Direkt zum Inhalt

Aufgabe

Positronen-Emissions-Tomographie (Abitur BY 2005 LK A4-1)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

Ein diagnostisches Verfahren der Nuklearmedizin ist die sogenannte Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Hierfür benötigt man künstlich erzeugte ß+-Strahler mit nicht zu langer Halbwertszeit, die leicht in geeignete Trägersubstanzen ("Tracer") eingebaut werden können. Diese Eigenschaften besitzt Kohlenstoff-Iosotop\({}^{11}{\rm{C}}\)- dessen Atommasse \(11{,}011433u\) beträgt.

\({}^{11}{\rm{C}}\) lässt sich durch Bestrahlung von ruhenden \({}^{14}{\rm{N}}\)-Atomen mit Protonen der Geschwindigkeit \({v_{\rm{p}}} = 2{,}8 \cdot {10^7}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\) erzeugen. Für die beiden folgenden Teilaufgaben genügt eine nicht-relativistische Rechnung.

a)Stellen Sie die Gleichung dieser Kernreaktion auf und begründen Sie durch eine Energiebetrachtung, dass Protonen der Geschwindigkeit vp für die Erzeugung von \({}^{11}{\rm{C}}\) aus \({}^{14}{\rm{N}}\) geeignet sind. (6 BE)

b)Die Protonen zur Produktion von \({}^{11}{\rm{C}}\) sollen in einem Zyklotron auf die Geschwindigkeit \(v_{\rm{p}}\) beschleunigt werden. Die magnetische Flussdichte im Zyklotron beträgt \(1{,}0\,\rm{T}\). Berechnen Sie die Umlauffrequenz der Protonen im Zyklotron und den maximalen Bahnradius. (6 BE)

Das erzeugte \({}^{11}{\rm{C}}\) wird chemisch aufbereitet und dem zu untersuchenden Patienten verabreicht. Bei den meisten Zerfällen von \({}^{11}{\rm{C}}\) entstehen Positronen, die innerhalb einer Strecke von wenigen Millimetern vollständig abgebremst werden.

c)Geben Sie die Zerfallsgleichung für den ß+-Zerfall von \({}^{11}{\rm{C}}\) an und zeigen Sie, dass dieser Zerfall energetisch möglich ist. (6 BE)

 

d)Das abgebremste Positron reagiert mit einem Elektron aus der Umgebung, wobei die Teilchen in zwei Photonen zerstrahlen.Berechnen Sie deren Wellenlänge und begründen Sie, warum der Zerfall in ein einziges Photon ausgeschlossen ist. (5 BE)

Joachim Herz Stiftung

e)  In der nebenstehenden Anordnung treffen die beiden Photonen aus der Vernichtung eines Elektron-Positron-Paares auf zwei geeignete Detektoren im Abstand \(60\rm{cm}\) (siehe Skizze). Detektor 1 spricht um \(0,80\rm{ns}\) später an als Detektor 2.Bestimmen Sie den Zerfallsort und geben Sie ihn eindeutig an. Begründen Sie kurz ihr Vorgehen. (5 BE)

f)Geben Sie an, welche andere Umwandlung eines \({}^{11}{\rm{C}}\)-Atoms in \({}^{11}{\rm{B}}\) neben dem ß+-Zerfall noch möglich ist. Beschreiben Sie diese Umwandlung und geben Sie die zugehörige Reaktionsgleichung an. Geben Sie an, welche ionisierende Strahlung dabei auftritt. (6 BE)

Hinweis: Die hier angegebene Atommasse wurde der AME2016 des AMDC-Atomic Mass Data Center entnommen.

