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Aufgabe

Positronen-Emissions-Tomographie (Abitur BY 2017 Ph12-2 A2)

Schwierigkeitsgrad: schwere Aufgabe

Die Positronen-Emissions-Tomographie ist ein medizinisches Diagnoseverfahren. Hierbei wird z. B. das Isotop \({}_{}^{18}{\rm{F}}\) (Atommasse \(18{,}000937\,\rm{u}\)) in eine Trägersubstanz eingebaut, die dem Patienten verabreicht wird und sich verstärkt in Tumorzellen anreichert. \({}_{}^{18}{\rm{F}}\) zerfällt mit einer Halbwertszeit von \(110\,\rm{min}\), die Zerfallsgleichung lautet \({}_{}^{18}{\rm{F}} \to {}_{}^{18}{{\rm{O}}^{\rm{ - }}} + {{\rm{e}}^ + } + {\nu _{\rm{e}}}\).

a)Begründe, dass zunächst ein negativ geladenes Sauerstoffion entsteht. (3 BE)

b)Berechne die bei diesem Zerfallsprozess frei werdende Energie \(Q\).

Erkläre, warum die kinetische Energie der meisten Positronen deutlich geringer als dieser berechnete Energiewert ist. [zur Kontrolle: \(Q = 0{,}633\,\rm{MeV}\)] (6 BE)

Das beim Zerfall emittierte Positron wird im Gewebe rasch abgebremst und zerstrahlt mit einem Elektron zu zwei \(\gamma \)-Quanten identischer Energie.

c)Gehe davon aus, dass die Teilchen vor der Zerstrahlung ruhen.

Begründe, dass die zwei \(\gamma \)-Quanten in entgegengesetzte Richtungen ausgesandt werden und dass ihre Energie zusammen \(1{,}02\,\rm{MeV}\) beträgt. (5 BE)

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Positronen-Emissions-Tomograph
Um den Patienten sind Detektoren ringförmig angebracht (siehe Abbildung). Nach jeder Zerstrahlung registrieren zwei Detektoren je ein \(\gamma \)-Quant. Damit die Signale zweier Detektoren derselben Zerstrahlung zugeordnet werden können, müssen diese innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne \(\Delta t\) registriert werden.

d)Erläutere, wie mit dieser Apparatur der Ort von Tumorzellen bestimmt werden könnte. (5 BE)

e)Schätze mithilfe der Abbildung ab, wie groß \(\Delta t\) mindestens sein muss, um Tumorzellen des angedeuteten Patienten in allen Körperregionen lokalisieren zu können. Nimm vereinfachend an, dass sich die \(\gamma \)-Quanten im Körper mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. (4 BE)

Ein Patient bekommt eine Lösung mit einer Aktivität von \(400\,\rm{MBq}\) verabreicht.

f)Ermittle die Masse an \({}_{}^{18}{\rm{F}}\), die zu Beginn in der Lösung enthalten war. (7 BE)

g)Für eine grobe Abschätzung der Strahlenbelastung des Patienten (\(m = 80\,\rm{kg}\)) soll angenommen werden, dass sich das \({}_{}^{18}{\rm{F}}\)-Präparat \(110\,\rm{min}\) im Körper befindet, bevor es vollständig ausgeschieden wird, und dass die mittlere Aktivität während dieser Zeit \(300\,\rm{MBq}\) beträgt. Gehe weiter davon aus, dass die Hälfte der Zerfallsenergie und die Hälfte der Energie der \(\gamma \)-Quanten vom Körper absorbiert werden.

Bestimme die Äquivalentdosis \(H\) im Körper.

Vergleiche dein Ergebnis mit dem Wert von \(4{,}0\,\rm{mSv}\) für die durchschnittliche jährliche Strahlenbelastung. (7 BE)

Hinweis: Die hier angegebenen Atommassen wurden der AME2016 des AMDC-Atomic Mass Data Center entnommen.

