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Grundwissen

Haftreibung

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Haftreibung tritt auf, wenn ein Körper durch eine Kraft gegen einen anderen Körper gedrückt wird, der eine Körper relativ zu dem anderen Körper ruht und auf einen der Körper eine Zugkraft \(\vec F_{\rm{Z}}\) wirkt.
  • Bis zur maximalen Haftreibungskraft \(F_{\rm{HR,max}}\) sind Zugkraft und Haftreibungskraft gleich groß, aber entgegengesetzt gerichtet, sodass der Körper in Ruhe bleibt.
  • Für die maximale Haftreibungskraft gilt \({F_{\rm{HR,max}}} = \mu _{\rm{HR}} \cdot {F_{\rm{N}}}\), wobei \(\mu _{\rm{HR}}\) der Haftreibungskoeffizient ist.
Aufgaben Aufgaben

In der folgenden Simulation siehst du einen Klotz, der auf einer Unterlage ruht. Der Klotz kann z.B. eine Holzkiste auf einem Steinboden oder ein blockierender Autoreifen auf einer Straße sein. Du kannst links oben die Materialien der Oberflächen von Klotz und Unterlage auswählen. Dabei kommt es nicht darauf an, welcher Körper welche Oberfläche besitzt.

Gewichtskraft und Normalkraft

Das schwarze Kreuz in der Mitte des Klotzes markiert den Schwerpunkt des Klotzes. In diesem Schwerpunkt greifen zunächst zwei Kräfte an:

  • Die Gewichtskraft \(\vec F_{\rm{G}}\) des Klotzes. Durch die Gewichtskraft wird der Klotz auf die Unterlage gedrückt. Den Betrag \(F_{\rm{G}}\) der Gewichtskraft kannst du mit dem Schieberegler links verändern.
  • Die sogenannte Normalkraft \(\vec F_{\rm{N}}\). Die Normalkraft ist die Kraft, mit der die Unterlage "normal" (lateinisch norma „Maß“, im Sinne des rechten Winkels), d.h. senkrecht zur Oberfläche auf den Klotz wirkt. Die Normalkraft entsteht dadurch, dass sich die Unterlage durch die Gewichtskraft des Klotzes leicht nach unten verformt, was nach dem Gesetz von HOOKE eine Kraft nach oben verursacht. Dabei verformt sich die Unterlage gerade so weit, dass die Normalkraft den gleichen Betrag wie die Gewichtskraft hat. Somit kompensieren sich Gewichtskraft und Normalkraft und der Klotz ruht auf der Unterlage.

Zugkraft und Haftreibungskraft

Mit dem zweiten Schieberegler kannst du eine Zugkraft \(\vec F_{\rm{Z}}\) am Klotz angreifen lassen. In diesem Moment siehst du weitere Kräfte am Klotz angreifen:

  • Die eingestellte Zugkraft \(\vec F_{\rm{Z}}\). Durch die Zugkraft wird versucht, den Klotz nach rechts zu ziehen.
  • Die sogenannte Haftreibungskraft \(\vec F_{\rm{HR}}\). Sie entsteht dadurch, dass die Oberflächen der Materialien mit dem Mikroskop betrachtet niemals vollkommen glatt, sondern doch etwas rauh sind. Dadurch "verhaken" sich die Teilchen an den beiden Oberflächen miteinander. Dies zeigt sich dann makroskopisch als Kraft, die entgegen der Zugkraft wirkt und den Klotz daran hindert, sich in Bewegung zu setzen. Den Betrag \(F_{\rm{HR}}\) der Haftreibungskraft kannst du links in der Simulation ablesen.

Größe und Maximalwert der Haftreibungskraft

Der Betrag \(F_{\rm{HR}}\) der Haftreibungskraft ist bis zu einem bestimmten Wert genau so groß wie der Betrag \(F_{\rm{Z}}\) der Zugkraft. Da die beiden Kräfte entgegengesetzt gerichtet sind, kompensieren sich Haftreibungskraft \(\vec F_{\rm{HR}}\) und Zugkraft \(\vec F_{\rm{Z}}\). Der Klotz bleibt in Ruhe.

Wenn du die Zugkraft weiter vergrößerst, so wird die Zugkraft irgendwann so groß, dass sich der Klotz doch in Bewegung setzt. Dann ist der maximale Wert \(F_{\rm{HR,max}}\) der Haftreibungskraft erreicht. Ab diesem Moment liegt keine Haftreibung mehr vor, sondern Gleitreibung. Daher lassen wir die Zugkraft \(\vec F_{\rm{Z}}\) und die Haftreibungskraft \(\vec F_{\rm{HR}}\) aus der Simulation verschwinden.

