Direkt zum Inhalt

Aufgabe

Horizontaler Rotor

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Fahrgeschäft ROTOR auf einem Jahrmarkt

Der ROTOR auf einem Jahrmarkt dreht sich mit seinen Mitfahrern um eine vertikale Achse. Die Mitfahrer stehen an der Wand. Während der Fahrt wird der Boden unter den Mitfahrern abgesenkt, wobei deren Abrutschen sicher verhindert werden muss.

Der Innendurchmesser des Rotors beträgt \(d= 6{,}8\,\rm{m}\). Der Schwerpunkt eines der Mitfahrer, in Abb. 1 durch das rote Kreuz markiert, liegt \(0{,}10\,\rm{m}\) vor der Wand. Der Haftreibungskoeffizient zwischen den Mitfahrern und Wand liegt, abhängig von der Kleidung der Mitfahrer, erfahrungsgemäß zwischen \(0{,}20\) und \(0{,}60\).

a)

Berechne die (Dreh-)Frequenz, bei der gewährleistet ist, dass kein Mitfahrer abrutscht.

Erläutere, welche Rolle dabei die Masse der Mitfahrer spielt.

b)

Berechne den Betrag der Kraft, mit welcher ein Mitfahrer der Masse \(60\,\rm{kg}\) bei einer Drehfrequenz von \(0{,}30\,\rm{Hz}\) scheinbar "gegen die Wand gedrückt wird".

c)

Untersuche rechnerisch, ob man die Rotorachse unter den Bedingungen aus Aufgabenteil b) auch horizontal legen könnte, ohne dass der Mitfahrer im höchsten Bahnpunkt herunterfällt.

Lösung einblendenLösung verstecken Lösung einblendenLösung verstecken

Gegeben sind der Rotordurchmesser \(d = 6{,}8\,\rm{m}\) und damit der Bahnradius \(r\) für den Personenschwerpunkt durch\[r = \frac{d}{2} - 0{,}10\,\rm{m} = 3{,}3\,\rm{m}\]Weiter sind bekannt der Haftreibungskoeffizient \(\mu\) mit \(0{,}20 ≤ \mu ≤ 0{,}60\) und der Ortsfaktor mit \(g = 9{,}8\,\frac{\rm{N}}{\rm{kg}}\).

Vorbemerkungen

Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Darstellung der Rotation des Körperschwerpunktes eines Mitfahrers in einem ruhenden Bezugssystem

In einem ruhenden Bezugssystem, dem sogenannten Laborsystem, wird der Mitfahrer durch die Wand auf die Kreisbahn gezwungen, d.h. die Wand bringt die nötige Zentripetalkraft \(\vec F_{\rm{ZP}}\) für die Kreisbewegung des Mitfahrers auf (Blauer Kraftpfeil in Abb. 2). Damit der Mitfahrer nicht an der Wand abrutscht, muss seine Gewichtskraft \(\vec F_{\rm{G}}\) durch eine Haftreibungskraft \(\vec F_{\rm{HR}}\) kompensiert werden  In diesem Bezugssystem erkennst du wahrscheinlich nur sehr schwer, wodurch diese Haftreibungskraft zwischen Wand und Körper zustande kommt.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 3 Darstellung der Rotation des Körperschwerpunktes eines Mitfahrers im mitbewegten (beschleunigten) Bezugssystem

In einem Bezugssystem, dass sich mit der Mitfahrer bewegt, "drückt" scheinbar die Zentrifugalkraft \(\vec F_{\rm{ZF}}\) den Mitfahrer an die Wand. Die Wand kompensiert diese Kraft mit der gleichgroßen, entgegengesetzt gerichteten Normalkraft \(\vec F_{\rm{N}}\) mit \(F_{\rm{N}} = F_{\rm{ZP}}\) (Blaue Kraftpfeile in Abb. 3). Da Zentripetal- und Zentrifugalkraft betraglich gleich sind, gilt bei der Rotation somit auch\[F_{\rm{N}} = F_{\rm{ZF}} \quad (1)\]Für Betragsrechnungen ist es also egal, in welchem Bezugssystem und mit welcher Kraft wir arbeiten.

a)

