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Aufgabe

Flüssigkeitspendel

Schwierigkeitsgrad: schwere Aufgabe

HTML5-Canvas nicht unterstützt!
Abb. 1 Bewegung eines Flüssigkeitspendels und einige Größen, die zur Beschreibung der Bewegung wichtig sind

Ein Flüssigkeitspendel, auch bekannt als schwingende Flüssigkeitssäule, ist im Allgemeinen ein U-Rohr, in dem eine anfangs aus der Gleichgewichtslage ausgelenkte Flüssigkeitssäule schwingt. Die Animation in Abb. 1 zeigt den prinzipiellen Aufbau, die Durchführung und die Beobachtung des entsprechenden Versuchs. Die Anfangsauslenkung der Flüssigkeitssäule verursacht man üblicherweise, indem man Luft in eine Öffnung des U-Rohres bläst.

Durch Wählen der Checkbox "Größen" in der Animation kannst du dir die wichtigsten Größen zur Beschreibung der Bewegung einblenden lassen.

In dieser Aufgabe sollst du schrittweise die Bewegung des Flüssigkeitspendels mathematisch auf Basis des 2. Axioms von NEWTON \(F=m \cdot a \Leftrightarrow a = \frac{F}{m}\; (*)\) beschreiben.

a)

Erläutere, warum sich aufgrund des gewählten Koordinatensystems für die Beschleunigung \(a\) in Gleichung \((*)\) \(a = \ddot y(t)\;(1)\) ergibt.

Drücke in Gleichung \((*)\) die beschleunigende Kraft \(F\) und die beschleunigte Masse \(m\) durch Größen aus, die in der Animation dargestellt sind. Die entstehende Gleichung sei Gleichung \((**)\).

b)

Wenn man beachtet, dass die Flüssigkeitssäule im U-Rohr einen Zylinder darstellt, so lassen sich die Größen \(m_{\rm{ges}}\) und \(m_{\rm{ü}}\) durch die Dichte \(\rho\) der Flüssigkeit, die Größe \(A\) der Querschnittsfläche des U-Rohrs,  die Länge \(L\) der gesamten Flüssigkeitssäule und die Länge \(2 \cdot y(t)\) der "überstehenden" Flüssigkeitsmenge ausdrücken.

Entwickle Terme für die Größen \(m_{\rm{ges}}\) und \(m_{\rm{ü}}\).

Ersetze in Gleichung \((**)\) die Größen \(m_{\rm{ges}}\) und \(m_{\rm{ü}}\) durch diese Terme.

Vereinfache die neue entstehende Gleichung. Die entstehende Gleichung sei Gleichung \((***)\)

c)

Begründe, dass das Flüssigkeitspendel harmonisch schwingt.

d)

Gleichung \((***)\) ist eine Differentialgleichung 2. Ordnung, die noch zwei Anfangsbedingungen zu ihrer kompletten Lösung erfordert.

Gib diese beiden Anfangsbedingungen an.

e)

Weise rechnerisch nach, dass die Zeit-Ort-Funktion \(y(t) = \hat y \cdot \cos \left( {\omega_0  \cdot t} \right)\) mit geeignet gewähltem \(\omega_0\) die Gleichung \((***)\) erfüllt.

Gib den geeigneten Term für \(\omega_0\) an.

Bestimme den Wert \(\hat y\) so, dass diese Zeit-Ort-Funktion auch die beiden Anfangsbedingungen erfüllt.

f)

Die Flüssigkeitssäule eines Flüssigkeitspendels habe die Länge \(50\,\rm{cm}\).

Berechne die Schwingungsdauer dieses Flüssigkeitspendels.

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Abb. 2 Lösung der Aufgabe im Erklärvideo

 

 

a)

In der Animation ist eine vertikal gerichtete Koordinatenachse (\(y\)-Achse) gezeigt, deren Nullpunkt in Höhe der Gleichgewichtslage des Flüssigkeitsspiegels liegt und die nach oben orientiert ist. Damit gilt für die Beschleunigung als 2. Ableitung des Ortes nach der Zeit \(a = \ddot y(t)\;(1)\).

Da die gesamte Flüssigkeitssäule schwingt, ist die beschleunigte Masse die Masse \(m_{\rm{ges}}\) dieser gesamten Flüssigkeitssäule (vgl. Animation). Sie bleibt während der Schwingung konstant. Damit gilt \(m = m_{\rm{ges}}\;(2)\).

Auf die gesamte Flüssigkeitssäule wirkt die Gewichtskraft \(\vec F_{\rm{G}}\) der Flüssigkeitsmenge, die sich jeweils oberhalb der Flüssigkeitsoberfläche auf der andern Seite des U-Rohres befindet (vgl. punktierte Linien in der Animation). Wir bezeichnen die Masse dieser Flüssigkeitsmenge mit \(m_{\rm{ü}}\), der Betrag der Gewichtskraft ist damit \(\left | F_{\rm{G}} \right | = m_{\rm{ü}} \cdot g\) (vgl. Animation).  Wie in der Animation zu erkennen ist, ist die Gewichtskraft \(\vec F_{\rm{G}}\) entgegengesetzt gerichtet zur Auslenkung \(y\). Wir erhalten also \(F=F_{\rm{G}} = -m_{\rm{ü}} \cdot g\;(3)\).

