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Geschichte

Relativitätsprinzip von GALILEI als Dialog zwischen Lehrer und Schüler

Das Relativitätsprinzip von GALILEI

Wie so oft verpackt Galilei physikalische Inhalte in einen Dialog zwischen dem Lehrer (Salvati) und seinem Schüler (Sagredo).

SALVATI: Schließt Euch in Gesellschaft eines Freundes in einen möglichst großen Raum unter dem Deck eines großen Schiffes ein. Verschafft Euch dort Mücken, Schmetterlinge und ähnliches fliegendes Getier; sorgt auch für ein Gefäß mit Wasser und kleinen Fischen darin; hängt ferner oben einen kleinen Eimer auf, welcher tropfenweise Wasser in ein zweites enghalsiges darunter gestelltes Gefäß träufeln lässt. Beobachtet nun sorgfältig, solange das Schiff stille steht, wie die fliegenden Tierchen mit der nämlichen Geschwindigkeit nach allen Seiten des Zimmers fliegen. Man wird sehen, wie die Fische ohne irgend welchen Unterschied nach allen Richtungen schwimmen; die fallenden Tropfen werden alle in das untergestellte Gefäß fließen. Wenn Ihr Euerem Gefährten einen Gegenstand zuwerft, so braucht Ihr nicht kräftiger nach der einen als nach der anderen Richtung zu werfen, vorausgesetzt, dass es sich um gleiche Entfernungen handelt. Wenn Ihr, wie man sagt, mit gleichen Füßen einen Sprung macht, werdet Ihr nach jeder Richtung gleich weit gelangen. Achtet darauf, Euch aller dieser Dinge sorgfältig zu vergewissern, wiewohl kein Zweifel obwaltet, dass bei ruhendem Schiffe alles sich so verhält. Nun lasst das Schiff mit jeder beliebigen Geschwindigkeit sich bewegen: Ihr werdet — wenn nur die Bewegung gleichförmig ist und nicht hier - und dorthin schwankend - bei allen genannten Erscheinungen nicht die geringste Veränderung eintreten sehen. Aus keiner derselben werdet Ihr entnehmen können, ob das Schiff fährt oder stille steht. [...] Wenn Ihr Euerem Gefährten einen Gegenstand zuwerft, so braucht Ihr nicht mit größerer Kraft zu werfen, damit er ankomme, ob nun der Freund sich im Vorderteile und Ihr Euch im Hinterteile befindet oder ob Ihr umgekehrt steht. Die Tropfen werden wie zuvor in das untere Gefäß fallen, kein einziger wird nach dem Hinterteile zu fallen, obgleich das Schiff, während der Tropfen in der Luft ist, viele Spannen zurücklegt. [...] Die Ursache dieser Übereinstimmung aller Erscheinungen liegt darin, dass die Bewegung des Schiffes allen darin enthaltenen Dingen, auch der Luft, gemeinsam zukommt. Darum sagte ich auch, man solle sich unter Deck begeben; denn oben in der freien Luft, die den Lauf des Schiffes nicht begleitet, würden sich mehr oder weniger deutliche Unterschiede bei einigen der genannten Erscheinungen zeigen. So würde unzweifelhaft der Rauch ebenso weit zurückbleiben wie die Luft selbst. [...]

SAGREDO: Obgleich es mir zur See niemals in den Sinn gekommen ist, die genannten Beobachtungen eigens zu diesem Zwecke anzustellen, so bin ich doch mehr als gewiss, dass sie zu dem angeführten Ergebnis führen. So z. B. weiß ich noch, dass ich mich in meiner Kajüte hundertmal gefragt habe, ob das Schiff fahre oder stille stehe; und manchmal habe ich, in Gedanken vertieft, geglaubt, es gehe in der einen Richtung, während es sich nach der entgegengesetzten bewegte. Darum bin ich nunmehr völlig zufrieden gestellt und fest überzeugt von der Bedeutungslosigkeit aller Versuche, die Geschwindigkeit oder Richtung der Bewegung eines Schiffes in seinem Inneren festzustellen, solange sich das Schiff geradlinig mit konstanter Geschwindigkeit bewegt.