Simulation zur Haftreibung

Materialien der Oberflächen
FG
FZ
FHR
HTML5-Canvas nicht unterstützt!
Abb. 1 Phänomen der Haftreibung. Es lassen sich verschiedene Oberflächenkombinationen sowie Beträge von Gewichts- und Zugkraft in gewissen Grenzen verändern

Beziehungen zwischen den Kräften

In der Simulation kannst du erkennen, sich der Betrag \(F_{\rm{HR,max}}\) der maximalen Haftreibungskraft ändert, wenn du den Betrag \(F_{\rm{N}}\) der Normalkraft oder die Materialien der Oberflächen änderst. Wenn du auf die kleine Checkbox links klickst, wird dir die Auswertung und das Ergebnis der Experimente zur Haftreibung angezeigt, die du unter dem Reiter "Versuche" findest.

Definition der Haftreibungskraft

Wenn

  • ein Körper durch eine Kraft gegen einen anderen Körper gedrückt wird,
  • der eine Körper relativ zu dem anderen Körper ruht und
  • auf einen der Körper eine Zugkraft \(\vec F_{\rm{Z}}\) wirkt,

dann wirkt auf diesen Körper eine Kraft, die sogenannte Haftreibungskraft \(\vec F_{\rm{HR}}\).

Die Simulation und entsprechende Experimente zeigen folgende Eigenschaften dieser Haftreibungskraft:

Eigenschaften der Haftreibungskraft

Für die Haftreibungskraft gilt:

  • Die Haftreibungskraft \(\vec F_{\rm{HR}}\) wirkt immer entgegen der Zugkraft \(\vec F_{\rm{Z}}\).
  • Der Betrag \(F_{\rm{HR}}\) der Haftreibungskraft ist bis zu einem bestimmten Wert genau so groß wie der Betrag \(F_{\rm{Z}}\) der Zugkraft.
  • Wird dieser Wert, der sogenannte Betrag \(F_{\rm{HR,max}}\) der maximalen Haftreibungskraft überschritten, setzt sich der Körper in Bewegung und wir sprechen nicht mehr von Haftreibung.
  • Der Betrag \(F_{\rm{HR,max}}\) der maximalen Haftreibungskraft verändert sich in Abhängigkeit vom Betrag \(F_{\rm{N}}\) der Normalkraft und den Materialien der Oberflächen.
  • Der Betrag der maximalen Haftreibungskraft ist aber - was in der Animation nicht dargestellt wird - unabhängig von der Größe der Kontaktfläche der beiden Körper.
Definition des Haftreibungskoeffizienten

Die Auswertung der entsprechender Experimente ergibt:

  • Der Betrag \(F_{\rm{HR,max}}\) der maximalen Haftreibungskraft ist proportional zum Betrag \(F_{\rm{N}}\) der Normalkraft.
  • Die Proportionalitätskonstante, die man mit dem Buchstaben \({\mu _{{\rm{HR}}}}\) (sprich "mü Haftreibung") bezeichnet und Haftreibungskoeffizient oder Haftreibungszahl nennt, hängt von den Materialien der Oberflächen der beiden Körper ab.

Kurz\[\color{Red}{F_{\rm{HR,max}}} = \mu _{\rm{HR}} \cdot \color{Blue}{F_{\rm{N}}} \quad(1)\]mit dem von den Materialien der Oberflächen abhängigen Haftreibungskoeffizienten \({\mu _{{\rm{HR}}}}\). Der Haftreibungskoeffizient hat keine Maßeinheit, man sagt er ist "dimensionslos". Die Haftreibungskoeffizienten für verschiedene Oberflächenmaterialien findest du z.B. bei Wikipedia.

Haftreibung in Aufgaben

  • In den meisten Aufgaben im Physikunterricht wird der Körper durch seine Gewichtskraft oder z.B. bei einer schiefen Ebene durch die Komponente der Gewichtskraft, die senkrecht zur Unterlage steht, gegen die Unterlage "gedrückt". Diese Kraft kann aber auch viel größer sein, wenn der Körper z.B. in einer Maschine stark auf die Unterlage gepresst wird.
  • Oftmals spricht man in Aufgaben einfach von "der Haftreibungskraft" oder "der Haftreibung", meint damit aber meistens die maximale Haftreibungskraft.
  • Auch wenn es erstaunlich klingt: Der Betrag der Haftreibungskraft unabhängig von der Größe der Kontaktfläche von Körper und Untergrund. Dies hängt mit den mikroskopischen Ursachen für die Haftreibungskraft zusammen und ist für Schülerinnen und Schüler oft schwierig nachzuvollziehen.
  • Der Begriff "Haftreibung" ist eigentlich schlecht gewählt, da die beiden Körper sich überhaupt nicht zueinander bewegen und deshalb nach unserem Alltagsverständnis auch nicht aneinander "reiben". Besser wäre die Benutzung des Begriffs "Haftwiderstand" oder "Haftkraft"; da die meisten Physikbücher aber den Begriff "Haftreibung" nutzen, schließen wir uns hier der allgemeinen Sprachregelung an.