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Geschichte

Born Originalarbeit

Beginn der Originalarbeit Borns zur statistischen Deutung der ψ -Funktion

Quantenmechanik der Stoßvorgänge

von Max Born in Göttingen

(Eingegangen am 21. Juli 1926)

Die Schrödingersche Form der Quantenmechanik erlaubt in natürlicher Weise die Häufigkeit eines Zustandes zu definieren mit Hilfe der Intensität der zugeordneten Eigenschwingung. Diese Auffassung führt zu einer Theorie der Stoßvorgänge, bei der die Übergangswahrscheinlichkeiten durch das asymptotische Verhalten aperiodischer Lösungen bestimmt werden. Einleitung. Die Stoßvorgänge haben nicht nur die überzeugendsten experimentellen Beweise für die Grundannahmen der Quantentheorie geliefert, sondern scheinen auch geeignet, Aufklärung zu geben über die physikalische Bedeutung der formalen Gesetze der sogenannten "Quantenmechanik". Diese liefert zwar, wie es scheint, stets die richtigen Termwerte der stationären Zustände und die richtigen Amplituden der bei den Übergängen ausgestrahlten Schwingungen, aber über die physikalische Interpretation der Formeln sind die Meinungen geteilt. Die von Heisenberg begründete von ihm gemeinsam mit Jordan und dem Verfasser dieser Mitteilung entwickelte Matrizenform der Quantenmechanik geht von dem Gedanken aus, dass eine exakte Darstellung der Vorgänge in Raum und Zeit überhaupt unmöglich ist, und begnügt sich daher mit der Aufstellung von Relationen zwischen beobachtbaren Größen, die nur im klassischen Grenzfall als Eigenschaften von Bewegungen gedeutet werden können. Schrödinger auf der anderen Seite scheint den Wellen, die er nach de Broglies Vorgang als die Träger der atomaren Prozesse ansieht eine Realität von derselben Art zuzuschreiben , wie sie Lichtwellen besitzen; er versucht "Wellengruppen aufzubauen, welche in allen Richtungen relativ kleine Abmessungen" haben und die offenbar die bewegte Korpuskel direkt darstellen sollen. Keine dieser beiden Auffassungen scheint mir befriedigend. Ich möchte versuchen, hier eine dritte Interpretation zu geben und ihre Brauchbarkeit an den Stoßvorgängen zu erproben. Dabei knüpfe ich an . . .



Aus der Nobelpreisrede Borns:

. . . ich griff Schrödingers Methode sogleich auf, weil sie versprach, zu einer Deutung der ψ-Funktion zu führen. Wieder war eine Idee von Einstein leitend. Er hatte die Dualität von Teilchen - den Lichtquanten oder Photonen - und von Wellen dadurch begreiflich zu machen gesucht, dass er das Quadrat der optischen Wellen-Amplitude als Wahrscheinlichkeitsdichte für das Auftreten von Photonen auslegte. Diese Idee ließ sich ohne weiteres auf die ψ-Funktion übertragen: |ψ|2 mußte die Dichte der Wahrscheinlichkeit für Elektronen (oder andere Teilchen) bedeuten. Dies zu behaupten war leicht.

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Mehr als diese Erfolge trug zur schnellen Annahme der statistischen Deutung der ψ-Funktion eine Arbeit von Heisenberg bei, die seine berühmten Ungenauigkeitsrelationen enthält. Erst dadurch wurde der umwälzende Charakter der neuen Auffassung klar.

 

Born zum Einfluss des Beobachters:

Man lehrte die Generation zu der Einstein, Bohr und ich gehören, dass eine objektive physikalische Welt existiert, die sich nach unveränderlichen Gesetzen entfaltet, die von uns unabhängig sind. Wir betrachten diesen Vorgang, wie das Publikum im Theater ein Stück verfolgt. Einstein hält daran fest, dass dies das Verhältnis zwischen dem wissenschaftlichen Beobachter und seinem Gegenstand sein soll. Die Quantenmechanik deutet indessen die in der Atomphysik gewonnenen Erfahrung auf andere Weise. Wir können den Beobachter einer physikalischen Erscheinung nicht mit dem Publikum bei einer Theateraufführung vergleichen, sondern eher mit dem bei einem Fußballspiel, wo der Akt des Zusehens, der von Applaus oder Pfeifen begleitet wird, einen ausgeprägten Einfluss auf die Schnelligkeit und Konzentration der Spieler und damit auf den beobachtbaren Vorgang hat. Ein noch besseres Gleichnis ist das Leben selbst, wo Publikum und Akteure die gleichen Personen sind.