Lösung einblendenLösung verstecken Lösung einblendenLösung verstecken

Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayr. Kultusministeriums.

a)Die Kernreaktionsgleichung lautet \[{}_7^{14}{\rm{N}} + {}_1^1{\rm{H}} \to {}_6^{11}{\rm{C}} + {}_2^4{\rm{He}}\] Der \(Q\)-Wert berechnet sich zu \[\begin{eqnarray}Q &=& \Delta m \cdot {c^2}\\ &=& \left[ {{m_{\rm{A}}}\left( {_7^{14}{\rm{N}}} \right) + {m_{\rm{A}}}\left( {_1^1{\rm{H}}} \right) - \left( {{m_{\rm{A}}}\left( {_6^{11}{\rm{C}}} \right) + {m_{\rm{A}}}\left( {_2^4{\rm{He}}} \right)} \right)} \right] \cdot {c^2}\\ &=& \left[ {{m_{\rm{A}}}\left( {_7^{14}{\rm{N}}} \right) + {m_{\rm{A}}}\left( {_1^1{\rm{H}}} \right) - {m_{\rm{A}}}\left( {_6^{11}{\rm{C}}} \right) - {m_{\rm{A}}}\left( {_2^4{\rm{He}}} \right)} \right] \cdot {c^2}\\ &=& \left[ {14{,}003074{\rm{u}} + 1{,}007825{\rm{u}} - 11{,}011433{\rm{u}} - 4{,}002603{\rm{u}}} \right] \cdot {c^2}\\ &=& - 0{,}003137\cdot u \cdot {c^2}\\ &=& - 0{,}003137 \cdot 931{,}49\,{\rm{MeV}}\\ &=&-2{,}92\,{\rm{MeV}}\end{eqnarray}\] Es handelt sich also um eine endotherme Reaktion.

Der kinetische Energie des Protons berechnet sich aus \[{E_{{\rm{kin}}{\rm{,p}}}} = \frac{1}{2} \cdot {m_{{\rm{p}}{\rm{,0}}}} \cdot {v_{\rm{p}}}^2\] \[\Rightarrow {E_{{\rm{kin}}{\rm{,p}}}} = \frac{1}{2} \cdot 1{,}67262 \cdot {10^{ - 27}}\,{\rm{kg}} \cdot {\left( {2{,}8 \cdot {{10}^7}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}} \right)^2} = 6{,}6 \cdot {10^{ - 13}}\,{\rm{J}} = 4{,}1\,{\rm{MeV}}\] Da die kinetische Energie des Protons größer als der Betrag des \(Q\)-Wertes ist, kann die Reaktion eintreten.

b)Für die Kreisbewegung gilt \[\frac{1}{f} = T = \frac{{2 \cdot \pi  \cdot r}}{v} \Leftrightarrow f = \frac{v}{{2 \cdot \pi  \cdot r}}\quad(1)\] Da die Lorentzkraft als Zentripetalkraft wirkt, gilt \[{F_{\rm{L}}} = {F_{{\rm{ZP}}}} \Leftrightarrow e \cdot {v_{\rm{p}}} \cdot B = \frac{{{m_{\rm{p}}} \cdot {v_{\rm{p}}}^2}}{r} \Leftrightarrow \frac{{{v_{\rm{p}}}}}{r} = \frac{{e \cdot B}}{{{m_{\rm{p}}}}}\quad(2)\] Setzt man \((2)\) in \((1)\) ein, so ergibt sich die Frequenz zu \[f = \frac{{e \cdot B}}{{2 \cdot \pi  \cdot {m_{\rm{p}}}}} \Rightarrow f = \frac{{1{,}6 \cdot {{10}^{ - 19}}\,{\rm{As}} \cdot 1{,}0\,{\rm{T}}}}{{2 \cdot \pi \cdot 1{,}7 \cdot {{10}^{ - 27}}\,{\rm{kg}}}} = 1{,}5 \cdot {10^7}\,{\rm{Hz}}\] Aus \((2)\) ergibt sich dann der Bahnradius zu \[\frac{{{v_{\rm{p}}}}}{r} = \frac{{e \cdot B}}{{{m_{\rm{p}}}}} \Leftrightarrow r = \frac{{{m_{\rm{p}}} \cdot {v_{\rm{p}}}}}{{e \cdot B}} \Rightarrow r = \frac{{1{,}7 \cdot {{10}^{ - 27}}\,{\rm{kg}} \cdot 2{,}8 \cdot {{10}^7}\,\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{1{,}6 \cdot {{10}^{ - 19}}\,{\rm{As}} \cdot 1{,}0\,{\rm{T}}}} = 0{,}29\,{\rm{m}}\]

