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Ausblick

Werkstoffprüfung

Als im 19. Jahrhundert das Eisenbahnnetz aufgebaut wurde, war die Herstellung einwandfreien Stahls noch keine Selbstverständlichkeit. Mangelhafte Werkstoffe verursachten immer wieder Unfälle und Katastrophen: Brücken stürzten ein, Züge entgleisten, und Kessel von Dampfmaschinen explodierten.

Schon damals gab es erste Ansätze zur Werkstoffprüfung. So prüfte man in den Anfangsjahren der Eisenbahn die Qualität geschmiedeter Waggonachsen, indem man sie einfach auf eine Ambosskante fallen ließ. Wenn die Achsen diese Prozedur überstanden, ging man davon aus, dass sie in Ordnung waren.

Kleinere Qualitätsmängel konnten so natürlich nicht erkannt werden. Außerdem war nicht auszuschließen, dass die Achsen durch den Aufprall kleinere Schäden davontrugen, die später zu Brüchen führten.

Bessere Verfahren zur Werkstoffprüfung waren nötig. Eines dieser Verfahren ist die Zerreißprobe, mit deren Hilfe seit Ende des 19. Jahrhunderts die Güte von Stahl beurteilt wird.

Bei der Zerreißprobe, die auch heute noch eine wichtige Rolle spielt, geht man folgendermaßen vor:

Aus dem zu prüfenden Stahl wird eine Probestab hergestellt und in eine Zerreißmaschine gespannt. Dann wird mit großen Kräften (Größenordnung bis zu 100 - 1000 kN) auseinandergezogen. Dabei wird die Kraft auf den Probestab langsam erhöht, bis der Stab schließlich reißt.

Während der Zerreißprobe wird der Zusammenhang zwischen Kraft und Verlängerung des Stabes automatisch (mit Computern) aufgezeichnet. Mit Hilfe eines solchen Diagramms können Aussagen über die Qualität des Stahls gemacht werden. Sie sind wesentlich aussagekräftiger als bei der "Ambossmethode".

In dem nebenstehenden Diagramm erkennt man drei Bereiche:

Im Bereich I sind Kraft und Verlängerung proportional. Für den Stab gilt das hooksche Gesetz, er wird elastisch verformt.

Vergrößert man die Kraft weiter (Bereich II), so tritt eine bleibende Verformung des Stabes ein. Der Stab wird plastisch verformt, man sagt er fließt, da er sich wie eine sehr zähe Flüssigkeit verhält. Am Ende des Bereiches II erreicht die Kraft den höchsten Wert, den ein solcher Stab aushält.

Dann schnürt sich der Stab an einer Stelle ein (siehe oberes Bild) und verlängert sich sehr schnell. Die gemessene Zugkraft geht zurück (Bereich III). Bei einer bestimmten Verlängerung reißt der Stab, und die Kraftanzeige geht schlagartig auf 0 N zurück.

Der Nachteil des obigen Verfahrens ist, dass der Werkstoff zerstört wird. In vielen Bereichen hätte dies zu hohe Kosten zur Folge. Wollte man z.B. die Schweißnaht an einer Elektrolokomotive prüfen, indem man an den verschweißten Blechen solange zieht bis die Naht reißen, so wäre dies keine sinnvolle Werkstoffprüfung.

In diesem Falle setzt die sogenannte zerstörungsfreie Werkstoffprüfung ein, bei der z.B. die Schweißnähte mit Ultraschall oder mit Röntgenstrahlung untersucht werden.