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Ausblick

Erklärung der Gezeiten

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Abb. 1 Steigen und Fallen der Meeresoberfläche aus Sicht eines Beobachters am Strand

Zur genaueren Untersuchung der Gezeiten begeben wir uns auf den schönen Inselstaat São Tomé und Príncipe, der westlich der afrikanischen Küste liegt.  Dies hat zwei Gründe: Auf einer Insel kann man die Gezeiten besonders gut beobachten, und der südliche Strand der Hauptinsel São Tomé (markiert durch das rote Kreuz) liegt genau auf dem Äquator; und von diesem Strand aus betrachten wir als Beobachter (markiert durch den grünen Punkt) den Wasserstand des Antlantiks.

Zu Beginn unserer Beobachtung ist der Wasserstand niedrig; diese Situation nennt man Niedrigwasser. Nun steigt der Wasserstand langsam an, wir haben Flut. Das Wasser erreicht den Mittleren Wasserstand (markiert durch die dunkelblau Linie), steigt höher und erreicht den höchten Wert: es herrscht Hochwasser. Aber der Wasserstand sinkt bald wieder, wir haben Ebbe. Nach erneutem Durchlaufen des Mittleren Wasserstandes erreicht der Wasserstand schließlich wieder den niedrigsten Stand und der gesamte Vorgang, den man Gezeiten oder Tiden nennt, beginnt von Neuem.

Aufgabe

Beobachte in der Animation, welche Zeitspanne zwischen zwei Hoch- bzw. zwei Niedrigwassern vergeht.

Stelle eine Vermutung darüber auf, mit welcher astronomischen Zeitspanne diese beobachtete Zeitspanne (ungefähr) in Zusammenhang stehen könnte.

Lösung

Die Zeitspanne zwischen zwei zwei Hoch- bzw. zwei Niedrigwassern beträgt etwas mehr als \(12\rm{h}\). Dies ist ungefähr die Hälfte von \(24\rm{h}\), der Dauer eines Tages.

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Abb. 2 Drehung der Wellentäler und -berge der Meeresoberfläche

Nach dieser Beobachtung stellen sich natürlich sofort mindestens zwei Fragen: Woher kommen dieser Wasserberg bzw. dieses Wassertal, und welche Ursache hat die Regelmäßigkeit von ungefähr einem halben Tag, mit der sich der Vorgang der Gezeiten wiederholt?

Um diese Fragen zu beantworten müssen wir São Tomé und Príncipe leider verlassen; aber wir behalten unseren Strand (weiter markiert durch das rote Kreuz) im Auge. Wir reisen zum Nordpol (markiert durch den grünen Punkt), bauen uns dort gedanklich einen hohen Turm, besteigen diesen und blicken von der Turmspitze aus zwar auch weiter zum Strand von São Tomé (jetzt sieht man auch links vom roten Kreuz die Westküste von Afrika und rechts den Atlantik), haben aber auch den Rest der Erde im Auge.

Und was sehen wir? Es gibt nicht nur einen Wasserberg bzw. ein Wassertal, sondern davon jeweils zwei, die sich genau gegenüber liegen. Wenn also auf São Tomé Hochwasser ist, dann hat der Ort auf genau der anderen Seite der Erde (so denn dort das Meer ist) ebenfalls Hochwasser, und zwei andere Orte, die sich ebenfalls gegenüberliegen, aber um \(90^0\) gegenüber São Tomé versetzt sind, haben zu diesem Zeitpunkt Niedrigwasser (wieder natürlich nur dann, wenn dort Meer ist).

Aufgabe

Beobachte in der Animation, welche Zeitspanne vergeht, bis der gleiche Wasserberg bzw. das gleiche Wassertal den Strand von São Tomé erreicht.

Stelle wieder eine Vermutung darüber auf, mit welcher astronomischen Zeitspanne diese beobachtete Zeitspanne (ungefähr) in Zusammenhang stehen könnte.

Lösung

Die Zeitspanne, bis der gleiche Wasserberg bzw. das gleiche Wassertal den Strand von São Tomé erreicht, beträgt ungefähr \(24\rm{h}\), die Dauer eines Tages.

