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Grundwissen

Absorptionsgesetz, Absorptionskoeffizient und Halbwertsschichtdicke

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Für die Zählrate \(R\) von ionisierender Strahlung hinter einem Absorber der Schichtdicke \(d\) gilt bei \(\gamma\)-Strahlung und oft auch bei \(\alpha\)- und \(\beta^-\)-Strahlung \(R(d) = {R_0} \cdot {e^{ - \mu  \cdot d}}\) mit dem Absorptionskoeffizienten \(\mu\).
  • Die Halbwertsschichtdicke \(d_{1/2}\) ist die Schichtdicke des Absorbers, hinter der sich die Zählrate \(R\) halbiert.
  • Zwischen der Absorptionskonstante \(\mu\) und der Halbwertsschichtdicke \({d_{1/2}}\) besteht der Zusammenhang \(\mu  = \frac{{\ln \left( 2 \right)}}{{{d_{1/2}}}}\).
Aufgaben Aufgaben

Die "Intensität" von \(\alpha\)-, \(\beta^-\)- und \(\gamma\)-Strahlung nimmt beim Durchgang durch Materie unterschiedlich stark ab. \(\alpha\)-Strahlung wird bereits von einem Blatt Papier absorbiert, \(\beta^-\)-Strahlung durchdringt schon wenige Millimeter Metall nicht mehr. Im Gegensatz dazu besitzt \(\gamma\)-Strahlung keine maximale Reichweite in Materie, sie wird beim Durchgang durch Materie lediglich kontinuierlich geschwächt. Aber auch bei \(\alpha\)- und \(\beta^-\)-Strahlung kann man innerhalb der Materie häufig eine kontinuierliche Abschwächung beobachten.

Es gibt verschiedene Maße für diese "Intensität" ionisierender Strahlung: Die Ionendosis \(J\) (\( \left[ J \right] = 1\,\frac{{\rm{C}}}{{{\rm{kg}}}}\)), die Energiedosis \(D\) (\(\left[ D \right] = 1\,\frac{{\rm{J}}}{{{\rm{kg}}}} = 1\,{\rm{Gy}}\)), die Zählrate \(R\) (\(\left[ R \right] = \frac{{\rm{1}}}{{\rm{s}}}\)) oder die Angabe einer "Intensität" z.B. in \(\%\). Wir nutzen in unseren Erklärungen als Maß für die "Intensität" von ionisierender Strahlung die Zählrate \(R\), die Aussagen gelten aber analog für alle anderen Größen.

Experimente zeigen nun, dass die "Intensität" ionisierender Strahlung nach dem Durchgang durch Materie fast immer exponentiell mit der Schichtdicke \(d\), die die Strahlung durch die Materie zurückgelegt hat, abfällt.

Absorptionsgesetz und Absorptionskoeffizient
Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Exponentielles Abfallen der Zählrate \(R\) in Abhängigkeit von der Schichtdicke \(d\)

Bezeichnen wir mit \(R\) die gemessenene Zählrate mit Absorber, mit \(R_0\) die gemessene Zählrate ohne Absorber und mit \(d\) die Schichtdicke des Absorbers, so können wir die Abschwächung aller Strahlungsarten grundsätzlich beschreiben durch die Formel\[R(d)=R_0 \cdot e^{-\mu\cdot d} \quad(1)\]Den Proportionalitätsfaktor \(\mu\) bezeichnet man als Absorptionskoeffizient (oder auch als Schwächungskoeffizient).

  • Der Absorptionskoeffizient hat die Maßeinheit \(\frac{1}{\rm{m}}\) oder oft auch \(\frac{1}{\rm{cm}}\).
  • Der Absorptionskoeffizient gibt an, welcher Anteil bzw. wieviel Prozent der Zählrate nach einem Durchgang der Strahlung durch einen Absorber der Schicktdicke \(1\,\rm{m}\) bzw. \(1\,\rm{cm}\) noch gemessen wird.
  • Der Absorptionskoeffizient ist abhängig von
    • der Art der Strahlung (\(\alpha\)-, \(\beta^-\)- oder \(\gamma\)-Strahlung),
    • der Energie der Strahlung (von einigen \(\rm{keV}\) bei der \(\beta^-\)-Strahlung bis hin zu mehr als \(10 \,\rm{MeV}\) bei der \(\alpha\)-Strahlung) und
    • dem Absorbermaterial (von Luft bis Blei), insbesondere dessen Ordnungszahl.
  • Aufgrund der minimalen Reichweite von \(\alpha\)-Strahlung in Materie spielt der Absorptionskoeffizient meist nur bei \(\beta^-\)- und insbesondere bei der Abschirmung von \(\gamma\)-Strahlung eine Rolle.

Eine sehr viel anschaulichere Bedeutung als der Absorptionskoeffizient \(\mu\) hat die sogenannte Halbwertsschichtdicke \(d_{1/2}\).