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayr. Kultusministeriums.

a)Aufgrund der Erhaltung der elektrischen Ladung entsteht zunächst ein negativ geladenes Sauerstoffion: \({}_9^{18}{\rm{F}} \to {}_8^{18}{{\rm{O}}^{\rm{ - }}} + {{\rm{e}}^ + } + {\nu _{\rm{e}}}\).

b)\[\begin{eqnarray}Q &=& \Delta m \cdot {c^2}\\ &=& \left[ {{m_{\rm{A}}}\left( {_9^{18}{\rm{F}}} \right) - \left( {{m_{\rm{A}}}\left( {_8^{18}{\rm{O}}} \right) + 2 \cdot {m_0}\left( {{e^ + }} \right)} \right)} \right] \cdot {c^2}\\ &=& \left[ {{m_{\rm{A}}}\left( {_9^{18}{\rm{F}}} \right) - {m_{\rm{A}}}\left( {_8^{18}{\rm{O}}} \right) - 2 \cdot {m_0}\left( {{e^ + }} \right)} \right] \cdot {c^2}\\ &=& \left[ {18{,}000937\,{\rm{u}} - 17{,}999160\,{\rm{u}} - 2 \cdot 5{,}485799 \cdot {{10}^{ - 4}}\,{\rm{u}}} \right] \cdot {c^2}\\ &=& 0{,}000680 \cdot u \cdot {c^2}\\ &=& 0{,}000680 \cdot 931{,}49\,{\rm{MeV}}\\ &=& 0{,}633\,{\rm{MeV}}\end{eqnarray}\]Die freiwerdende Energie \(Q\) verteilt sich auf die Reaktionsprodukte. Das Energiespektrum des \({\beta ^ + }\)-Zerfalls ist kontinuierlich.

c)Wenn das Elektron und das Positron vor der Zerstrahlung ruhen, haben sie den Gesamtimpuls Null. Aufgrund des Impulserhaltungssatzes muss auch der Gesamtimpuls der Reaktionsprodukte (zwei Gammaquanten) auch Null sein. Dies ist der Fall, wenn die beiden Gammaquanten entgegengesetzt gleich großen Impuls haben. Aus der Energie-Impuls-Beziehung für Gammaquanten \({E_\gamma } = {p_\gamma } \cdot c\) folgt, dass auch die Energiebeträge der beiden Gammaquanten gleich sind. Da die Gesamtenergie vor der Zerstrahlung durch die Ruheenergie von Elektron und Positron gegeben ist, folgt\[{E_{0,{{\rm{e}}^{\rm{ - }}}}} + {E_{0,{{\rm{e}}^{\rm{ + }}}}} = 0{,}51\,{\rm{MeV}} + 0{,}51\,{\rm{MeV}} = 1{,}02\,{\rm{MeV}}\]Aufgrund des Energieerhaltungssatzes muss dann auch die Gesamtenergie der Gammaquanten \(1{,}02\,\rm{MeV}\) sein.

d)Der Ort einer Zerstrahlung liegt auf der Verbindungslinie der beiden Detektoren, die gerade Zerfall anzeigen. Nach vielen Zerfallsereignissen entstehen viele Schnittpunkte der zwischen den Verbindungslinien.

An den Orten im Patientenkörper, wo sich viele Verbindungslinien schneiden ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dort Tumorzellen sind.

e)Der „ungünstigste“ Fall tritt auf, wenn die Tumorzelle z.B. am rechten (oder auch linken) Rand des Patientenkörpers liegt. Die emittierten \(\gamma \)-Quanten haben dann den maximalen Wegunterschied von \(\Delta {s_{{\rm{max}}}} = 60\,{\rm{cm}}\). Die Zeitverzögerung \(\Delta t\), mit der die Quanten bei den beiden gegenüberliegenden Detektoren ankommen ist dann\[\Delta t = \frac{{\Delta {s_{\max }}}}{c} \Rightarrow \Delta t = \frac{{0{,}60\,{\rm{m}}}}{{2{,}998 \cdot {{10}^8}\,\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}} = 2{,}0 \cdot {10^{ - 9}}\,{\rm{s}}\]