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Abb. 3 Eigendrehung der Erde sowie die Drehung der Wellentäler und -berge der Meeresoberfläche

Die Zeitspanne von ungefähr einem Tag deutet darauf hin, dass die Bewegung der zwei Wasserberge bzw. -täler mit der Drehung der Erde, die ja einen Tag dauert, zu tun hat. Es stellen sich dann natürlich sofort wieder zwei ähnliche Fragen wie oben: Woher kommen die beiden Wasserberge bzw. -täler, und welche Ursache hat diese Regelmäßigkeit von ungefähr einem Tag, mit der der gleiche Wasserberg bzw. das gleiche Wassertal einen Ort erreicht?

Um diese neuen Fragen zu beantworten behalten wir unseren Beobachtungspunkt am Nordpol (weiter markiert durch den grünen Punkt) bei, ändern aber die Konstruktion unseres Turms. Wir stellen ihn auf Rollen oder ein Luftkissen, so dass der Turm gemeinsam mit uns als Beobachtern seine einmal gewählte Ausrichtung beibehält. Nun kann sich alles andere, wenn es sich denn dreht, unter dem Turm hinwegdrehen. Wir stellen uns also wieder auf die Turmspitze, richten unseren Blick zum Strand von São Tomé (weiter markiert durch das rote Kreuz) und beobachten. 

Was sehen wir jetzt? Zum einen dreht sich die gesamte Erde gegen den Uhrzeigersinn unter dem Turm hinweg. Gleichzeitig bleiben die Wasserberge und -täler fast stehen, so dass sich die Erde unter dem Wasser her bewegt: es kommen also nicht die Wasserberge und -täler zum Strand von  São Tomé, sondern São Tomé bewegt sich unter den Wasserbergen und -tälern hindurch.

Beobachtet man noch etwas länger so kann man weiter erkennen, dass sich auch die Wasserberge und -täler bewegen, und zwar ebenfalls gegen den Uhrzeigersinn, aber viel langsamer als die Erde.

Aufgabe

Beobachte in der Animation, welche Zeitspanne vergeht, bis sich die Erde einmal ganz unter dem Turm hinweg gedreht hat.

Beobachte in der Animation weiter, welche Zeitspanne vergeht, bis sich die Wasserberge und -täler einmal ganz unter dem Turm hinweg gedreht haben.

Stelle wieder eine Vermutung darüber auf, mit welcher astronomischen Zeitspanne die zweite beobachtete Zeitspanne (ungefähr) in Zusammenhang stehen könnte.

Lösung

Die Zeitspanne, die die Erde für eine Drehung unter dem Turm benötigt beträgt \(24\rm{h}\), die Dauer eines Tages.

Die Zeitspanne, die die Wasserberge und -täler für eine Drehung unter dem Turm benötigt beträgt ungefähr \(27\rm{d}\); dies ist ungefähr die Dauer eines Mondzyklus' von z.B. Neumond bis Neumond.

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Abb. 4 Eigendrehung der Erde, Drehung der Wellentäler und -berge der Meeresoberfläche sowie Kreisbewegung des Mondes um die Erde.

Die Zeitspanne von ungefähr \(27\rm{d}\) stimmt sehr gut mit der Umlaufzeit des Mondes um die Erde überein. Um unsere Vermutung zu bestätigen bauen wir gedanklich unseren Turm so hoch, dass wir nicht mehr nur die Erde, sondern auch den Mond im Blick haben und beobachten das Geschehen erneut. Die Geschwindigkeit der Animation ist aus praktischen Gründen zehn Mal so groß wie bisher, die Markierungen für São Tomé und den Beobachter sind aber weiterhin zu erkennen.

Aufgabe

Beobachte in der schnelleren Animation noch einmal, welche Zeitspanne vergeht, bis sich die Wasserberge und -täler einmal unter dem Turm hinweg gedreht haben.

Beobachte weiter, in welcher Zeitspanne sich der Mond einmal um den Turm dreht.

Beobachte schließlich den Zusammenhang zwischen der Stellung des Mondes und der Lage der Wasserberge und -täler.

Stelle eine Vermutung darüber auf, wodurch einer der beiden Wasserberge verursacht werden könnte.

Lösung

Die Zeitspanne, die die Wasserberge und -täler für eine Drehung unter dem Turm benötigen, ist genau so groß wie die Zeitspanne, die der Mond für einen Umlauf benötigt, nämlich ungefähr \(27\rm{d}\), die Zeitspanne für einen Mondumlauf.

Der eine Wasserberg ist immer genau zum Mond hin ausgerichtet, der andere Wasserberg dagegen befindet sich genau auf der gegenüberliegenden Seite der Erde. Es kann vermutet werden, dass der dem Mond zugewandte Wasserberg durch die Gravitationskraft des Mondes auf das Wasser im Meer entsteht.