c)Die Kernreaktionsgleichung für den ß+-Zerfall lautet \[_6^{11}{\rm{C}} \to _5^{11}{\rm{B}} + _1^0{{\rm{e}}^{\rm{ + }}} + _0^0{\nu _e}\] Der \(Q\)-Wert berechnet sich zu \[\begin{eqnarray}Q &=& \Delta m \cdot {c^2}\\ &=& \left[ {{m_{\rm{A}}}\left( {_6^{11}{\rm{C}}} \right) - \left( {{m_{\rm{A}}}\left( {_5^{11}{\rm{B}}} \right) + 2 \cdot {m_{0,e}}} \right)} \right] \cdot {c^2}\\ &=& \left[ {{m_{\rm{A}}}\left( {_6^{11}{\rm{C}}} \right) - {m_{\rm{A}}}\left( {_5^{11}{\rm{B}}} \right) - 2 \cdot {m_{0,e}}} \right] \cdot {c^2}\\ &=& \left[ {11{,}011433{\rm{u}} - 11{,}009305{\rm{u}} - 2 \cdot 5{,}48580 \cdot {{10}^{ - 4}}{\rm{u}}} \right] \cdot {c^2}\\ &=& 1{,}03084 \cdot {10^{ - 3}}u \cdot {c^2}\\ &=& 1{,}03084 \cdot {10^{ - 3}} \cdot 931{,}49\,{\rm{MeV}}\\ &=& 0{,}96\,{\rm{MeV}}\end{eqnarray}\] Da der \(Q\)-Wert positiv ist, ist der ß+-Zerfall energetisch möglich.

d)Nachdem die kinetische Energie von Elektron und Positron zu vernachlässigen ist, besitzen die beiden Gammaquanten jeweils die Energie \(0{,}511\,\rm{MeV}\) (Ruheenergie des Elektrons bzw. Positrons). \[{E_\gamma } = \frac{{h \cdot c}}{\lambda } \Leftrightarrow \lambda  = \frac{{h \cdot c}}{{{E_\gamma }}}\] \[\Rightarrow \lambda = \frac{{6{,}63 \cdot {{10}^{ - 34}}\,{\rm{Js}} \cdot 2{,}998 \cdot {{10}^8}\,\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{0{,}511 \cdot {{10}^6} \cdot 1{,}602 \cdot {{10}^{ - 19}}\,{\rm{As}} \cdot {\rm{V}}}} = 2{,}43 \cdot {10^{ - 12}}\,{\rm{m}}\] Aufgrund der zu vernachlässigenden kinetischen Energie der Ausgangsprodukte, ist auch der Impuls vor der Reaktion nahezu Null. Entstünde nur ein einziges Photon, so könnte der Impuls nach der Reaktion wegen eines Widerspruchs zum Impulserhaltungssatz nicht Null sein.

Joachim Herz Stiftung

e)Aufgrund des Impulserhaltungssatzes werden die beiden Photonen in entgegengesetzter Richtung emittiert. Sprechen die Detektoren an, so muss der Entstehungsort der Quanten auf der Verbindungslinie der Detektoren liegen. Der Laufstreckenunterschied berechnet sich dann zu \[\Delta x = c \cdot \Delta t\] Einsetzen der gegebenen Werte liefert \[\Delta x = 2{,}99 \cdot {10^8}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \cdot 0{,}80 \cdot {10^{ - 9}}\,{\rm{m}} = 0{,}24\,{\rm{m}}\] Der Entstehungsort ist also etwa \(18\,\rm{cm}\) von Detektor 2 entfernt.

f)Neben dem ß+-Zerfall ist auch noch der Elektroneneinfang-Prozess (EC) möglich. Dabei wandelt sich ein Kernproton in ein Kernneutron und ein Neutrino um. Das erforderliche Elektron stammt in der Regel aus der K-Schale der Hülle vom Kohlenstoffatom. Beim Auffüllen der entstandenen Elektronenlücke kommt es zur Emission der charakteristischen Röntgenstrahlung. Die entsprechende Kernreaktionsgleichung lautet \[_6^{11}{\rm{C + }}{}_{ - 1}^0{\rm{e}} \to _5^{11}{\rm{B}} + _0^0{\nu _e}\] Beim Auffüllen der entstandenen Elektronenlücke kommt es zur Emission der charakteristischen Röntgenstrahlung.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Kern-/Teilchenphysik

Anwendungen der Kernphysik