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Aufgabe

Ortsfaktor und Abstand zur Erdmitte

Schwierigkeitsgrad: schwere Aufgabe

a)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Diagramm zur Aufgabe

Berechne mit Hilfe der Daten aus der Formelsammlung den mittleren Ortsfaktor auf der Erdoberfläche und zeichne dann den Verlauf von \(g(r)\) in Abhängigkeit von \(r\) für \(r > r_{\rm{E}}\).

b)

Berechne die Abnahme \(\Delta {g_{\rm{100m}}}\) des Ortsfaktors in \(100\,\rm{m}\) Höhe über der Erdoberfläche und gib näherungsweise an, um welchen Betrag sich \(g\) in diesem Bereich pro Höhenmeter ändert. Gehe bei der Herleitung davon aus, dass die Höhe \(100\,\rm{m}\) sehr klein gegenüber dem Erdradius ist.

Dem deutschen Physiker Philipp von JOLLY (1809 - 1884) gelang es im 19. Jahrhundert erstmals nachzuweisen, dass zwei identische Massen in verschiedenen Höhen nicht gleich viel wiegen. Er baute eine große Balkenwaage, bei der sich die eine Waagschale im Dachgeschoss eines mehrstöckigen Hauses befand, während die zweite \(21\,\rm{m}\) tiefer in den Keller abgesenkt werden konnte. JOLLY legte zwei Massen von je \(5{,}000000\,\rm{kg}\) auf die Schalen und glich sie bei gleicher Höhe auf ein Milligramm genau ab.

c)

Erläutere, auf welche Waagschale JOLLY nach dem Absenken der einen Masse eine Zusatzmasse legen musste, um wieder Gleichgewicht zu haben und berechne, wie groß diese Zusatzmasse sein musste.

d)

Erläutere, wie sich \(g(r)\) qualitativ verändern wird, wenn man von der Erdoberfläche zum Erdmittelpunkt geht.

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a)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Diagramm zur Lösung

Nach dem 2. NEWTONschen Axiom kann man den Ortsfaktor aus der Gravitationskraft berechnen:
\[{F_{\rm{G}}}(r) = G \cdot \frac{{m \cdot {m_{{\rm{Erde}}}}}}{{{r^2}}} \Rightarrow g(r) = \frac{{{F_{\rm{G}}}(r)}}{m} = G \cdot \frac{{{m_{{\rm{Erde}}}}}}{{{r^2}}}\]
Für die Erdoberfläche gilt
\[g({r_{{\rm{Erde}}}}) = 6,673 \cdot {10^{ - 11}}\frac{{{{\rm{m}}^{\rm{3}}}}}{{{\rm{kg}} \cdot {{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} \cdot \frac{{5,977 \cdot {{10}^{24}}{\rm{kg}}}}{{{{\left( {6,368 \cdot {{10}^6}{\rm{m}}} \right)}^2}}} = 9,835\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}\]
Um den Graphen zeichnen zu können, muss man die \(\frac{1}{{{r^2}}}\)-Abhängigkeit von \(g\) beachten.

b)