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Abb. 5 Kreisbewegung der Erde um einen Drehpunkt auf der Erdbahn sowie Drehung der Wellentäler und -berge der Meeresoberfläche

Aus den gleichen Zeitspannen und der Lage des einen Wasserberges, der stets zum Mond hin gerichtet ist, lässt sich schließen, dass dieser durch die Gravitationskraft zwischen Mond und Wasser verursacht wird. Dies werden wir in einer späteren Animation noch einmal genauer sehen können. Wie aber der diesem Wasserberg gegenüberliegende entsteht bleibt unklar und fordert die nächste Frage heraus: Wodurch entsteht der zweite Wasserberg, der dem Mond gegenüberliegt?

Um diese Fragen zu beantworten müssen wir sogar unseren gedanklichen Turm verlassen und uns in's Weltall begeben. Bekanntlich bewegt sich die Erde auf einer fast kreisförmigen Bahn (durch die grüne Linie markiert) um die Sonne herum. Wir nehmen nun unseren Beobachterposten (wieder durch den grünen Punkt markiert) genau oberhalb dieser Bahn ein und bewegen uns gemeinsam mit der Erde um die Sonne herum.

Wir bemerken nun aber etwas höchst Merkwürdiges: der Nordpol der Erde (durch den weißen Punkt markiert) befindet sich nicht mehr genau fest unter uns, sondern bewegt sich langsam um unseren Beobachterstandpunkt herum - die Erde bewegt sich gar nicht so schön gleichförmig auf ihrer Bahn um die Sonne, sondern sie "eiert" um einen sich bewegenden Punkt auf der Bahn - unseren Beobachtungspunkt - herum.

Aufgabe

Beobachte in der Animation, auf welcher Bahn sich der Erdmittelpunkt um den Beobachtungspunkt herum bewegt.

Beobachte in der Animation, in welcher Zeitspanne sich der Erdmittelpunkt um den Beobachtungspunkt herum bewegt.

Stelle wieder eine Vermutung darüber auf, mit welcher astronomischen Zeitspanne diese beobachtete Zeitspanne (ungefähr) in Zusammenhang stehen könnte.

Lösung

Der Erdmittelpunkt bewegt sich auf einer Kreisbahn um den Beobachtungspunkt herum; er benötigt dafür eine Zeitspanne von ungefähr \(27\rm{d}\), der Zeitspanne für einen Mondumlauf.

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Abb. 6 Kreisbewegung von Erde und Mond um das gemeinsame Baryzentrum sowie Drehung der Wellentäler und -berge der Meeresoberfläche

Die Zeitspanne von ungefähr \(27\rm{d}\), der Zeitspanne für einen Mondumlauf, deutet darauf hin, dass die Bewegung des Erdmittelpunktes um den Beobachtungspunkt mit der Bewegung des Mondes zusammenhängt.

Um diese Vermutung zu bestätigen müssen wir uns von unserem Beobachterposten im Weltall noch ein Stück weiter von der Erde weg entfernen, um wieder die Bewegung des Mondes mit im Blick zu haben.

Und wirklich: genau wie der Erdmittelpunkt dreht sich auch der Mond um den Beobachtungspunkt herum. Erdmittelpunkt und Mond drehen sich beide um einen gemeinsamen Punkt herum, der Baryzentrum heißt. Dieser Punkt liegt auf der Verbindungslinie von Erdmittelpunkt und Mondmittelpunkt, und zwar innerhalb des Erdmantels, \(4700\rm{km}\) vom Erdmittelpunkt entfernt in Richtung des Mondes, bzw. etwa \(1700\rm{km}\) unter der Erdoberfläche.

Aufgabe

Beobachte in der Animation die Bewegung des vom Mond abgewandten Wasserberges um das Baryzentrum herum und gib an, um welche Bahn es sich hierbei ungefähr handeln könnte.

Stelle eine Vermutung darüber auf, durch welchen physikalischen Vorgang dieser dem Mond abgewandte Wasserberg entstehen könnte.

Lösung

Der Wellenberg bewegt sich auf einer Kreisbahn um das Baryzentrum herum. Bei dieser Kreisbewegung könnten auf das Wasser im Meer Fliehkräfte auftreten, durch die den dieser zweite Wellenberg entstehen könnte.

