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Aufgabe

Strahlentherapie mit Elektronen (Abitur BY 2020 Ph11-1 A1)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

Durch Bestrahlung mit energiereichen Elektronen können Tumore auf der Hautoberfläche behandelt werden. Hierzu werden Elektronen in einem Linearbeschleuniger auf eine kinetische Energie von \(1{,}2\,\rm{MeV}\) beschleunigt. Anschließend werden sie umgelenkt und treten aus dem evakuierten Gerät als Elektronenstrahl aus.

a)

Zeige, dass der LORENTZ-Faktor für diese Elektronen \(\gamma= 3{,}3\) beträgt. (4 BE)

b)

Weise rechnerisch nach, dass die Geschwindigkeit dieser Elektronen \(95\%\) der Lichtgeschwindigkeit beträgt. (4 BE)

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Skizze zu den Aufgabenteilen c) - e)

Die Bewegungsrichtung der Elektronen kann mit Umlenkeinheiten um jeweils genau \(90^\circ\) verändert werden. Eine solche Umlenkeinheit beinhaltet mehrere Blenden und ein homogenes Magnetfeld der magnetischen Flussdichte \(0{,}13\,\rm{T}\).

c)

Ergänze in Abb. 1 die Orientierung des Magnetfelds.

Berechne den Radius \(r\) der Elektronenbahn. (4 BE)

d)

Mithilfe der Umlenkeinheit können Elektronen mit abweichender Energie aus dem Strahlengang entfernt werden.

Erkläre dies am Beispiel von Elektronen mit zu hoher Energie. (4 BE)

e)

Bestimme das Verhältnis aus Windungszahl \(N\) und Spulenlänge \(l\), wenn für die Erzeugung des Magnetfelds eine langgestreckte Zylinderspule verwendet werden würde, durch die ein Strom der Stromstärke \(6{,}0\,\rm{A}\) fließt. (4 BE)

f)
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Abb. 2 Skizze zu Aufgabenteil f)

Bei einer Behandlung in einer Arztpraxis verlässt der Elektronenstrahl den Linearbeschleuniger horizontal und soll senkrecht von oben auf den liegenden Patienten treffen.

Zeichne in die Abb. 2 an geeigneten Orten Umlenkeinheiten mit der jeweiligen Orientierung des Magnetfeldes ein.

Ergänzen den sich ergebenden Strahlengang.

Markiere zusätzlich den evakuierten Bereich.

Begründe deine Entscheidung. (4 BE)

g)

Die Stromstärke des Elektronenstrahls beträgt etwa \(1\, \rm{\mu A}\).

Berechne die Anzahl der Elektronen, die pro Sekunde den Linearbeschleuniger verlasen. [zur Kontrolle: \(6\,\cdot10^{12}\) ] (4 BE)

h)

Als Quelle von Elektronen der gewünschten Energie \(1{,}2\,\rm{MeV}\) könnte man anstelle eines Linearbeschleunigers auch radioaktives Cäsium \(^{137} \rm{Cs}\) verwenden, das pro Gramm und pro Sekunde ca. \(3\cdot10^{12}\) Elektronen aussendet.

Nimm zur Verwendung dieser Alternative in einer Arztpraxis kritisch Stellung, indem du je zwei Vor- und Nachteile dieser Alternative nennst. (4 BE)

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayerischen Kultusministeriums.

a)

Gegeben ist die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}} = 1{,}2\cdot 10^6\,\rm{eV}\), gesucht der LORENTZ-Faktor \( \gamma = \frac{1}{\sqrt{1-\left(\frac{v}{c}\right)^2}}\). Die Gesamtenergie des Elektrons ist gleich der Summe aus der Ruheenergie und der kinetischen Energie des Elektrons. Damit erhalten wir\[\begin{eqnarray}E_{\rm{ges}} &=& E_{0}+E_{\rm{kin}}\\\frac{E_{0}}{\sqrt{1-\left(\frac{v}{c}\right)^2}} &=& E_{0}+E_{\rm{kin}} \qquad |:E_{0} \\\frac{1}{\sqrt{1-\left(\frac{v}{c}\right)^2}} &=& 1 + \frac{E_{\rm{kin}}}{E_{0}} \\\gamma &=& 1 + \frac{E_{\rm{kin}}}{E_{0}} \end{eqnarray}\]Einsetzen der gebenen Werte liefert\[\gamma = 1 + \frac{1{,}2\,\rm{MeV}}{0{,}511\,\rm{MeV}} = 3{,}3\]

b)

\[\begin{eqnarray}\gamma &=& \frac{1}{\sqrt{1-\left(\frac{v}{c}\right)^2}} \qquad |\rm{Quadrieren}\\\quad \gamma^2 &=& \frac{1}{1-\left(\frac{v}{c}\right)^2} \\ 1 - \left(\frac{v}{c}\right)^2 &=& \frac{1}{\gamma^2} \\ \left(\frac{v}{c}\right)^2 &=& 1 - \frac{1}{\gamma^2} \qquad |\rm{Wurzelziehen}\\ \frac{v}{c} &=& \sqrt{1-\frac{1}{\gamma^2}}\end{eqnarray}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[\frac{v}{c} = \sqrt{1-\frac{1}{3{,}3^2}} = 0{,}95\]

c)
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Abb. 3 Skizze zur Lösung von Aufgabenteil c)

Für negative Teilchen kann die Drei-Finger-Regel der linken Hand angewandt werden.

  • Daumen: Geschwindigkeit \(\vec v\) der Elektronen (nach rechts)
  • Zeigefinger: Magnetfeld dessen Richtung ermittelt werden soll
  • Mittelfinger: Zentripetalkraft \(\vec F_{\rm{ZP}}\) , die zum Punkt M hingerichtet sein soll.

Damit die Elektronen in die gewünschte Richtung abgelenkt werden, muss das homogene Magnetfeld lotrecht aus der Papierebene gerichtet sein.

Die für die Kreisbewegung notwendige Zentripetalkraft stellt die LORENTZ-Kraft \(\vec F_{\rm{L}}\) dar. Damit berechnet sich der Radius \(r\) der Kreisbahn durch\[\begin{eqnarray} F_{\rm{ZP}} &=& F_{\rm{L}} \\\frac{m_e \cdot v^2}{r} &=& e \cdot v \cdot B \\r &=& \frac{m_{\rm{e}} \cdot v^2}{e \cdot v \cdot B} \\r &=& \frac{m_{\rm{e}} \cdot v}{e \cdot B} \\r &=& \frac{m_{\rm{e,0}} \cdot \gamma \cdot v}{e \cdot B} \\r &=& \frac{\gamma \cdot v}{\frac{e}{m_{\rm{e,0}}} \cdot B} \quad (1)\end{eqnarray}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[r = \frac{3{,}3 \cdot 0{,}95 \cdot 3{,}0 \cdot 10^8\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}}{1{,}76 \cdot 10^{11} \frac{\rm{A}\,\rm{s}}{\rm{kg}} \cdot 0{,}13\,\rm{T}} = 4{,}1 \cdot 10^{-2}\,\rm{m}\]

d)

Elektronen mit einer höheren Energie haben einen höheren LORENTZ-Faktor und eine höhere Geschwindigkeit. An Gleichung \((1)\) von Aufgabenteil c) sieht man, dass diese Elektronen einen Teilkreis mit höherem Radius durchlaufen und somit nicht mehr durch das obere Blendenpaar gelangen würden.

e)

Für das Magnetfeld einer langgestreckten Zylinderspule gilt \(B = \mu_0 \cdot \frac{N}{l} \cdot I\). Damit ergibt sich\[B = \mu_0 \cdot \frac{N}{l} \cdot I \Leftrightarrow \frac{N}{l} = \frac{B}{\mu_0 \cdot I}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[\frac{N}{l} = \frac{0{,}13\,\rm{T}}{1{,}26 \cdot 10^{-6}\,\frac{\rm{V}\,\rm{s}}{\rm{A}\,\rm{m}} \cdot 6{,}0\,\rm{A}} = 1{,}7 \cdot 10^4 \rm{\frac{1}{\rm{m}}}\]

f)
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Abb. 4 Skizze zur Lösung von Aufgabenteil f)

Die Elektronen müssen in einem evakuierten Rohrsystem geführt werden, da ihre Reichweite in Luft sehr gering ist. Die drei homogenen Magnetfelder bewirken jeweils eine \(90^\circ\)-Ablenkung.

g)

Für die Stromstärke gilt \(I = \frac{\Delta Q}{\Delta t}\). Damit ergibt sich\[I = \frac{\Delta Q}{\Delta t} = \frac{N \cdot e}{\Delta t} \Leftrightarrow N = \frac{I \cdot \Delta t}{e}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[N = \frac{1 \cdot 10^{-6}\,\rm{A} \cdot 1\,\rm{s}}{1{,}6 \cdot 10^{-19}\,\rm{A}\,\rm{s}}= 6 \cdot 10^{12} \]

h)

Vorteile bei der Verwendung eines radioaktiven Präparates:

  • Geringer Platzbedarf im Vergleich zum Linearbeschleuniger samt Rohrsystem.
  • Die Kosten für die das Präparat sind wesentlich geringer als für ein Beschleunigersystem.
  • Insgesamt geringerer Energieaufwand.

Nachteile bei der Verwendung eines radioaktiven Präparates:

  • Das Präparat strahlt ununterbrochen, es kann nicht abgeschaltet werden.
  • Wenn die Aktivität des Präparates nachlässt, muss man auf eine vorschriftsmäßige Entsorgung achten.
  • Die Intensität der Strahlung des Linearbeschleunigers lässt sich im Gegensatz zur Strahlungsintensität des Präparats leicht verändern und so an das medizinische Problem anpassen.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Relativitätstheorie

Spezielle Relativitätstheorie