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Geschichte

Fernrohr-Geschichte

Die gegenseitige Befruchtung von Technik und Physik wird am Beispiel der Teleskope besonders deutlich. Die technischen Fortschritte bei der Herstellung von reinen, schlierenfreien Gläsern und die hochausgebildete Kunst der Glasbearbeitung (Schleifen, Polieren usw.) machten den Bau zunehmend leistungsfähiger Linsensysteme möglich. Der Blick durch das Fernrohr führte und führt die Wissenschaftler zu immer neuen Ansichten über den Aufbau unserer Welt.

Aus physikalischer Sicht sollen zwei wesentliche Eigenschaften aller Fernrohre hier vorweg herausgestellt werden:

  • Vergrößerung: Durch geeignete Linsensysteme wird der Winkel unter dem wir das zu beobachtende Objekt wahrnehmen vergrößert.
  • Empfindlichkeitssteigerung: Der Durchmesser der Linse, in die das Licht eintritt (Objektiv) ist größer als die Eintrittsöffnung unseres Auges. Dadurch wird mehr Licht vom Objekt aufgenommen. Das Fernrohr erhöht also die Empfindlichkeit des Nachweises.
     

Das holländische oder galileiische Fernrohr

Die ersten Hinweise auf Mikroskope und Fernrohre stammen aus den Niederlanden (ca. 1600 n. Chr.). Dem Mikroskop wurde anfangs wenig Bedeutung zugemessen, während der Nutzen des Fernrohres für Seefahrt und Astronomie schnell erkannt wurde.
Im Jahre 1609 baute Galilei in Padua ein holländisches Fernrohr nach und machte eine Reihe astronomischer Beobachtungen, welche nahelegten, dass nicht die Erde sondern die Sonne im Zentrum unseres Systems steht. Diese neue Vorstellung des Aufbaues unserer Welt wurde vorher schon von anderen Gelehrten (z. B. Kopernikus) postuliert, Galilei lieferte jedoch mit seinen Beobachtungen ganz handfeste Hinweise.

Galileis Fernrohr bestand aus einem Objektiv (plankonvexe Linse) mit ca. 900 mm Brennweite, das Okular war plankonkav und hatte eine Brennweite von ca. -50 mm. Die Vergrößerung des Fernrohres war also in einem Bereich von 15-20. Die von Galilei verwendeten Linsen hatten noch zahlreiche Lufteinschlüsse und waren nicht optimal geschliffen. Diese Nachteile konnten mit der Zeit verbessert werden. Ein grundsätzliches Problem des holländischen Fernrohres blieb jedoch bestehen: Das Gesichtsfeld dieses Fernrohrtyps ist relativ klein. So sah Galilei bei seinen Beobachtungen des Vollmondes nur ca. ein Viertel der vollen Scheibe.

Galileo GALILEI (1564 - 1642)
von Justus Sustermans [Public domain], via Wikimedia Commons

Das keplersche oder astronomische Fernrohr

Ein seinem Werk "Dioptrice" zeigte Kepler (1611), dass ein Fernrohr auch durch die Kombination zweier Sammellinsen aufzubauen ist (langbrennweitiges Objektiv; kurzbrennweitiges Okular). Die Kepler-Rohre haben gegenüber den Galilei-Rohren den Nachteil, dass die Bilder auf dem Kopf stehen (kein Nachteil in der Astronomie) und ihre Baulänge größer ist. Als Vorteile kann man die höhere Bildhelligkeit und das größere Gesichtsfeld nennen.

Johannes KEPLER (1571 - 1630)
unbekannter Autor [Public domain], via Wikimedia Commons

Da die Vergrößerung der Fernrohre mit der Objektivbrennweite steigt, versuchte man durch den Bau immer längerer Rohre Vorteile zu gewinnen. Um 1670 konstruierte Johannes Hevelius ein über 40m langes Rohr. In der Praxis hat es sich jedoch nicht sonderlich bewährt, da schon der leiseste Windstoß die Justierung veränderte.

Das Spiegelteleskop von Newton

Die Linsenfernrohre (man nennt sie auch Refraktoren) dieser Zeit hatten allesamt den Nachteil, dass das Bild eines Sterns stets von farbigen Kreisringen umgeben war. Newton erkannte dass dies von der unterschiedliche Brechung des verschiedenfarbigen Lichtes des Sterns in der Glaslinse verursacht wird. Bei der Reflexion an Spiegeln verhält sich verschiedenfarbiges Licht allerdings gleichartig. Daher ersetzte Newton (1672) die Konvexlinse des Objektivs durch einen Wölbspiegel, an dem ähnliche Abbildungsgleichungen gelten wie an der Linse. Newtons Spiegel hatte einen Durchmesser von ca. 40mm und war noch nicht perfekt geformt, aber die Farbfehler waren stark reduziert und die Baulänge des Teleskops deutlich geringer als die eines Kepler-Rohres.

Isaac NEWTON (1643 - 1727)
von Sir Godfrey Kneller [Public domain], via Wikimedia Commons

 

Im Jahre 1871 gelang Herschel mit einem Spiegel-Teleskop (Spiegeldurchmesser ca. 160 mm) die Entdeckung des Planeten Uranus.

Nebenstehendes Bild stammt vom Deutschen Museum in München.

Qualität und Größe wächst

Durch die Forschungen und technischen Entwicklungen des Joseph Fraunhofer aus München konnten einige Nachteile von Refraktoren beseitigt werden. Durch Linsenkombinationen aus verschiedenen Glassorten und ausgeklügelter Schleiftechnik gelang es die bisher störenden Farbfehler stark zu reduzieren. Mit einem auf Fraunhofer zurückgehenden Fernrohr konnte 1846 der Planet Neptun entdeckt werden.

Nebenstehendes Bild stammt vom Deutschen Museum in München.

Aber auch an der Entwicklung großer Spiegel wurde weiter fieberhaft gearbeitet. Eines der größten Spiegelteleskope wurde 1949 auf den Mt. Palomar in den USA eingerichtet. Der Durchmesser des Spiegels beträgt etwa 5000 mm. Mit ihm konnten Objekte im Universum registriert werden, die ca. 10 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind. Die Empfindlichkeit dieses Teleskops ist so hoch, dass es Objekte nachweisen kann, die so schwach strahlen, wie eine Kerzenflamme in 5000 km Entfernung.
Um Empfangsstörungen durch erwärmte oder verschmutzte Luft zu vermeiden, aber auch um fern von irdischen Lichtquellen zu sein (deren Licht stört bei der Beobachtung), baut man die großen Teleskope meist in größeren Höhen auf.

Im Jahre 1990 transportierte ein Space-Shuttle das Hubble-Space-Teleskop mit einem Spiegel von 2400 mm Durchmesser in eine Erdumlaufbahn. Mit diesem Weltraumteleskop konnten bisher noch nicht gekannte Galaxien entdeckt werden.

Trotz der großen Erfolge der Weltraumteleskope liegt ein großer Forschungsschwerpunkt in der Entwicklung von sehr großen und untereinander vernetzten Teleskopen auf der Erde.
Von der europäischen Südsternwarte ESO in Garching bei München wurde das "Very Large Telescope" entwickelt. Es besteht aus vier Spiegeln von fast je 10000 mm Durchmesser. Die Spiegel lassen sich untereinander elektronisch koppeln, so dass hiermit ein Riesenteleskop entsteht, mit dem man wiederum völlig neue Ansichten über die Entstehungsgeschichte unseres Alls erlangen wird.

Die ESO plant für ca. 2015 den Bau eines "Überwältigend großen Teleskops". Es soll einen Spiegeldurchmesser von hundert Metern haben und fast die Ausmaße der Cheops-Pyramide erreichen. Mit ihm sollen extrem lichtschwache Objekte gesehen werden können, die kurz nach dem "Urknall" entstanden sind.

Mit den ersten Fernrohren gelang es, das heliozentrische Weltbild zu festigen. Mit den heutigen Teleskopen, die nicht nur im sichtbaren Bereich arbeiten, stößt man an die Grenzen des Alls vor.