Wir fassen zusammen: Auf der Erde gibt es zwei Wasserberge (und damit verbunden zwei Wassertäler), die sich im Laufe von ungefähr 27 Tagen einmal um die Erde herumdrehen. Der eine Wasserberg befindet sich auf der dem Mond zugewandten Seite, der andere auf der dem Mond abgewandten Seite. Die Erde selbst dreht sich unter diesen beiden Wasserbergen (bzw. -tälern) in 24 Stunden einmal um ihre Achse hindurch, so dass an jedem im oder am Meer liegenden Ort der Erde zweimal am Tag ein Wasserberg und zweimal am Tag ein Wassertal zu beobachten ist.

Da wir uns im Folgenden genauer mit der Entstehung der beiden Wasserberge beschäftigen wollen, lassen wir in den folgenden drei Animationen die Eigendrehung der Erde außer Acht.

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Abb. 7 Ursache, Richtung und Stärke der Gravitationskräfte auf das Meerwasser an ausgesuchten Punkten der Erde

Die Ursache für die beiden Wasserberge (und damit verbunden die beiden Wassertäler) liegt zum einen in der Gravitationskraft des Mondes auf die Erde. So wie die Erde den Mond anzieht und ihn auf seiner Kreisbahn hält, so zieht auch der Mond die Erde an und zwingt auch diese zu einer Kreisbewegung. Beide Kreisbewegungen verlaufen um das sogenannte Baryzentrum (markiert durch den grünen Punkt) als Mittelpunkt.

Die Gravitationskraft des Mondes wirkt nicht - wie im Modell der Punktmassen häufig genutzt - nur auf den Mittelpunkt der Erde, sondern selbstverständlich an allen Orten der Erde; in der Animation sind der Erdmittelpunkt (markiert durch den weißen Punkt) und 8 weitere, auf der Erdoberfläche verteilte Orte (markiert durch die blauen Punkte) herausgehoben. Die Gravitationskraft (markiert durch violette Pfeile) ist dabei selbstverständlich an allen Orten stets zum Mittelpunkt des Mondes gerichtet. Da diese Orte aber vom Mond unterschiedlich weit entfernt sind, ist die Stärke der Gravitationskraft verschieden: sie ist (vgl. das Gravitationsgesetz mit dem \(\frac{1}{{{r^2}}}\) - Verlauf) an der dem Mond zugewandten Seite der Erde am größten (\(r\) am kleinsten) und an der dem Mond abgewandten Seite am kleinsten (\(r\) am größten).

Hiermit wird nun die Entstehung des dem Mond zugewandten Wasserberges deutlich: die Gravitationskraft des Mondes zieht das Wasser auf der dem Mond zugewandten Seite von der Erde weg - es entsteht ein Wasserberg; da dieses Wasser von irgendwoher kommen muss, entstehen gleichzeitig zwei Wassertäler (vgl. aber den Hinweis am Ende der Seite).

Auf der dem Mond abgewandten Seite aber zieht die Gravitationskraft das Wasser zur Erde hin - hierdurch kann kein Wasserberg entstehen, dieser muss eine andere Ursache haben ...

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Abb. 8 Ursache, Richtung und Stärke der Zentrifugalkräfte auf das Meerwasser an ausgesuchten Punkten der Erde

... nämlich die Kreisbewegung der Erde um das Baryzentrum. Beobachtet man nämlich die Bewegung von Erdmittelpunkt (markiert durch den weißen Punkt) und den 8 herausgehobenen Punkten (markiert durch die blauen Punkte), so kann man erkennen, dass sich jeder dieser Punkte auf einer eigenen kleinen Kreisbahn bewegt (wir haben der Übersichtlichkeit halber nur 5 der 9 Kreisbahnen durch graue Linien markiert).

Auf das Wasser, das sich an diesen Orten befindet, wirken nun (im Bezugssystem des sich drehenden Ortes) Zentrifugalkräfte (markiert durch rote Pfeile), die stets vom Zentrum der Kreisbewegung weg, also nach außen hin und damit vom Mond weg gerichtet sind. Da sich alle Orte mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit bewegen, sind auch die Zentrifugalkräfte an allen Orten gleich groß.

Damit haben wir die mögliche Ursache für den zweiten Wasserberg auf der dem Mond abgewandten Seite gefunden: durch die vom Mond weg gerichtete Zentrifugalkraft wird auf der dem Mond abgewandten Seite das Wasser von der Erde weg gezogen - es könnte dadurch ein zweiter Wasserberg entstehen.