Somit ergibt sich aus Gleichung \((*)\) mit \((1)\), \((2)\) und \((3)\)\[\ddot y(t) = \frac{-m_{\rm{ü}} \cdot g}{m_{\rm{ges}}}\quad (**)\]

b)

Liegt die Flüssigkeitsoberfläche zum Zeitpunkt \(t\) z.B. links auf der Höhe \(y(t)\) (und damit rechts auf der Höhe \(-y(t)\)), dann ist die oberhalb der Flüssigkeitsoberfläche auf der rechten Seite liegende Flüssigkeit ein Zylinder mit der Höhe \(2 \cdot y(t)\). Für die Masse \(m_{\rm{ü}}\) gilt dann\[m_{\rm{ü}} = \rho  \cdot A \cdot 2 \cdot y(t) \quad (4)\]Hat die gesamte Flüssigkeitssäule (wieder ein Zylinder) die Länge \(L\), dann gilt für deren Masse \(m_{{\rm{ges}}}\)\[m_{{\rm{ges}}} = \rho  \cdot A \cdot L \quad (5)\]Setzen wir \((4)\) und \((5)\) in \((**)\) ein, so erhalten wir\[\begin{eqnarray}\ddot y(t) = -\frac{{\rho  \cdot A \cdot 2 \cdot y(t) \cdot g}}{{\rho  \cdot A \cdot L}} &=& -\frac{{2 \cdot g}}{L} \cdot y(t)\\\ddot y(t) + \frac{{2 \cdot g}}{L} \cdot y(t) &=& 0\quad (***)\end{eqnarray}\]Diese letzte Gleichung \((***)\) ist die Differentialgleichung zur Beschreibung des Flüssigkeitspendels 

c)

Für die Gewichtskraft \(\vec F_{\rm{G}}\) als rücktreibende Kraft gilt wegen der Gleichungen \((3)\) und \((4)\)\[F_{\rm{G}} = -m_{\rm{ü}} \cdot g = - \rho  \cdot A \cdot 2 \cdot y(t) \cdot g = - \rho  \cdot A \cdot 2 \cdot g \cdot y(t)\]Hieran sieht man, dass die rücktreibende Kraft \(\vec F_{\rm{G}}\) entgegengesetzt gerichtet und ihr Betrag proportional zur Auslenkung \(y(t)\) ist. Das bedeutet aber genau, dass die Schwingung harmonisch ist.

d)

Die Anfangsbedingungen lauten \(y(0) = {y_0}\) und \(\dot y(0) = 0\).

e)

Bestimmen wir die 2. Ableitung \(\ddot y(t) =  - \hat y \cdot {{\omega_0} ^2} \cdot \cos \left( {{\omega_0}  \cdot t} \right)\) der Zeit-Ort-Funktion und setzen \(y(t)\) und \(\ddot y(t)\) in Gleichung \((***)\) ein, so erhalten wir\[\begin{eqnarray} - \hat y \cdot {{\omega_0} ^2} \cdot \cos \left( {{\omega_0}  \cdot t} \right) + \frac{{2 \cdot g}}{L} \cdot \hat y \cdot \cos \left( {{\omega_0}  \cdot t} \right) &=& 0\\ - \hat y \cdot \cos \left( {{\omega_0}  \cdot t} \right) \cdot \left[ {{{\omega_0} ^2} - \frac{{2 \cdot g}}{L}} \right] &=& 0\end{eqnarray}\]Die linke Seite dieser Gleichung ist nur dann immer \(0\), wenn\[{{{\omega_0} ^2} - \frac{{2 \cdot g}}{L} = 0 \Rightarrow {\omega_0}  = \sqrt {\frac{{2 \cdot g}}{L}} }\]Weiter ergibt sich\[y(0) = {y_0} \Rightarrow \hat y \cdot \underbrace {\cos \left( {{\omega_0}  \cdot 0} \right)}_{ = \;1} = {y_0} \Rightarrow \hat y = {y_0}\]und mit \(\dot y(t) =  - \hat y \cdot v \cdot \sin \left( {{\omega_0}  \cdot t} \right)\)\[\dot y(0) =  - \hat y \cdot {\omega_0}  \cdot \underbrace {\sin \left( {{\omega_0}  \cdot 0} \right)}_{ = \;0} = 0\]Damit wird die Bewegung des Flüssigkeitspendels beschrieben durch die Zeit-Ort-Funktion\[y(t) = {y_0} \cdot \cos \left( {\sqrt {\frac{{2 \cdot g}}{L}}  \cdot t} \right)\]

f)

Für die Schwingungsdauer \(T\) ergibt sich wegen \(T=\frac{2 \cdot \pi}{\omega_0}\)\[T = \frac{{2 \cdot \pi }}{{\sqrt {\frac{{2 \cdot g}}{L}} }} = 2 \cdot \pi  \cdot \sqrt {\frac{L}{{2 \cdot g}}} \]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[T = 2 \cdot \pi  \cdot \sqrt {\frac{{0{,}50\,{\rm{m}}}}{{2 \cdot 9{,}8\,\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}}} = 1{,}0\,{\rm{s}}\]

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Mechanik

Mechanische Schwingungen