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Aufgabe

Elektronen am Doppelspalt (Abitur BY 2017 Ph12 A1-1)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

Ein Elektronenstrahl wird auf einen Doppelspalt gerichtet, dessen Spaltmitten den Abstand \(272\,\rm{nm}\) haben. Hinter dem Doppelspalt werden die Auftrefforte der Elektronen auf einem Phosphorschirm registriert.

a)Die Elektronen haben eine kinetische Energie von \(0{,}60\,\rm{keV}\).

Zeige, dass ihre de-Broglie-Wellenlänge \(50\,\rm{pm}\) beträgt. (5 BE)

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Schirmbild

Auf dem Schirm beobachtet man das rechts dargestellte Interferenzbild.

b)Zeige, dass der Abstand eines Maximums 2. Ordnung vom Maximum 0. Ordnung auf dem Phosphorschirm \(x_2 = 0{,}29\,\rm{mm}\) beträgt, wenn dieser in einem Abstand von \(80\,\rm{cm}\) von der Doppelspaltebene positioniert ist.

Bestimme näherungsweise die tatsächliche Breite \(B\) des vergrößert abgebildeten Phosphorschirms. (8 BE)

c)Nun soll in einem weiteren Experiment mittels einer Messvorrichtung untersucht werden, welchen der beiden Spalte ein Elektron jeweils passiert.

Beschreibe kurz, welche Auswirkung diese Messung auf die Intensitätsverteilung auf dem Schirm hat. (4 BE)

d)Der Physiker Richard P. FEYNMAN sagte 1963: „Historically, the electron, for example, was thought to behave like a particle, and then it was found that in many respects it behaved like a wave. So it really behaves like neither. Now we have given up. We say: It is like neither.”1 [neither: „keines von beiden”]

Erläutere dieses Zitat unter Bezugnahme auf das Doppelspaltexperiment. (5 BE)

1 FEYNMAN, Richard P. 2010: The Feynman Lectures on Physics, Vol. III. www.feynmanlectures.caltech.edu/III_01.html, aufgerufen am 18.01.2017

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayr. Kultusministeriums.

a)Da die kinetische Energie sehr viel kleiner als die Ruheenergie des Elektrons ist, darf man nichtrelativistisch rechnen. Man erhält\[{E_{{\rm{kin}}}} = \frac{1}{2} \cdot {m_{\rm{e}}} \cdot v_{\rm{e}}^2 \Rightarrow {v_{\rm{e}}} = \sqrt {\frac{{2 \cdot {E_{{\rm{kin}}}}}}{{{m_{\rm{e}}}}}} \Rightarrow {v_{\rm{e}}} = \sqrt {\frac{{2 \cdot 0{,}60 \cdot 1{0^3} \cdot 1{,}60 \cdot {{10}^{ - 19}}\,{\rm{As}} \cdot {\rm{V}}}}{{9{,}11 \cdot {{10}^{ - 31}}\,{\rm{kg}}}}} = 1{,}45 \cdot {10^7}\,\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\]Für die de-BROGLIE-Wellenlänge (Materiewellenlänge) gilt\[\lambda = \frac{h}{{m \cdot v}} \Rightarrow \lambda = \frac{{6{,}63 \cdot {{10}^{ - 34}}\,{\rm{J}} \cdot {\rm{s}}}}{{9{,}11 \cdot {10^{ - 31}}\,{\rm{kg}} \cdot 1{,}45 \cdot {10^7}\,\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}} = 5{,}0 \cdot {10^{ - 11}}\,{\rm{m}}\]

Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Skizze

b)Für das Maximum zweiter Ordnung gilt\[b \cdot \sin \left( \alpha \right) = 2 \cdot \lambda \Leftrightarrow \sin \left( \alpha \right) = \frac{{2 \cdot \lambda }}{b} \quad(1)\]Außerdem gilt\[\tan \left( \alpha \right) = \frac{{{x_2}}}{a}\quad(2)\]Für kleine Winkelweiten gilt näherungsweise \(\sin \left( \alpha \right) \approx \tan \left( \alpha \right)\). Man kann daher die rechten Seiten von \((1)\) und \((2)\) gleichsetzen. Somit ergibt sich\[\frac{{{x_2}}}{a} = \frac{{2 \cdot \lambda }}{b} \Leftrightarrow {x_2} = a \cdot \frac{{2 \cdot \lambda }}{b} \Rightarrow {x_2} = 0{,}80\,{\rm{m}} \cdot \frac{{2 \cdot 50 \cdot {{10}^{ - 12}}\,{\rm{m}}}}{{272 \cdot {{10}^{ - 9}}\,{\rm{m}}}} = 0{,}29 \cdot {10^{ - 3}}\,{\rm{m}}\]Abschätzung der Breite \(B\) des Schirms: Aus der Abbildung entnimmt man (je nach Abbildungsgröße) \(B' \approx 55\,{\rm{mm}}\) und \(2 \cdot {x'_2} \approx 40\,{\rm{mm}}\). Für die echte Breite des Schirms gilt dann die Beziehung\[\frac{B}{{B'}} = \frac{{2 \cdot {x_2}}}{{2 \cdot {{x'}_2}}} \Leftrightarrow B = B' \cdot \frac{{2 \cdot {x_2}}}{{2 \cdot {{x'}_2}}} \Rightarrow B = 55\,{\rm{mm}} \cdot \frac{{2 \cdot 0{,}29\,{\rm{mm}}}}{{40\,{\rm{mm}}}} = 0{,}80\,{\rm{mm}}\]

Joachim Herz Stiftung
Abb. 3

c)Ein Experiment, welches eine Wegentscheidung für das Elektron zulässt, wird nicht das abgebildete Interferenzmuster zeigen, sondern die Überlagerung der Intensitätsverteilungen bei jeweils nur einem geöffneten Spalt.

Hinweis (war nicht verlangt): Die Entscheidung, welchen der beiden Spalte das Elektron passiert hat, könnte durch einen sehr kurzwelligen Lichtblitz erfolgen, der von der Lichtquelle ausgeht und bei A registriert wird (vgl. Skizze aus dem Buch von Feynman). Durch diese „Wegentscheidung“ würde aber das ursprüngliche – ohne Lichtquelle - vorhandene Interferenzbild zerstört.

d)Das Elektron verhält sich in manchen Situationen wie ein (klassisches) Teilchen (Beispiel: Auftreffen von stets einzelnen Elektronen auf einem Schirm - TALOR-Experiment mit extrem schwachem Elektronenstrahl).

Andererseits zeigen Elektronen Wellencharakter (Beispiel: Interferenz am Doppelspalt).

Nach FEYNMANs Meinung ist aber das Elektron weder ein klassisches Teilchen noch eine Welle, sondern etwas ganz anderes, was die Physiker als „Quantenobjekt“ bezeichnen. Für die Beschreibung von Mikroobjekten versagen also die Modelle, die wir aus unserer „Makrowelt“ entnehmen.

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