Wer bis hierhin gut aufgepasst hat wird aber sofort die alles entscheidende Frage stellen:

Auf der dem Mond zugewandten Seite zieht die Gravitationskraft das Wasser zwar von der Erde weg, doch die Zentrifugalkraft zieht es zur Erde hin. Und auf der dem Mond abgewandten Seite zieht zwar die Zentrifugalkraft das Wasser von der Erde weg, aber die Gravitationskraft das Wasser zur Erde hin. Entscheidend ist doch schließlich, welche der Kräfte jeweils überwiegen - und das betrachten wir schließlich in der letzten Animation.

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Abb. 9 Zusammenwirken von Gravitations- und Zentrifugalkräften auf das Meerwasser an ausgesuchten Punkten der Erde

In der letzten Animation sind nun beide Kräfte gleichzeitig dargestellt: die Gravitationskraft (markiert durch violette Pfeile), die Zentrifugalkraft (markiert durch rote Pfeile) und die durch Kräfteaddition bestimmt resultierende Gesamtkraft (markiert durch blaue Pfeile).

Wie man erkennen kann sind im Erdmittelpunkt (markiert durch den weißen Punkt) die Gravitationskraft und Zentrifugalkraft genau gleich groß und entgegengesetzt gerichtet - die beiden Kräfte heben sich auf, die resultierende Gesamtkraft ist Null.

Auf der dem Mond zugewandten Seite sind die Gravitationskraft und Zentrifugalkraft wieder fast entgegengesetzt gerichtet, aber die Gravitationskraft ist stärker als die Zentrifugalkraft. Die resultierende Gesamtkraft ist damit zum Mond hin und damit von der Erde weg gerichtet und zieht das Wasser von der Erde weg - es entsteht der dem Mond zugewandte Wasserberg.

Auf der dem Mond abgewandten Seite dagegen sind zwar die Gravitationskraft und Zentrifugalkraft wieder fast entgegengesetzt gerichtet, aber hier ist die Zentrifugalkraft stärker als die Gravitationskraft. Die resultierende Gesamtkraft ist damit vom Mond und von der Erde weg gerichtet und zieht das Wasser ebenfalls von der Erde weg - es entsteht der dem Mond abgewandte zweite Wasserberg.

Die genauen Rechnungen zu den Größenverhältnissen von Gravitations- und Zentrifugalkraft an den unterschiedlichen Orten auf der Erde führen wir im Thema Gezeiten quantitativ durch.

Hinweise
  • Um die Auswirkungen der Gezeitenkräfte auf die Wasserhülle der Erde darzustellen, nehmen wir vereinfachend an, dass die Erdoberfläche komplett und nicht nur zu \(71\%\) mit Wasser bedeckt ist. Die Landmassen auf der Erde, die unterschiedlichen Wassertiefen in den Ozeanen, die Eigendrehung der Erde und weitere Faktoren beeinflussen die Gezeiten sehr stark, so dass die Wirkung der Gezeiten auf die Wasserhülle an unterschiedlichen Orten der Erde stark von der Idealisierung abweicht.
  • Die Größenverhältnisse in den Animationen, insbesondere der Abstand von Erde und Mond im Vergleich zu deren Durchmessern, stimmen nicht mit der Realität überein; der Mond ist relativ gesehen wesentlich weiter von der Erde entfernt. Dadurch bedingt geben die Kraftpfeile für die Gravitationskraft auch nur qualitativ die Stärken und Richtungen der Gravitationskraft an verschiedenen Orten auf der Erde an.
  • Die Gezeitenkräfte sind etwa zehnmillionenmal kleiner als die Erdanziehungskraft, weshalb die im mondfernsten und mondnächsten Punkt senkrecht auf der Erdoberfläche angreifenden Gezeitenkräfte die Ozeane kaum beeinflussen. Vielmehr sind die zur Erdoberfläche parallel wirkenden Komponenten der Gezeitenkräfte (siehe letzte Animation) für die Tiden verantwortlich. Sie wirken orthogonal zur Erdanziehung und erzeugen damit eine horizontale Fließbewegung des Ozeanwassers, wodurch der Tidenhub letztendlich entsteht.
  • Auf den Einfluss der Sonne auf die Gezeiten und andere Parameter, die die Gezeiten ebenfalls beeinflussen, wird hier nicht näher eingegangen; diesbezügliche Erläuterungen finden sich im zweiten Teil des folgenden Videos der BAW • Bundesanstalt für Wasserbau und bei Wikipedia unter dem Stichwort Gezeiten.