Würde sich der Rotor nicht drehen, so würde aufgrund der lotrecht nach unten gerichteten Gewichtskraft \(\vec F_{\rm{G}}\) der Mitfahrer an der Wand nach unten abrutschen (Grüner Kraftpfeil nach unten in Abb. 3). Wenn sich aber der Rotor dreht, verursachen (im mitdrehenden Bezugssystem gedacht) die Zentrifugal- und die Normalkraft eine Haftreibungskraft \(\vec F_{\rm{HR}}\) auf den Mitfahrer nach oben. Diese Haftreibungskraft muss nun so groß sein, dass sie dieses Abrutschen verhindert, d.h. die Haftreibungskraft muss die Gewichtskraft \(\vec F_{\rm{G}}\) kompensieren. Für den Betrag der maximalen Haftreibungskraft gilt bekanntlich \(F_{\rm{HR,max}}=\mu  \cdot F_{\rm{N}} = \mu  \cdot F_{\rm{ZP}}\), so dass gelten muss\[\mu  \cdot F_{\rm{ZP}}=F_{\rm{G}}\]Wegen \({F_{\rm{G}}} = m \cdot g\) und \(F_{\rm{ZP}} = m \cdot {\omega ^2} \cdot r\) ergibt sich daraus\[m \cdot g = \mu  \cdot m \cdot {\omega ^2} \cdot r \Leftrightarrow g = \mu  \cdot {\omega ^2} \cdot r \Rightarrow \omega  = \sqrt {\frac{g}{{\mu  \cdot r}}} \]und damit\[\omega  = 2 \cdot \pi  \cdot f \Leftrightarrow f = \frac{\omega }{{2 \cdot \pi }} = \frac{1}{{2 \cdot \pi }}\sqrt {\frac{g}{{\mu  \cdot r}}} \]Je kleiner der Haftreibungskoeffizient ist, desto größer muss die zum Vermeiden des Abrutschens erforderliche Drehfrequenz sein. Daher wird die Mindestfrequenz für die kleinste angenommene Reibungszahl, also für \(0,20\) bestimmt:\[f = \frac{1}{{2 \cdot \pi }}\sqrt {\frac{{9{,}8\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}^2}}}{{0{,}20 \cdot 3{,}3{\rm{m}}}}}  = 0{,}61\,\rm{Hz}\]Der Rotor muss sich also mindestens mit der Frequenz \(0{,}61\,\rm{Hz}\) drehen.

Die Masse des Mitfahrers spielt keine Rolle, da sich die Masse bei dieser Rechnung komplett herausgekürzt hat.

b)

Nun sind weiter gegeben die Masse \(m = 60\,\rm{kg}\) des Mitfahrers und die Drehfrequenz \(f = 0{,}30\,\rm{Hz}\).

Aus \(F_{\rm{N}} = F_{\rm{ZP}}\) und \(F_{\rm{ZP}} = m \cdot \omega^2 \cdot r = m \cdot \left( {2 \cdot \pi  \cdot f} \right)^2 \cdot r = m \cdot 4 \cdot \pi^2 \cdot f^2 \cdot r\) ergibt sich\[F_{\rm{N}} = m \cdot 4 \cdot \pi^2 \cdot f^2 \cdot r \Rightarrow F_{\rm{N}} = 60\,\rm{kg} \cdot 4 \cdot \pi^2 \cdot \left( {0{,}30\,\rm{Hz}} \right)^2 \cdot 3{,}3\,\rm{m} = 700\,\rm{N}\]Der Mitfahrer "drückt" also mit \(700\,\rm{N}\) gegen die Wand.

c)

Bei horizontal liegender Drehachse fällt er Mitfahrer nicht herunter, wenn die erforderliche Zentripetalkraft \(\vec F_{\rm{ZP}}\) dort mindestens so groß ist wie Gewichtskraft \(\vec F_{\rm{G}}\) des Mitfahrers. Es muss also gelten\[F_{\rm{ZP}} \ge F_{\rm{G}}\]Der Mitfahrer der Masse \(m = 60\,\rm{kg}\) erfährt eine Gewichtskraft vom Betrag\[F_{\rm{G}} = m \cdot g \Rightarrow F_{\rm{G}} = 60\,\rm{kg} \cdot 9{,}8\,\frac{\rm{N}}{\rm{kg}} = 590\,\rm{N}\]Somit gilt\[F_{\rm{G}} < F_{\rm{ZP}} = F_{\rm{N}}\]Deshalb fällt der Mitfahrer auch bei horizontaler Drehachse nicht vom höchsten Bahnpunkt herunter.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Mechanik

Kreisbewegung