f)Für den Zusammenhang der Zahl der noch unzerfallenen Kerne und der Aktivität gilt\[A(t) = \lambda \cdot N\left( t \right) \Leftrightarrow N\left( t \right) = \frac{{A(t)}}{\lambda } = \frac{{A(t)}}{{{\textstyle{{\ln \left( 2 \right)} \over {{T_{12}}}}}}} = \frac{{A(t) \cdot {T_{1/2}}}}{{\ln \left( 2 \right)}}\quad (1)\]Für die Masse \({m_{{\rm{F,Lösung}}}}\) des Fluors in der Lösung gilt\[{m_{{\rm{F,Lösung}}}} = N\left( t \right) \cdot {m_{\rm{A}}}\left( {{}_9^{18}{\rm{F}}} \right)\quad (2)\]Einsetzen von \((1)\) in \((2)\) liefert\[{m_{{\rm{F,Lösung}}}} = \frac{{A(t) \cdot {T_{1/2}}}}{{\ln \left( 2 \right)}} \cdot {m_{\rm{A}}}\left( {{}_9^{18}{\rm{F}}} \right)\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[{m_{{\rm{F,Lösung}}}} = \frac{{400 \cdot 1{0^6}\,\frac{1}{{\rm{s}}} \cdot 110 \cdot 60\,{\rm{s}}}}{{\ln \left( 2 \right)}} \cdot 18{,}000937 \cdot 1{,}6605 \cdot 1{0^{ - 27}}\,{\rm{kg}} = 1{,}1 \cdot {10^{ - 13}}\,{\rm{kg}}\]

g)Für die Äquivalentdosis \(H\) gilt \(H = q \cdot \frac{E}{m}\). Für den Bewertungsfaktor \(q\) der Gammastrahlung gilt \(q = 1\). Mit der bekannten Masse \(m=80\,\rm{kg}\) ist nun noch die absorbierte Gesamtenergie \(E\) zu berechnen.

Es treten im Mittel pro Sekunde \(\bar A = 300 \cdot {10^6}\) Zerfälle auf. Bei jedem Zerfall wird die Energie \({E_{{\rm{abs}}}}\) absorbiert. Nach den vereinfachenden Annahmen gilt für \({E_{{\rm{abs}}}}\)\[{E_{{\rm{abs}}}} = \frac{1}{2} \cdot \left( {1{,}02 \cdot {{10}^6}\,{\rm{eV}} + 0{,}633 \cdot {{10}^6}\,{\rm{eV}}} \right) = 0{,}827 \cdot {10^6}\,{\rm{eV}} = 1{,}32 \cdot {10^{ - 13}}\,{\rm{J}}\]Pro Sekunde nimmt die Person also die folgende Energie \(E^*\) auf:\[{E^*} = \bar A \cdot {E_{{\rm{abs}}}} \Rightarrow {E^*} = 300 \cdot {10^6} \cdot 1{,}32 \cdot {10^{ - 13}}\,{\rm{J}} = 3{,}96 \cdot {10^{ - 5}}\,{\rm{J}}\]Da das Präparat erst nach \(\Delta t = 110\,{\rm{min}} = 110 \cdot 60\,{\rm{s}} = 6{,}60 \cdot {10^3}\,{\rm{s}}\) ausgeschieden wird, gilt für die insgesamt absorbierte Energie \(E\)\[E = 3{,}96 \cdot {10^{ - 5}}\,{\rm{J}} \cdot 6{,}60 \cdot {10^3} = 0{,}26\,{\rm{J}}\]Damit ergibt sich für die Äquivalentdosis \(H\)\[H = q \cdot \frac{E}{m} \Rightarrow H = 1 \cdot \frac{{0{,}26\,{\rm{J}}}}{{80\,{\rm{kg}}}} = 3{,}3\,{\rm{mSv}}\]Die beim Positron-Emissions-Tomographen verabreichte Strahlung entspricht in etwa der durchschnittlichen jährlichen Strahlenbelastung des Menschen.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Kern-/Teilchenphysik

Anwendungen der Kernphysik

Radioaktivität - Fortführung