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Grundwissen

Biologische Strahlenwirkung

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Man muss unterscheiden, ob die Bestrahlung von außen erfolgt oder vom Inneren des Körpers ausgeht.
  • \(\alpha\)- und \(\beta\)-Strahlung sind besonders gefährlich, wenn ihre Quellen durch Luft oder Nahrung in den Körper aufgenommen wurden.
  • Man unterscheidet stochastische und deterministische Strahlenschäden.

Äußere und innere Bestrahlung

Grundsätzlich musst du unterscheiden, ob eine Bestrahlung von außen erfolgt oder vom inneren des Körpers ausgeht.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Innere und äußere Strahleneinwirkung

Äußere Bestrahlung:

  • Die \(\alpha\)-Strahlung dringt nicht durch die Haut. Die Keimschicht der Haut, in der die Zellerneuerung stattfindet ist von der \(\alpha\)-Strahlung nicht mehr betroffen.
  • Energiereiche \(\beta\)-Strahlung kann einige Millimeter in die Haut eindringen, so dass es bei hoher Strahlungsintensität zu Hautschäden und zu einer Trübung der Augenlinse kommen kann.
  • Neutronenstrahlung (n) und \(\gamma\)-Strahlung kann sehr weit in den Körper eindringen und durch Sekundärprozesse zur Zellschädigung und zur Zerstörung von Bio-Molekülen (auch DNS) führen.

Innere Bestrahlung:

  • Während \(\alpha\)- und \(\beta\)-Strahlung, wenn sie von außen auf den Körper kommt, keine allzu große Gefahr darstellt, erhöhen diese beiden Strahlenarten das Schadensrisiko deutlich, wenn sie durch die Nahrung oder Atmung in den Körper gelangen (Inkorporation).
    Die Energie der \(\alpha\)-Teilchen liegt im MeV-Bereich. Längs ihrer kurzen Strecke, die sie im Gewebe des Körperinneren zurücklegen, bewirken sie zahlreiche Ionisationen, die den betroffenen Zellen samt ihren Kernen in denen Erbinformationen gespeichert sind z.T. nicht wieder reparable Schäden zufügen.

Die Schädigung einer Zelle führt nicht zwangsläufig zum Wirksamwerden eines Schadens. Das Gewebe besitzt nämlich die Fähigkeit, geschädigte Zellen zu erkennen und mit Hilfe seines Immunsystems abzusondern. Damit bleibt der gesetzte Schaden ohne Konsequenzen für den Organismus. Wenn allerdings das Immunsystem geschwächt oder überfordert ist, funktioniert dieser "interne Reparaturmechanismus" nicht. Es kommt zu Schäden, die man grob in zwei Klassen einteilt.

Stochastische und deterministische Strahlenschäden

Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Diagramm Strahlenwirkung gegen Strahlendosis
Im Strahlenschutz werden stochastische (zufallsbedingte) und deterministische (nicht zufallsbedingte) Strahlenwirkungen unterschieden. Die beiden Schadenstypen haben einen unterschiedlichen Zusammenhang zwischen der Dosis die dem Organismus verabreicht wird und der darauf folgenden Wirkung (Dosiswirkungsbeziehung).

  • Die deterministischen Strahlenschäden weisen eine Schwellendosis auf, unterhalb der keine Schäden zu beobachten sind. Nach Überschreiten dieser Schwelle steigen die Schäden stark mit der Dosis an.
  • Bei den stochastischen Strahlenschäden geht man davon aus, dass es keine Schwellendosis gibt, d.h. auch bei kleinen Dosen kann es schon zu Schäden dieses Typs kommen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit für Schäden bei geringen Dosen kleiner als bei höheren Dosen.

Deterministische Schäden
In der folgenden Tabelle ist grob dargestellt, welche Schäden bei unterschiedlicher Dosis auftreten.

Hinweise:

  • Die Angaben in der Tabelle sind nur grobe Faustwerte.
  • Die Dosiseinheit Sievert (Sv) wird auf der Seite "Dosiseinheiten" näher erläutert.
  • Die Strahlenwirkung auf einen Menschen hängt nicht nur von der Dosis, sondern von einer Reihe weiterer Faktoren, wie z.B. der Strahlungsart, der zeitlichen Dosisverteilung (öfter eine geringe Bestrahlung ist nicht so schädlich wie die gesamte Dosis auf einmal, da die Reparaturmechanismen der Zellen nicht zum Tragen kommen), der räumlichen Dosisverteilung (Ganzkörper- oder Teilkörperbestrahlung), der Art des Organs (Organe mit häufig sich teilenden Zellen, wie z.B. Lymphknoten, Darm. Lunge, weibl. Brust) sind gefährdeter; der persönlichen Strahlenempfindlichkeit usw.
Dosis
Wirkung
Schwellendosis 0,25 Sv
Erste klinisch erfassbare Bestrahlungseffekt:
Kurzzeitige Veränderungen im Blutbild, insbesondere Absinken der Lymphozytenzahl;
Subletale Dosis 1 Sv
Vorübergehende Strahlenkrankheit:
Unwohlsein am ersten Tag; Absinken der Lymphozytenzahl; nach 2-3 Wochen treten Haarausfall, wunder Rachen, Appetitmangel, Durchfall, Unwohlsein, Mattigkeit, purpurfarbene Hautflecke auf;
Mittelletale Dosis 4 Sv
Schwere Strahlenkrankheit:
Übelkeit und Erbrechen am ersten Tag; fast vollständiges Verschwinden der Lymphozyten; große Infektionsneigung, da Schutzfunktion der Schleimhäute und des lymphatischen Systems stark eingeschränkt ist; als Folge davon werden normale Krankheitserreger nicht mehr ausreichend abgewehrt;
Zusätzlich zu den Erscheinungen bei subletaler Dosis treten noch Fieber, innere Blutungen, Sterilität bei Männern, Zyklusstörungen bei Frauen auf;
Bei fehlenden Therapiemaßnahmen ist bei Dosen über 5 Sv mit etwa 50% Todesfällen zu rechnen;
Letale Dosis 7 Sv
Tödliche Strahlenkrankheit:
Übelkeit und Erbrechen nach 1-2 Stunden; nach 3-4 Tagen: Durchfall, Erbrechen, Entzündungen im Mund und Rachen, sowie im Magen-Darm-Trakt; Fieber, schneller Kräfteverfall;
Bei fehlenden Therapiemaßnahmen fast 100% Todesrate;

Stochastische Schäden
Bei stochastischen Schäden nimmt nicht wie bei den deterministischen Schäden die Schwere der Erkrankung, sondern die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung mit der Dosis zu.

  • Als Folge schwacher chronischer Strahlendosen, aber auch bedingt durch einmalig hohe Belastungen kann insbesondere der Krebs (Leukämie; Knochen-, Lugen-, Schilddrüsen- und Brusttumor) eine Schadensmöglichkeit sein.
  • Zu den stochastischen Schäden zählen auch die sogenannten genetischen Schäden, bei denen die Erbanlagen durch die radioaktive Strahlung verändert wurden.
  • Das Absinken der Kurve im oberen Bereich lässt sich dadurch erklären, dass bei sehr hohen Dosen die Zellen so stark geschädigt werden, dass sie vermehrt vollständig absterben und nicht zu Krebszellen degenerieren.

Die Hiroshima-Atombombe wurde 1945 abgeworfen. Im Jahr 1955 war das Maximum der Leukämiefälle und erst im Jahr 1970 das Maximum der Tumorerkrankungen festzustellen.