Halbwertsschichtdicke
Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Darstellung der Halbwertsschichtdicke \(d_{1/2}\) im \(d\)-\(R\)-Diagramm

Als Halbwertsschichtdicke \(d_{1/2}\) bezeichnet man diejenige Schichtdicke des Absorbers, hinter der man nur noch die Hälfte der Zählrate der ionisierenden Strahlung wie vor der Schicht misst, in der sich also die Zählrate z.B. vom Wert \(R_1\) bei \(d_1\) auf den Wert \({\textstyle{1 \over 2}}{R_1}\) halbiert (Abb. 2). Es gilt also insbesondere\[R(d_{1/2})={\textstyle{1 \over 2}} \cdot R_0\]

Hinweise

  • Die Halbwertsschichtdicke hat die Maßeinheit \(1\,\rm{m}\) oder \(1\,\rm{cm}\).
  • Die Halbwertsschichtdicke ist wie der Absorptionskoeffizient abhängig von
    • der Art der Strahlung (\(\alpha\)-, \(\beta^-\)- oder \(\gamma\)-Strahlung),
    • der Energie der Strahlung (von einigen \(\rm{keV}\) bei der \(\beta^-\)-Strahlung bis hin zu mehr als \(10 \,\rm{MeV}\) bei der \(\alpha\)-Strahlung) und
    • dem Absorbermaterial (von Luft bis Blei), insbesondere dessen Ordnungszahl.
  • Bei der Messung der Halbwertsschichtdicke eines Absorbers ist völlig egal, bei welcher Dicke des Absorbers man die Messung startet, man erhält stets den gleichen Wert für die Halbwertsschichtdicke.

Zwischen der Halbwertsschichtdicke \(d_{1/2}\) und dem Absorptionskoeffizienten \(\mu\) besteht der Zusammenhang\[\mu  = \frac{{\ln \left( 2 \right)}}{{{d_{1/2}}}} \quad(2)\]Damit ergibt sich für das Absorptionsgesetz\[R(d) = {R_0} \cdot {e^{ - \,\frac{{\ln \left( 2 \right)}}{{{d_{1/2}}}} \cdot d}} \quad(1^*)\]

Mithilfe der Halbwertsdicke kannst du überschlägig die Dimensionierung einfacher Abschirmungen ermitteln. Da jedoch hierbei verschiedenen Effekte wie z.B. Streuung vernachlässigt werden, bieten entsprechende Ergebnisse nur eine grobe Orientierung und stellen keinesfalls exakte Werte dar.

Herleitung von Gleichung \((2)\)

Gehen wir von einem Zählrate \(R(0)=R_0\) ohne Absorber aus und beachten die Definition der Halbwertsschichtdicke \(d_{1/2}\) als die Streckenlänge, in der sich (auch) diese Anfangszählrate auf den Wert \({\textstyle{1 \over 2}}{R_0}\) halbiert, dann gilt bei einer Schichtdicke \(d_{1/2}\)\[R({d_{1/2}}) = {\textstyle{1 \over 2}}{R_0} \quad(*)\]Zum anderen sollte sich die Zählrate \(R({d_{1/2}})\) bei einer Schichtdicke \(d_{1/2}\) nach dem Absorptionsgesetz durch\[R({d_{1/2}}) = {R_0} \cdot {e^{ - \mu  \cdot {d_{1/2}}}} \quad(**)\]berechnen lassen. Setzen wir die beiden Terme auf den rechten Seiten von \((*)\) und \((**)\) gleich, so erhalten wir\[{\textstyle{1 \over 2}}{R_0} = {R_0} \cdot {e^{ - \mu  \cdot {d_{1/2}}}}\]Dividieren wir beide Seiten dieser Gleichung durch \(R_0\), logarithmieren dann beide Seiten dieser Gleichung und beachten, dass \(\ln \left( {\frac{1}{2}} \right) =  - \ln \left( 2 \right)\) ist, so erhalten wir\[\begin{eqnarray}{\textstyle{1 \over 2}}{R_0} &=& {R_0} \cdot {e^{ - \mu  \cdot {d_{1/2}}}}\\\frac{1}{2} &=& {e^{ - \mu  \cdot {d_{1/2}}}}\\\ln \left( {\frac{1}{2}} \right) &=&  - \mu  \cdot {d_{1/2}}\\ - \ln \left( 2 \right) &=&  - \mu  \cdot {d_{1/2}}\\\mu  &=& \frac{{\ln \left( 2 \right)}}{{{d_{1/2}}}}\end{eqnarray}\]

Absorptionsgesetz mit Prozentsätzen

In vielen Aufgabenstellungen zur Abschirmung ionisierender Strahlung sind für die "Intensität" keine absoluten Werte, sondern nur Prozentsätze angegeben. Eine typische Aufgabenstellung könnte lauten:

Hinter einer \(5\,\rm{cm}\) dicken Aluminiumschicht ist die \(\beta^-\)-Strahlung eines radioaktiven Präparates auf \(25\%\) abgesunken.

Wenn wir davon ausgehen, dass die "Intensität" vor dem Absorber jeweils \(100\%\) beträgt, dann vereinfachen sich die oben angegebenen Gleichungen \((1)\) bzw. \((1^*)\) zu g\[p\% (d) = 100\%  \cdot {e^{ - \mu \cdot d}}\quad (3)\]bzw.\[p\% (d) = 100\%  \cdot {e^{ - \,\frac{{\ln \left( 2 \right)}}{{{d_{1/2}}}} \cdot d}} \quad (3^*)\]

Aufgaben

Absorptionsgesetz, Absorptionskoeffizient und Halbwertsschichtdicke

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