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Aufgabe

Strahlentherapie (Abitur BY 2008 LK A5-2)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

In der Strahlentherapie von Tumoren werden moderne Linearbeschleuniger zur Erzeugung hochenergetischer Strahlung eingesetzt. Elektronen werden dabei auf die kinetische Energie von \({10{,}0\,{\rm{MeV}}}\) beschleunigt und mit Hilfe eines Umlenkmagneten zur Bestrahlung auf den Tumor gelenkt.

a)Bestimmen Sie die prozentuale Abweichung der Geschwindigkeit der Elektronen von der Lichtgeschwindigkeit. [zur Kontrolle: \({0,118\% }\) ] (7 BE)

b)Schätzen Sie die magnetische Flussdichte im Umlenkmagneten ab, wenn seine geometrische Ausdehnung in der Größenordnung von \(1\rm{m}\) liegt. (6 BE)

Durch das Einbringen eines metallischen Targets in den Strahlengang bei Austritt der Elektronen aus dem Umlenkmagneten können auch hochenergetische Photonen (ultraharte Röntgenstrahlung) zur Bestrahlung erzeugt werden.

c)Erläutern Sie die Entstehung dieser Photonen und bestimmen Sie eine untere Grenze für deren Wellenlänge. (5 BE)

Im nebenstehenden Diagramm ist ein Maß für die Gewebeschädigung in Abhängigkeit von der Gewebetiefe bei Bestrahlung mit hochenergetischen Elektronen (1) bzw. mit ultraharter Röntgenstrahlung (2) dargestellt. Die Zunahme der Gewebeschädigung bis zu einer bestimmten Tiefe bei Bestrahlung mit ultraharter Röntgenstrahlung ist im Wesentlichen auf das Auftreten von energiereichen Elektronen infolge des Comptoneffekts zurückzuführen.

d)Erläutern Sie kurz die physikalischen Vorgänge beim Comptoneffekt. (4 BE)

e)Berechnen Sie die maximale kinetische Energie, die ein zunächst ruhendes Elektron durch den Comptoneffekt bei einer Photonenenergie von \({8{,}0\,{\rm{MeV}}}\) erhalten kann. (7 BE)

f)Bei der Strahlentherapie wird immer auch gesundes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen. Erläutern Sie, welche Aussagen über die therapeutische Wirksamkeit und die möglichen Nebenwirkungen der beiden Strahlungsarten sich an Hand des oben stehenden Diagramms treffen lassen. (4 BE).

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayr. Kultusministeriums.

a)Für die Gesamtenergie gilt \[{{E_0} + {E_{{\rm{kin}}}} = E = m \cdot {c^2} = \frac{{{m_0} \cdot {c^2}}}{{\sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}} }} = \frac{{{E_0}}}{{\sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}} }} \Leftrightarrow \sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}}  = \frac{{{E_0}}}{{{E_0} + {E_{{\rm{kin}}}}}}}\] Löst man diese Gleichung nach \(v\) auf folgt \[{\Rightarrow 1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2} = {{\left( {\frac{{{E_0}}}{{{E_0} + {E_{{\rm{kin}}}}}}} \right)}^2} \Leftrightarrow \frac{v}{c} = \sqrt {1 - {{\left( {\frac{{{E_0}}}{{{E_0} + {E_{{\rm{kin}}}}}}} \right)}^2}} \Leftrightarrow v = c \cdot \sqrt {1 - {{\left( {\frac{{{E_0}}}{{{E_0} + {E_{{\rm{kin}}}}}}} \right)}^2}} } \]
so ergibt sich nach Einsetzen der gegebenen Werte \[{v = c \cdot \sqrt {1 - {{\left( {\frac{{0{,}511\,{\rm{MeV}}}}{{0{,}511\,{\rm{MeV}} + 10{,}0\,{\rm{MeV}}}}} \right)}^2}} = c \cdot 0{,}9988}\] Die relative Abweichung von der Lichtgeschwindigkeit beträgt somit \[{c - v = 0{,}00118 \cdot c \Leftrightarrow \frac{{c - v}}{c} = 0{,}118\% }\]

b)Bei einer Magnetausdehnung von ca. \(1\,{\rm{m}}\) kann man annehmen, dass der Radius der Kreisbahn ca. \(0{,}5\,{\rm{m}}\) beträgt. Da die Lorentzkraft als Zentripetalkraft wirkt, gilt \[{{F_{\rm{L}}} = {F_{{\rm{ZP}}}} \Leftrightarrow e \cdot v \cdot B = \frac{{m \cdot {v^2}}}{r} \Leftrightarrow B = \frac{{m \cdot v}}{{e \cdot r}} \Rightarrow B = \frac{{{m_0} \cdot v}}{{\sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}}  \cdot e \cdot r}}}\] Einsetzen der gegebenen Werte liefert \[{B = \frac{{9{,}1 \cdot {{10}^{ - 31}}{\rm{kg}} \cdot 0{,}9988 \cdot 2{,}99 \cdot {{10}^8}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{0{,}0486 \cdot 1{,}602 \cdot {{10}^{ - 19}}{\rm{As}} \cdot 0{,}5\,{\rm{m}}}} = 0{,}07\,{\rm{T}}}\]

c)Die Elektronen werden durch das Target abgebremst. Dadurch tritt – ähnlich wie an der Anode einer Röntgenröhre – Bremsstrahlung auf, die ein kontinuierliches Spektrum aufweist. Die kürzest mögliche Wellenlänge \({\lambda _{\rm{G}}}\) tritt dann auf, wenn die kinetische Energie eines Elektrons vollständig dazu verwandt wird ein Photon zu erzeugen. Daneben sind noch andere Prozesse denkbar (Erwärmung des Metallgitter, Erzeugung mehrerer Photonen) die dazu führen, dass Photonen mit größerer Wellenlänge entstehen.

Berechnung der kurzwelligen Grenze des Bremsspektrums:
\[{{E_{{\rm{kin}}}} = {E_{{\rm{Ph}}}} = \frac{{h \cdot c}}{{{\lambda _{\rm{G}}}}} \Leftrightarrow {\lambda _{\rm{G}}} = \frac{{h \cdot c}}{{{E_{{\rm{kin}}}}}} \Rightarrow {\lambda _{\rm{G}}} = \frac{{4{,}135 \cdot {{10}^{ - 15}}{\rm{eVs}} \cdot 2{,}99 \cdot {{10}^8}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{10{,}0 \cdot {{10}^6}{\rm{eV}}}} = 1{,}24 \cdot {{10}^{ - 13}}\,{\rm{m}}}\]

d)Ein primäres Gammaquant trifft auf ein quasifreies Elektron und führt mit diesem einen Stoß durch. Dabei wird das primäre Quant vernichtet und es entsteht ein sekundäres Quant, welches unter dem Winkel \(\vartheta \) gegenüber der ursprünglichen Richtung davon fliegt. Bei dem Stoß nimmt das Elektron Energie auf.

Das sekundäre Quant der Wellenlänge \({\lambda '}\) ist niederenergetischer als das primäre Quant der Wellenlänge \({\lambda}\). Für die Wellenlängenänderung gilt:
\[\Delta \lambda=\frac{h}{{{m_0} \cdot c}} \cdot \left( {1 - \cos \left( \vartheta  \right)} \right)\]

e)Für \(\vartheta  = 180^\circ \) ist der größte Energieübergang an das Elektron, da in diesem Fall die maximale Wellenlängenänderung \(\Delta \lambda \) auftritt:
\[\Delta \lambda= \frac{h}{{{m_0} \cdot c}} \cdot \left( {1 - \cos \left( {180^\circ } \right)} \right) = \frac{h}{{{m_0} \cdot c}} \cdot \left( {1 - ( - 1)} \right) = \frac{{2 \cdot h}}{{{m_0} \cdot c}}\] Für die Wellenlänge \(\lambda \) des primären Quants gilt: \[\lambda  = \frac{{h \cdot c}}{{{E_{\rm{\gamma }}}}}\] Der Energiesatz besagt nun \[{{E_{{\rm{kin}}}} = {E_{\rm{\gamma }}} - \frac{{h \cdot c}}{{\lambda  + \Delta \lambda }} = {E_{\rm{\gamma }}} - \frac{{h \cdot c}}{{\frac{{h \cdot c}}{{{E_{\rm{\gamma }}}}} + \frac{{2 \cdot h}}{{{m_0} \cdot c}}}} = {E_{\rm{\gamma }}} - \frac{1}{{\frac{1}{{{E_{\rm{\gamma }}}}} + \frac{2}{{{m_0} \cdot {c^2}}}}}}\] Einsetzen der gegebenen Werte liefert \[{{E_{{\rm{kin}}}} = 8{,}0\,{\rm{MeV}} - \frac{1}{{\frac{1}{{8{,}0\,{\rm{MeV}}}} + \frac{2}{{0{,}511\,{\rm{MeV}}}}}} = 7{,}8\,{\rm{MeV}}}\]

f)Röntgenstrahlung ist relativ hautschonend. Der Maximalwert für die Gewebeschädigung liegt erst in einer Gewebetiefe von \(2\,{\rm{cm}}\) bis \(3\,{\rm{cm}}\). Die Bestrahlung von sehr tief liegendem Gewebe ist möglich, jedoch findet auch eine Schädigung des dazwischen liegenden Gewebes statt.

Die Elektronenstrahlung schädigt die Gewebeoberfläche (Haut) sehr stark. Dafür wird aber tiefer als \(5\,{\rm{cm}}\) liegendes Gewebe kaum geschädigt.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Kern-/Teilchenphysik

Anwendungen der Kernphysik