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Ausblick

Hebel am Menschen

Hinweis: Diese Seite wendet sich an Fortgeschrittene.

Meist betrachteten wir nur die Kräfte am Hebel außerhalb des Drehpunktes D. Nun wollen wir auch Auskunft über die Kraft im Drehlager. Dazu hängen wir einen Hebel im Drehpunkt an eine Federwaage.

Im Gleichgewicht sieht man, dass die Summe der nach unten ziehenden Kräfte gleich der im Drehpunkt nach oben ziehenden Kraft ist. Würde man nach unten ziehende Kräfte negativ zählen, nach oben ziehende Kräfte positiv, so könnte man auch sagen, dass im Gleichgewicht die Summe aller am Hebel angreifenden Kräfte Null sein muss.

Darüber hinaus muss im Gleichgewichtsfall auch die Summe der linksdrehenden Momente gleich der Summe der rechtsdrehenden Momente sein. Zählt man rechtdrehende Momente z.B. negativ, linksdrehende Momente positiv, so kann man sagen, dass im Gleichgewichtsfall die Summe aller Drehmomente Null ist.

Wir wollen diese Erkenntnis in den folgenden Aufgaben auf verschieden Körperteile anwenden, die man als Hebel auffassen kann.

Das Fußgelenk des Menschen - Belastung der Achillessehne

Der menschliche Fuß ist ziemlich kompliziert aufgebaut. Wir wollen ihn stark vereinfacht als einen um D drehbaren Hebel auffassen. An einem Ende dieses Hebels (an der Ferse) greift die Achillessehne (blau) an. Im Weiteren soll nun abgeschätzt werden, welche Kraft die Achillessehne aufbringen muss, damit eine Person (m = 70 kg) auf einem Fuß einen Zehenstand (Kontaktpunkt mit dem Boden B) machen kann.

  1. Welche Kraft FB übt die Person beim einbeinigen Zehenstand auf den Boden und umgekehrt der Boden auf den Fuß im Punkt B aus?

  2. Damit die Ferse nicht auf den Boden kommt, zieht der an der Achillessehne befestigte Wadenmuskel den Fuß um den Drehpunkt D nach oben und drückt dabei gleichzeitig den Unterschenkel zusätzlich zu seiner Gewichtskraft des Menschen nach unten gegen das Fußgelenk D. Die Kraft FS auf die Achillessehne kann man berechnen, wenn man den Fuß als zweiseitigen Hebel mit dem Drehpunkt D und der in B angreifenden Kraft FB betrachtet. Die nötigen Hebelarme sind der Zeichnung zu entnehmen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Distanz zwischen Ferse und Zehenspitze bei der Person a = 25 cm ist.

  3. Welche Kraft tritt bei dem Zehenstand im Punkt D (oberes Fußgelenk) auf?

  4. Warum wird die Belastung der Sehne geringer, wenn die Ferse möglichst weit vom Boden abhebt?

 

Kräfte bei der Kniebeuge am Knie

 

Betrachtet man das Kniegelenk als Drehpunkt, so greift auf der linken Seite des Hebels im Schwerpunkt SR,S von Rumpf und Oberschenkel die Gewichtskraft von Rumpf und Oberschenkel FR,S an. Sie beträgt ca. 85% der Gewichtskraft FG der Person.

  1. Die Patellasehne greift im Abstand ap vom Drehpunkt D an, der Hebelarm der Kraft FR,S ist aRS. Es gilt etwa aRS : ap ≈ 5. Berechne wie viel Prozent der Gewichtskraft FG die Kraft FP, die in der Patellasehne auftritt, ist.

  2. Wie viel Prozent der Gewichtskraft FG beträgt die Kraft im Kniegelenk?

 

Kräfte bei der Kniebeuge an der Hüfte

Betrachtet man das Hüftgelenk als Drehpunkt, so greift auf der linken Seite des Hebels im Punkt SH die Kraft FH an, auf der rechten Seite wirkt im Punkt SR die Gewichtskraft FR des Rumpfes. Es gelte a: aH = 1,5.

  1. Um welchen Faktor ist die Kraft FH, die in SH angreift, größer als FR?

  2. Die Gewichtskraft des Rumpfes ist ca. 70% der gesamten Gesichtskraft FG der Person. Wie viel Prozent der Gewichtskraft FG beträgt die Kraft FH,K im Hüftgelenk?

  3. Vergleiche die Belastung des Hüft- und Kniegelenkes bei der Kniebeuge und ziehe Folgerungen!

 

Kräfte auf die Wirbelsäule

Hinweis: Dieser Abschnitt stammt von Giuseppe Colicchia, Andrea Künzl und Prof. Hartmut Wiesner, LMU München

Im Laufe seiner Evolution hat sich der Mensch zu einem aufrecht gehenden Wesen entwickelt. Die ausschließliche Nutzung der Beine als Träger des Oberkörper und als Fortbewegungsmittel befreite die Arme von diesen Aufgaben. Diese Aufrichtung bedeutet wegen der Schwerkraft eine erhöhte mechanische Beanspruchung der Wirbelsäule, die als zentrale Achse den Oberkörper in Zusammenarbeit mit Muskeln und Nerven senkrecht halten muss.

Außerdem muss der Rücken alle Lasten, die wir heben oder stemmen, tragen. Das falsche Hantieren mit schweren Lasten, welches große mechanische Belastungen für den Körper mit sich bringt, sowie eine ständig falsch eingenommene Haltung können Änderungen bzw. Erkrankungen an der Wirbelsäule bewirken. Das kommt insbesondere bei Menschen vor, die schwach ausgeprägte Muskeln besitzen. Diese richten die Wirbelsäule nicht so auf, dass sie wenig und vorwiegend in der Längsachse belastet wird. Die Folge sind angespannte Muskeln und große Beanspruchungen auf Biegung, die zu Schmerzen und degenerierenden Erscheinungen in den Gelenken führen können. Einförmige Bewegungsabläufe, starre Haltungen, lang andauerndes Sitzen bei zunehmend forderndem Arbeitstempo, das Laufen auf asphaltierten Straßen usw. belasten die Wirbelsäule.

Bei einer normalgewichtigen Person mögen die folgenden Daten gelten: Gewichtskraft des Oberkörpers: Fp = 400 N; Abstand der Rückenmuskeln von der Wirbelsäule: 5 cm; Abstand des Schwerpunktes von der Wirbelsäule: 3 cm.

  

Damit die Person ihren Oberkörper im Gleichgewicht halten kann, muss das rechtsdrehende Moment, welches von der Gewichtskraft des Oberkörpers bewirkt wird und das linksdrehenden Moment, welches durch die Muskulatur zustande kommt, gleich groß sein. Hieraus lässt sich die notwendige Muskelkraft Fm und die Kraft FLW, welche die Lendenwirbelsäule belastet, berechnen:
\[\begin{array}{l}{F_m} \cdot {a_m} = {F_p} \cdot {a_p} \Rightarrow {F_m} = {F_p} \cdot \frac{{{a_p}}}{{{a_m}}} \Rightarrow {F_m} = 400 \cdot \frac{3}{5}\,\rm{N} = 240\,\rm{N}\\{F_{LW}} = {F_p} + {F_m} \Rightarrow {F_{LW}} = 400\,\rm{N} + 240\,\rm{N} = 640\,\rm{N}\end{array}\]