrachten wir nun die Flächenberechnung mit Hilfe von Abb. 2 etwas genauer. Für Länge \(l\) und Breite \(b\) gelten folgende Bereiche: \(16{,}5\,{\rm{cm}} \le l < 17{,}5\,{\rm{cm}}\) und \(5{,}15\,{\rm{cm}} \le b < 5{,}25\,{\rm{cm}}\). Somit ergibt sich als minimaler Flächeninhalt, der in der Abbildung grau dargestellt ist\[{A_{\min}} = 16{,}5\,{\rm{cm}} \cdot 5{,}15\,{\rm{cm}} = 84{,}975\,{\rm{c}}{{\rm{m}}^2} \approx 85\,{\rm{c}}{{\rm{m}}^2}\]und als maximaler Flächeninhalt (graue+blaue+grüne Fläche)\[{A_{\max}} = 17{,}5\,{\rm{cm}} \cdot 5{,}25\,{\rm{cm}} = 91{,}875\,{\rm{c}}{{\rm{m}}^2} \approx 92\,{\rm{c}}{{\rm{m}}^2}\]Die genauere Betrachtung zeigt also\[85\,\rm{cm}^2 \le A < 92\,\rm{cm}^2 \quad(2)\]Der Fehlerbereich, den wir bei der sehr einfachen Rechnung \((1)\) ermittelt haben, ist viel zu eng. Es wird bei der ersten Berechnung eine viel zu hohe Genauigkeit vorgetäuscht. Die Ermittlung des Fehlerbereiches \((2)\) ist allerdings ziemlich aufwändig. Als Kompromiss hat man daher für die Schule zunächst eine einfachere Faustregel vereinbart.

Faustregel

Die Größe mit den wenigsten gültigen Ziffern bestimmt mit ihrer Anzahl an gültigen Ziffern auch die Anzahl der gültigen Ziffern bei der Berechnung eines Produktes oder Quotienten. Allgemeiner Ausgedrückt:

Hat die ungenaueste mehrerer physikalischer Größen \(n\) gültige Ziffern, so haben Quotient oder Produkt dieser Größen auch höchstens \(n\) gültige Ziffern.

Angewandt auf unser Beispiel heißt das, das unser Ergebnis zwei gültige Ziffern besitzt, da beide Angaben zwei gültige Ziffern haben. Es ist somit \[A = 17\,\rm{cm} \cdot 5{,}2\,{\rm{cm}}=88{,}4\,\rm{cm}^2= 88\,\rm{cm}^2\]Für den Fehlerbereich ergibt sich\[87{,}5\,\rm{cm}^2 \le A < 88{,}5\,\rm{cm}^2 \quad(3)\]Du siehst, dass der Rundungsbereich \((3)\) etwas besser als der Bereich \((1)\) mit dem genau ermittelten Fehlerbereich \((2)\) übereinstimmt.

Verständnisaufgabe