Direkt zum Inhalt

Aufgabe

Vulkanismus auf Io

Schwierigkeitsgrad: schwere Aufgabe

NASA
Abb. 1 Vulkanaktivität auf Io

Der Jupitermond Io ist der vulkanisch aktivste Himmelskörper in unserem Sonnensystem. Sein Mutterplanet Jupiter übt eine enorme Anziehungskraft auf den Mond aus. Der Planet zerre regelrecht an seinem Trabanten und bringe den Mond deshalb zum "Kochen", vermuten die Wissenschaftler. Mehr als drei dutzend Vulkane sind aktiv. Die Io-Oberfläche sei in ständiger Veränderung und erinnere an das Aussehen einer Pizza.

Die Abbildung rechts ist eine der damals sensationellen Originalaufnahmen der Sonde Galileo und zeigt die vulkanische Aktivität des eisigen Jupitermondes Io. Der Mond ist von gelben und roten Schichten von Schwefelverbindungen bedeckt und zeigt zahlreiche Krater und Rissstellen in der Oberfläche.

a)

Der Mond Io hat eine Masse von \(8,9 \cdot {10^{22}}{\rm{kg}}\) und einen Radius von \(1800\rm{km}\).
Berechne die Fallbeschleunigung auf Io.

b)

Die Lavabrocken erreichen bei einem grossen Ausbruch eine Höhe von \(300\rm{km}\). Berechne die Austrittsgeschwindigkeit des Lavabrockens in der Krateröffnung.
Hinweis: Auf dem Weg von der Oberfläche des Mondes bis zur Höhe von \(300\rm{km}\) darf die Fallbeschleunigung nicht als konstant betrachtet werden.

c)

Ein Lavabrocken wird an der Oberfläche des Io unter einem Winkel von \({\rm{75}}^\circ \) zur Horizontalen mit einer Anfangsgeschwindigkeit von \(50\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\) ausgestossen. Berechne die Auswurfhöhe und die Auswurfweite.
Hinweis: Bei dieser Berechnung kannst du die Fallbeschleunigung in grober Näherung als konstant betrachten. Verwende das Ergebnis von Teilaufgabe a).

d)

Untersuche, wie sich die Auswurfweite des Brockens von Teilaufgabe c) ändert, wenn der Vulkan in einem \(200\rm{m}\) tiefen Krater von \(1,2\rm{km}\) Durchmesser liegt.

e)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Io auf seiner Bahn um Jupiter

Die Abbildung rechts zeigt schematisch (und selbstverständlich nicht maßstabsgetreu) den Mond Io auf seiner Bahn um den Jupiter. Erkläre, wo und wieso Io auf seiner Bahn besonders schnell bzw. langsam ist.

f)

Erkläre mit Hilfe von Skizzen die seltsame Form von Io. Vergleiche insbesondere die Form im jupiternahen und jupiterfernen Bereich.

g)

Der Mond Io besitzt aufgrund seiner großen Entfernung zur Sonne eine eisige Oberfläche mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Erkläre, wodurch Io im Innern so stark aufgeheizt wird (deutlich über \({\rm{1000}}^\circ {\rm{C}}\)), wodurch es erst zum Vulkanismus kommen kann.
Hinweis: Atomkernprozesse wie etwa in der Sonne kommen hierfür jedenfalls nicht in Frage.

Lösung einblendenLösung verstecken Lösung einblendenLösung verstecken
a)

Mit dem bekannten Ansatz ergibt sich
\[m \cdot {g_{{\rm{Io}}}} = G \cdot \frac{{{m_{{\rm{Io}}}} \cdot m}}{{{r_{{\rm{Io}}}}^2}} \Leftrightarrow {g_{{\rm{Io}}}} = G \cdot \frac{{{m_{{\rm{Io}}}}}}{{{r_{{\rm{Io}}}}^2}} \Rightarrow {g_{{\rm{Io}}}} = 6,67 \cdot {10^{ - 11}}\frac{{{{\rm{m}}^{\rm{3}}}}}{{{\rm{kg}} \cdot {{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} \cdot \frac{{8,9 \cdot {{10}^{22}}{\rm{kg}}}}{{{{\left( {1,8 \cdot {{10}^6}{\rm{m}}} \right)}^2}}} = 1,8\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}\]

b)

Man bestimmt die gesuchte Geschwindigkeit \(v_0\) mit Hilfe des Energiesatzes: Die kinetische Energie des Lavabrockens (Masse \(m\)) in der Krateröffnung ist gleich der potenziellen Energie des Lavabrockens in der höchsten Höhe \(h_{\rm{max}}\):
\[{E_{{\rm{kin}}}} = {E_{{\rm{pot}}}}({h_{\max }}) \Leftrightarrow \frac{1}{2} \cdot m \cdot {v_0}^2 = G \cdot m \cdot {m_{{\rm{Io}}}} \cdot \left( {\frac{1}{{{r_{{\rm{Io}}}}}} - \frac{1}{{{r_{{\rm{Io}}}} + {h_{{\rm{max}}}}}}} \right) \Rightarrow {v_0} = \sqrt {2 \cdot G \cdot {m_{{\rm{Io}}}} \cdot \left( {\frac{1}{{{r_{{\rm{Io}}}}}} - \frac{1}{{{r_{{\rm{Io}}}} + {h_{{\rm{max}}}}}}} \right)} \]
Einsetzen der gegebenen Werte liefert
\[{v_0} = \sqrt {2 \cdot 6,67 \cdot {{10}^{ - 11}}\frac{{{{\rm{m}}^{\rm{3}}}}}{{{\rm{kg}} \cdot {{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} \cdot 8,9 \cdot {{10}^{22}}{\rm{kg}} \cdot \left( {\frac{1}{{1,8 \cdot {{10}^6}{\rm{m}}}} - \frac{1}{{1,8 \cdot {{10}^6}{\rm{m}} + 3,00 \cdot {{10}^5}{\rm{m}}}}} \right)}  = 970\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\]
Hinweis: Der Ansatz \(\frac{1}{2} \cdot m \cdot {v_0}^2 = m \cdot {g_{{\rm{Io}}}} \cdot {h_{{\rm{max}}}}\) ist hier nicht geeignet, da sich die Fallbeschleunigung in \(300\rm{km}\) Höhe über der Io-Oberfläche um rund \({\rm{27\% }}\) geringer ist als die an der Io-Oberfläche.

c)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 3 Skizze zu Teil c)

Da hier ein schräger Wurf vorliegt, wird die Bewegung des Lavabrockens in eine Bewegung in \(x\)-Richtung (horizontal) und eine Bewegung in \(y\)-Richtung (vertikal) zerlegt:
\[{v_{x,0}} = {v_0} \cdot \cos \left( \alpha  \right) \Rightarrow {v_{x,0}} = 50\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \cdot \cos \left( {75^\circ } \right) = 12,9\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\]
\[{v_{y,0}} = {v_0} \cdot \sin \left( \alpha  \right) \Rightarrow {v_{y,0}} = 50\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \cdot \sin \left( {75^\circ } \right) = 48,3\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\]
Die Zeit-Orts-Funktion in \(y\)-Richtung lautet dann
\[y(t) =  - \frac{1}{2} \cdot {g_{{\rm{Io}}}} \cdot {t^2} + {v_{y,0}} \cdot t\]
die Zeit-Geschwindigkeits-Funktion in \(y\)-Richtung lautet
\[{v_y}(t) =  - {g_{{\rm{Io}}}} \cdot t + {v_{y,0}}\]
Den Zeitpunkt \(t_1\) beim Erreichen der maximalen Höhe (dem Ausstoßmoment wird die Zeit \(t = 0\rm{s}\) zugeordnet) berechnet man durch
\[{v_y}({t_1}) = 0 \Leftrightarrow  - {g_{{\rm{Io}}}} \cdot {t_1} + {v_{y,0}} = 0 \Leftrightarrow {t_1} = \frac{{{v_{y,0}}}}{{{g_{{\rm{Io}}}}}}\]
Damit ergibt sich die maximale Wurfhöhe zu
\[{h_{{\rm{max}}}} = y({t_1}) =  - \frac{1}{2} \cdot {g_{{\rm{Io}}}} \cdot {t_1}^2 + {v_{y,0}} \cdot {t_1} =  - \frac{1}{2} \cdot {g_{{\rm{Io}}}} \cdot {\left( {\frac{{{v_{y,0}}}}{{{g_{{\rm{Io}}}}}}} \right)^2} + {v_{y,0}} \cdot \frac{{{v_{y,0}}}}{{{g_{{\rm{Io}}}}}} = \frac{1}{2} \cdot \frac{{{v_{y,0}}^2}}{{{g_{{\rm{Io}}}}}}\]
Einsetzen der gegebenen Werte liefert
\[{h_{{\rm{max}}}} = \frac{1}{2} \cdot \frac{{{{\left( {48,3\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}} \right)}^2}}}{{1,8\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}} = 650{\rm{m}}\]
Die Zeit-Orts-Funktion in \(x\)-Richtung lautet
\[x(t) = {v_{x,0}} \cdot t\]
Für den Auftreffzeitpunkt \(t_2\) gilt hier wegen der Symmetrie der Wurfparabel \(t_2 = 2 \cdot t_1\). Damit ergibt sich die Wurfweite zu
\[{w_{{\rm{max}}}} = x({t_2}) = x(2 \cdot {t_1}) = {v_{x,0}} \cdot 2 \cdot \frac{{{v_{y,0}}}}{{{g_{{\rm{Io}}}}}} \Rightarrow {w_{{\rm{max}}}} = 12,9\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \cdot 2 \cdot \frac{{48,3\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{1,8\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}} = 690{\rm{m}}\]

d)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 4 Skizze zur Auswurfweite

Das Problem ist in der Skizze rechts dargestellt. Die Auswurfweite ändert sich nur dann, wenn der Brocken ausserhalb des Kraters aufkommt. Deswegen wird die \(x\)-Koordinate berechnet, die der Brocken beim Zurückfallen in der Höhe \(y_0 = 200\rm{m}\) besitzt. Die Gleichung der Wurfparabel lautet
\[\left. \begin{array}{l}y =  - \frac{1}{2} \cdot {g_{{\rm{Io}}}} \cdot {t^2} + {v_{y,0}} \cdot t\\x = {v_{x,0}} \cdot t \Leftrightarrow t = \frac{x}{{{v_{x,0}}}}\end{array} \right\} \Rightarrow y =  - \frac{1}{2} \cdot {g_{{\rm{Io}}}} \cdot {\left( {\frac{x}{{{v_{x,0}}}}} \right)^2} + {v_{y,0}} \cdot \frac{x}{{{v_{x,0}}}} =  - \frac{{{g_{{\rm{Io}}}}}}{{2 \cdot {v_{x,0}}^2}} \cdot {x^2} + \frac{{{v_{y,0}}}}{{{v_{x,0}}}} \cdot x\]
Mit \(y=y_0 = 200\rm{m}\) folgt
\[{y_0} =  - \frac{{{g_{{\rm{Io}}}}}}{{2 \cdot {v_{x,0}}^2}} \cdot {x^2} + \frac{{{v_{y,0}}}}{{{v_{x,0}}}} \cdot x \Leftrightarrow  - \frac{{{g_{{\rm{Io}}}}}}{{2 \cdot {v_{x,0}}^2}} \cdot {x^2} + \frac{{{v_{y,0}}}}{{{v_{x,0}}}} \cdot x - {y_0} = 0\]
Diese Quadratische Gleichung für \(x\) hat die Lösungsmenge
\[L = \left\{ {\frac{{{v_{x,0}}}}{{{g_{{\rm{Io}}}}}} \cdot \left( {{v_{y,0}} \pm \sqrt {{v_{y,0}}^2 - 2 \cdot {g_{{\rm{Io}}}} \cdot {y_0}} } \right)} \right\}\]
Das Minuszeichen vor der Wurzel führt zur \(x\)-Koordinate des Brockens, die er bei der Aufwärtsbewegung in der Höhe von \(200\rm{m}\) besitzt. Damit folgt nach Einsetzen der gegebenen Werte
\[x = \frac{{12,9\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{1,8\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}} \cdot \left( {48,3\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} - \sqrt {{{\left( {48,3\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}} \right)}^2} - 2 \cdot 1,8\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} \cdot 200{\rm{m}}} } \right) = 633{\rm{m}}\]
Der Brocken trifft also oben am Kraterrand in einer Entfernung von \(633\rm{m}\) von der Krateröffnung auf.

e)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 5 Gravitationskräfte für verschiedene Positionen

In der nebenstehenden Abbildung sind für die verschiedenen Umlaufpositionen die Gravitationskräfte (schwarz) eingezeichnet. Abgesehen von den Positionen A und D besitzen sie jeweils eine Komponente tangential zur Mondbahn welche den Betrag der Geschwindigkeit von Io verändert. Auf dem Weg von A über B und C nach D wird der Betrag der Geschwindigkeit erhöht, auf dem Weg von D über E und F nach A wird er erniedrigt. Deswegen ist der Mond im jupiterfernen Punkt A am langsamsten und im jupiternächsten Punkt D am schnellsten.

f)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 6 Jupiter und Io

Jupiter und sein Mond Io bewegen sich (wie auch die Erde und der Erdmond) um ihren gemeinsamen Schwerpunkt S. Wegen der großen Masse von Jupiter liegt dieser im Innern des Jupiter "ganz in der Nähe" des Mittelpunkts MJu von Jupiter. Auf der Bahn von Io um den gemeinsamen Schwerpunkt S heben sich in seinem Mittelpunkt MIo die Gravitationskraft und die Zentrifugalkraft auf. Auf der Seite, die dem Jupiter zugewandt ist, ist die Gravitationskraft jedoch größer als die Zentrifugalkraft; auf der Seite, die dem Jupiter abgewandt ist, ist es umgekehrt. Die aus beiden resultierenden Kräfte (Gezeitenkräfte) ziehen den Io in radialer Richtung auseinander. Diese Gezeitenkräfte sind wegen der riesigen Masse des Planeten Jupiter extrem groß.

g)

Die Größe der Gezeitenkräfte ändert sich während eines Umlaufs von Io. Im jupiternahen Bereich der Bahn sind sie wesentlich größer als im jupiterfernen Bereich. Der Mond Io wird also laufend von diesen Kräften hin und her gezerrt, sodass sich seine Oberfläche bei jedem Umlauf (Umlaufdauer ca. 1,8 Tage) um \(100\rm{m}\) verformt. Dies bringt das Innere des Mondes zum "Kochen", so dass das Gestein dort schmilzt.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Mechanik

Gravitationsgesetz und -feld