Es gilt
\[\begin{eqnarray}g({r_{{\rm{Erde}}}}) - g({r_{{\rm{Erde}}}} + h) &=& G \cdot \frac{{{m_{{\rm{Erde}}}}}}{{{r_{{\rm{Erde}}}}^2}} - G \cdot \frac{{{m_{{\rm{Erde}}}}}}{{{{\left( {{r_{{\rm{Erde}}}} + h} \right)}^2}}}\\ &=& G \cdot {m_{{\rm{Erde}}}} \cdot \left( {\frac{1}{{{r_{{\rm{Erde}}}}^2}} - \frac{1}{{{{\left( {{r_{{\rm{Erde}}}} + h} \right)}^2}}}} \right)\\ &=& G \cdot {m_{{\rm{Erde}}}} \cdot \left( {\frac{{{{\left( {{r_{{\rm{Erde}}}} + h} \right)}^2} - {r_{{\rm{Erde}}}}^2}}{{{r_{{\rm{Erde}}}}^2 \cdot {{\left( {{r_{{\rm{Erde}}}} + h} \right)}^2}}}} \right)\\ &=& G \cdot {m_{{\rm{Erde}}}} \cdot \left( {\frac{{{r_{{\rm{Erde}}}}^2 + 2 \cdot {r_{{\rm{Erde}}}} \cdot h + {h^2} - {r_{{\rm{Erde}}}}^2}}{{{{\left( {{r_{{\rm{Erde}}}}^2 + {r_{{\rm{Erde}}}} \cdot h} \right)}^2}}}} \right)\\ &=& G \cdot {m_{{\rm{Erde}}}} \cdot \left( {\frac{{2 \cdot {r_{{\rm{Erde}}}} \cdot h + {h^2}}}{{{{\left( {{r_{{\rm{Erde}}}}^2 + {r_{{\rm{Erde}}}} \cdot h} \right)}^2}}}} \right)\end{eqnarray}\]
Für \({{r_{{\rm{Erde}}}} \gg h}\) gilt \({{h^2} \ll 2 \cdot {r_{{\rm{Erde}}}} \cdot h}\) und \({{r_{{\rm{Erde}}}} \cdot h \ll {r_{{\rm{Erde}}}}^2}\) und damit
\[g({r_{{\rm{Erde}}}}) - g({r_{{\rm{Erde}}}} + h) \approx G \cdot {m_{{\rm{Erde}}}} \cdot \left( {\frac{{2 \cdot {r_{{\rm{Erde}}}} \cdot h}}{{{{\left( {{r_{{\rm{Erde}}}}^2} \right)}^2}}}} \right) = G \cdot {m_{{\rm{Erde}}}} \cdot \left( {\frac{{2 \cdot h}}{{{r_{{\rm{Erde}}}}^3}}} \right)\]
Damit ergibt sich
\[\Delta {g_{\rm{100m}}} = g({r_{{\rm{Erde}}}}) - g({r_{{\rm{Erde}}}} + 100{\rm{m}})\]
und Einsetzen der gegebenen Werte liefert
\[\Delta {g_{\rm{100m}}} = 6,673 \cdot {10^{ - 11}}\frac{{{{\rm{m}}^{\rm{3}}}}}{{{\rm{kg}} \cdot {{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} \cdot 5,977 \cdot {10^{24}}{\rm{kg}} \cdot \left( {\frac{{2 \cdot 100{\rm{m}}}}{{{{\left( {6,368 \cdot {{10}^6}{\rm{m}}} \right)}^3}}}} \right) = 3,098 \cdot {10^{ - 4}}\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}\]
Hinweis: Wenn du bei dieser Rechnung nicht zuerst allgemein rechnest, sondern separat die Ortsfaktoren (die Erdbeschleunigungen) in den verschiedenen Höhen berechnest, kommst du mit der gültigen Stellenzahl in Schwierigkeiten. Da man näherungsweise davon ausgehen kann, dass sich der Ortsfaktor in dem relativ kleinen Bereich von \(100\rm{m}\) linear verändert, gilt
\[\Delta {g_\rm{1m}} = 3,098 \cdot {10^{ - 6}}\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}\]

c)

Der Unterschied in der Gewichtskraft der Kugeln bei \(21\rm{m}\) Höhenunterschied ist
\[\Delta {F_{{\rm{G,21m}}}} = m \cdot 21 \cdot \Delta {g_{{\rm{1m}}}} = 5,00000{\rm{kg}} \cdot 21 \cdot 3,098 \cdot {10^{ - 6}}\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} = 3,243 \cdot {10^{ - 4}}{\rm{N}}\]
Man muss daher auf die höher gelegene Waagschale die Masse \(\Delta m\) auflegen:
\[\Delta m = \frac{{\Delta {F_{{\rm{G,21m}}}}}}{g} = \frac{{3,243 \cdot {{10}^{ - 4}}{\rm{N}}}}{{9,835\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}} = 33{\rm{mg}}\]

d)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 3 Skizze zu Teil d)

Der Ortsfaktor (die Erdbeschleunigung) wird bei Annäherung an den Erdmittelpunkt kleiner. Die von dem äußeren (blauen) Ring auf den Punkt P ausgeübten Kräfte heben sich insgesamt auf. Auf P wirken also nur noch die Gravitationskräfte der Massenelemente der kleineren und daher masseärmeren roten Kugel. Die kleinere Gravitationskraft bedeutet aber auch ein kleineres \(g\).

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Mechanik

Gravitationsgesetz und -feld