Direkt zum Inhalt

Geschichte

Entdeckungsgeschichte des Neutrons

Idee der Kernelektronen

[Public domain], via Wikimedia Commons George Grantham Bain Collection (Library of Congress)
Abb. 1 Ernest Rutherford

Nach der Entdeckung der Kern-Hülle-Struktur des Atoms war man zunächst der Meinung, dass der Kern aus Protonen aufgebaut sei. Um die Unterschiede zwischen der Kernladungszahl Z und der Massezahl A erklären zu können (z.B. bei Helium: Z = 2 und A = 4) nahm man zunächst an, dass sich im Kern auch Elektronen aufhalten, welche die positive Ladung der Protonen teilweise kompensieren. Die Annahme von "Kernelektronen" würde ganz zwanglos auch den ß--Zerfall erklären können. Verschiedene Überlegungen - u.a. auch mit der heisenbergschen Unschärferelation - zeigen jedoch, dass es keine "Kernelektronen" geben kann. Schon 1920 vermutete Ernest Rutherford ein "neutral doublet" ein neutrales Teilchen, das etwa die Masse des Protons haben sollte. Wie so oft in der Teilchenphysik sollte das postulierte Teilchen erst viele Jahre später gefunden werden.

Entdeckung einer durchdringenden, elektrisch neutralen Strahlung

Nobel foundation [Public domain], via Wikimedia Commons
Abb. 2 Walther Bothe

Im Jahre 1930 entdeckten Walther Bothe (Nobelpreis 1954) und sein Student Becker beim Beschuss der leichten Materialien Beryllium, Bor und Lithium mit den Alphateilchen des radioaktiven Präparats Polonium eine sehr durchdringende, elektrisch neutrale Strahlung, die in Blei eine Halbwertsdicke von ca. 5 cm aufwies (zum Vergleich: die harte Gammastrahlung des Thorium hat bei Blei nur eine Halbwertsdicke von 1,5 cm). Man nannte die Strahlung zunächst "Beryllium-Strahlung", da ihre Identität noch unbekannt war.

Experimente des Ehepaars JOLIOT-CURIE

Abb. 3 Irene und Frederic Joliot

Bei Experimenten mit der Beryllium-Strahlung stellten Irene und Frederic Joliot-Curie (Irene war die Tochter von Marie Curie) ein Jahr später - also 1931 - folgende Tatsache fest: Lässt man die Beryllium-Strahlung in eine Ionisationskammer treffen, so zeigt diese keinen nennenswerten Strom an. Bringt man jedoch vor die Ionisationskammer eine wasserstoffhaltige Materialschicht (z.B. Paraffin), dann steigt der Strom in der Kammer stark an. Die untenstehende Animation zeigt den prinzipiellen Versuchsablauf.

Abb. 4 Aufbau, Durchführung und Beobachtung des Versuchs des Ehepaars JOLIOT-CURIE

Als Ursache für den Stromanstieg in der Ionisationskammer vermutete das Ehepaar Joliot-Curie, dass aus dem wasserstoffhaltigen Paraffin Protonen durch die "Beryllium-Strahlung" herausgelöst werden, welche dann in der Ionisationskammer die notwendige Ionisierung bewirken. Sie konnten ihre Vermutung sogar durch den Nachweis sogenannter "Rückstoß-Protonen" in der wilsonschen Nebelkammer belegen.

Hypothese: Gammaquanten übertragen Impuls

Abb. 5 Kollision eines Gammaquants mit einem Proton als Hypothese des Ehepaars JOLIOT-CURIE zur Erklärung der Beobachtung in ihrem Versuch

Als Auslöser für die Rückstoß-Protonen vermuteten Joliot-Curie einen dem Comptoneffekt verwandten Vorgang. Die harte Gamma-Strahlung sollte den Protonen den notwendigen Impuls übertragen. Abschätzungen zeigten jedoch, dass zur Erzeugung eines Rückstoßprotons, dessen Spurlänge in der Nebelkammer ca. 26 cm betrug, eine Gammaenergie von etwa 50 MeV notwendig wäre, was ziemlich unrealistisch erscheint.

Richtigstellung durch Chadwick

Los Alamos National Laboratory [Public domain], via Wikimedia Commons
Abb. 6 James Chadwick (1891-1974)

Chadwick - ein Schüler Rutherfords - glaubte wie sein Lehrmeister nicht an einen "Comptoneffekt beim Proton" und nahm an, dass die "Beryllium-Strahlung" aus Neutronen besteht. In seinem berühmten Versuch gelang es ihm 1932 nachzuweisen, dass das Neutron in etwa die Protonenmasse besitzt.

Hinweise auf empfehlenswerte Seiten: