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Ausblick

Supraleitung und Suprafluidität

Bei sehr tiefen Temperaturen treten in bestimmten Materialien absonderliche Effekte auf.

Supraleitung

Wenn gewöhnliche elektrische Leiter von einem Strom durchflossen werden, so erwärmen sich diese aufgrund ihres elektrischen Widerstands.

Dem holländischen Physiker Kammerling Onnes gelang in der "Tieftemperatur-Hochburg" Leiden die Verflüssigung von Helium, das bei 4,2K kondensiert. Im Jahre 1911 entdeckte Onnes, dass eine Quecksilberprobe bei 4,2 K schlagartig ihren elektrischen Widerstand verlor, also zu einem idealen Leiter wurde. Onnes bezeichnete dieses Phänomen als Supraleitung. Er bekam für seine Entdeckung im Jahre 1913 den Nobelpreis für Physik. Im supraleitenden Zustand führen auch sehr hohe Stromstärken nicht zu einer Erwärmung des Leiters.
In der Folgezeit wurden eine Reihe von Supraleitern entdeckt. Allen gemeinsam war, dass sie bei einer kritischen Temperatur Tc (Sprungtemperatur) ihren Widerstand verloren.

Im Jahre 1986 entdeckten G. Bednorz und A. Müller dass der keramische Stoff YBa2Cu3O7 eine relativ hohe Sprungtemperatur von 92 K besitzt. Zum Kühlen dieser Proben reicht der leicht erhältliche und im Vergleich zum flüssigen Helium wesentlich billigere flüssige Stickstoff aus, der bei 77 K siedet. Inzwischen hat man eine Reihe von sogenannten Hochtemperatur-Supraleitern gefunden. Allerdings ist man immer noch auf der Suche nach praktikablen Werkstoffen, die einmal als energiesparender Ersatz für die heute verwendeten Kupferleitungen bei der Stromversorgung dienen könnten.

Material Sprungtemperatur
Aluminium

\(1,14\rm{K}\)

Quecksilber \(4,14\rm{K}\)
\(\rm{YBa_2 Cu_3 O_7}\) \(92\rm{K}\)
\(\rm{HqBa_2 Ca_2 Cu_3 O_8}\) \(133\rm{K}\)

 

Spulen, die aus Supraleitern aufgebaut sind, werden überall dort eingesetzt, wo man sehr starke Magnetfelder benötigt. Hierzu einige Beispiele:

2020 CERN CERN
Abb. 3 CMS-Detektor am CERN
  • Bei sogenannten Fusionsexperimenten möchte man auf der Erde den Prozess der Energiegewinnung - wie er auf der Sonne abläuft - nachbilden. Die dazu benötigten extrem starken Magnetfelder werden in jüngerer Zeit durch supraleitende Spulen erzeugt.
  • Auch in Kernspintomographen, mit denen man auf eine relativ schonende Weise Einblick in das Innere eines Patienten gewinnen kann, werden supraleitende Spulen verwendet.
  • In großen Teilchenbeschleunigern, mit denen sich der Aufbau der Materie erforschen lässt, müssen die extrem schnellen geladenen Teilchen durch starke Magnetfelder auf Kreisbahnen gehalten werden. Wieder ein Einsatzfeld für supraleitende Spulen.
CC BY-SA 3.0 Peter nussbaumer
Abb. 4 Magnet schwebt über Supraleiter

Supraleitende Körper zeigen eine weitere besonders interessante Eigenschaft, die in dem nebenstehenden Bild zu erkennen ist: Bringt man unter den im supraleitenden Zustand befindlichen Körper einen Magneten, so schwebt der Supraleiter (warum das so ist, wirst du in einer höheren Klasse verstehen können). Man denkt daran, mit dem schwebenden Supraleiter einmal nahezu reibungsfreie Lager aufzubauen.

Suprafluidität

Kühlt man Helium unter die Temperatur von ca. 2,2K so zeigt ein Teil dieser Flüssigkeit völlig abnorme Eigenschaften:

  • CC BY-SA 3.0 Aarchiba
    Abb. 5 Helium-Kriechen
    Die Flüssigkeit verliert seine innere Reibung total und kann kleinste Poren und Ritzen durchdringen. Man bezeichnet diesen Zustand als den suprafluiden Zustand des Heliums
  • Wird diese Flüssigkeit zum Wirbeln angeregt, so bleibt dieser Zustand nahezu unbegrenzt erhalten.
  • Die Wärmeleitfähigkeit des suprafluiden Heliums ist um viele Größenordnungen höher als die des normalen Heliums.
  • Das suprafluide Helium zeigt das sogenannte "Film-Fließen" (vgl. Bild rechts)
    Die suprafluide Flüssigkeit, welche sich in zwei verschiedenen Gefäßen mit unterschiedlicher Pegelhöhe befindet, kann die Gefäßwände solange empor kriechen, bis es zu einem Pegelausgleich in den Gefäßen gekommen ist.
  • Besonders eindrucksvoll ist der sogenannte Springbrunneneffekt mit suprafluidem Helium, welcher in folgendem Video gezeigt wird.
    Superfluides Helium kann die Membran (z.B. aus Aluminiumoxid) durchdringen, normales Helium dagegen nicht.
    Das superfluide Helium (T < 2,2 K) dringt durch die Membran von unten in den Behälter.
    Durch Wärmezufuhr wird die Flüssigkeit oberhalb der Membran zu normalem flüssigem Helium (2,2K < T < 4,2K), welches die Membran nicht durchdringen kann.
    Auf diese Weise steigt der Druck im Behälter soweit an, dass sich eine Helium-Fontaine bildet.