Aus dem Unterricht in vorangegangenen Jahrgangsstufen kennst du verschiedene Formen von magnetische Feldern wie z.B. das Feld eines Stab- oder eines Hufeisenmagneten. Für viele Experimente und technische Anwendungen wie z.B. Massenspektrometer oder Teilchenbeschleuniger benötigt man homogene magnetische Felder, also Felder, bei denen der Feldstärkevektor immer in die gleiche Richtung zeigt und der Betrag der Feldstärke konstant ist.
Experimente und theoretische Überlegungen zeigen, dass im Innenraum einer stromdurchflossenen langen, luftgefüllten Zylinderspule ein fast homogenes magnetisches Feld herrscht. Die magnetische Feldstärke im Innenraum dieser Zylinderspule lässt sich aus leicht messbaren Größen berechnen.
Magnetfeld im Innenraum einer langen, luftgefüllten Zylinderspule
Wenn durch eine lange Zylinderspule ein elektrischer Strom fließt, dann herrscht im Innenraum der Spule ein homogenes magnetisches Feld.
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Die Richtung des magnetischen Feldes im Innenraum der Spule ist parallel zur Zylinderachse.
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Die Orientierung des magnetischen Feldes kann man mit der zweiten Rechte-Faust-Regel bestimmen. Dazu hältst du die vier Finger der rechten Hand im Bereich der Spule in Richtung der technischen Stromrichtung \(\vec I\) (also von \(+\) nach \(-\)). Hierbei musst du genau auf den Drehsinn der Wicklungen der Spule achten. Der Daumen deiner Hand zeigt dann den Verlauf der magnetischen Feldlinien und die Orientierung des Magnetfeldes (also in die Richtung, in die sich der Nordpol einer Kompassnadel ausrichten würde) an.
Hinweis: Natürlich kannst du die Orientierung des Magnetfeldes auch mit konsequentem Anwenden der ersten Rechte-Faust-Regel bestimmen. Achte auch hierbei auf den Drehsinn der Spulenwicklung.
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Der Betrag \(B\) der magnetischen Feldstärke im Innenraum der Spule berechnet sich durch\[B = {\mu _0} \cdot \frac{N}{l} \cdot I \quad {\rm{oder}} \quad B ={\mu _0} \cdot n \cdot {I}\]Dabei ist \(N\) die Anzahl der Windungen der Spule, \(l\) die Länge der Spule, \(n=\frac{N}{l}\) die sogenannte Windungsdichte der Spule, \(I\) die Stärke des Stroms durch die Spule und \(\mu_0=1{,}2566\cdot 10^{-6}\,\rm{\frac{N}{A^2}}\) die magnetische Feldkonstante.
Hinweise
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Eine Zylinderspule gilt als "lang", wenn \(l \gg d\), also die Länge sehr viel größer als der Durchmesser ist.
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Die obigen Formeln für die magnetische Feldstärke gelten nur für den Innenraum der Zylinderspule. Im Außenraum ist die magnetische Feldstärke nur sehr schwer zu berechnen.
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Die obigen Formeln gelten ebenfalls nur dann, wenn die Windungsdichte \(n=\frac{N}{l}\) groß ist. Bei kleinen Windungsdichten ist das magnetische Feld im Innenraum nicht mehr homogen.
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An den Enden der Zylinderspule ist die magnetische Feldstärke ungefähr halb so groß wie im Innenraum.
Mathematische Hilfen
Um Aufgaben rund um die Berechnung der magnetischen Feldstärke im Innenraum einer luftgefüllten Zylinderspule zu lösen musst du häufig die Gleichung \(B = \mu_0 \cdot \frac{N}{l} \cdot I \) nach einer Größe, die unbekannt ist, auflösen. Wie du das machen kannst zeigen wir dir in der folgenden Animation.
Vertausche die beiden Seiten der Gleichung.\[{{\mu_0}} \cdot \frac{\color{Red}{{N}}}{{{l}}} \cdot {{I}} = {{B}}\]
Multipliziere beide Seiten der Gleichung mit \(\color{Red}{{l}}\). Schreibe das \(\color{Red}{{l}}\) auf der rechten Seite der Gleichung direkt als Zähler in den Bruch.\[{{B}} \cdot \color{Red}{{l}} = {{\mu_0}} \cdot \frac{{{N}} \cdot \color{Red}{{l}}}{\color{Red}{{l}}} \cdot {{I}}\]
Vertausche die beiden Seiten der Gleichung.\[{{\mu_0}} \cdot \frac{{{N}}}{{{l}}} \cdot \color{Red}{{I}}={{B}}\]
Aus dem Unterricht in vorangegangenen Jahrgangsstufen weißt du, dass die magnetische Feldstärke einer stromdurchflossenen Spule größer wird, wenn man in den Innenraum der Spule einen Kern aus einem ferromagnetischen Stoff wie z.B. Kobalt, Nickel, Eisen oder einer geeigneten Legierung aus diesen Stoffen bringt. Dies liegt daran, dass sich die Elementarmagnete in ferromagnetischen Stoffen im magnetischen Feld parallel zu den Feldlinien ausrichten und ein zusätzliches magnetisches Feld verursachen, dass genau so wie das äußere Feld gerichtet ist und dieses verstärkt.
Wie stark ein Stoff das äußere magnetische Feld verstärkt wird durch seine sogenannte relative Permeabilität \(\mu_{\rm{r}}\) beschrieben.
Magnetische Feldstärke im Innenraum einer langen Zylinderspule mit Kern
Bringt man in den Innenraum einer langen Zylinderspule einen Kern aus einem ferromagnetischen Stoff wie z.B. Kobalt, Nickel, Eisen oder einer geeigneten Legierung, dann berechnet sich der Betrag \(B\) der magnetischen Feldstärke im Innenraum der Spule durch\[B = {\mu _0} \cdot \mu_{\rm{r}} \cdot \frac{N}{l} \cdot I \quad {\rm{oder}} \quad B ={\mu _0} \cdot \mu_{\rm{r}} \cdot n \cdot {I}\]Dabei ist \(N\) die Anzahl der Windungen der Spule, \(l\) die Länge der Spule, \(n=\frac{N}{l}\) die Windungsdichte der Spule, \(I\) die Stärke des Stroms durch die Spule, \(\mu_0=1{,}2566\cdot 10^{-6}\,\rm{\frac{N}{A^2}}\) die magnetische Feldkonstante und \(\mu_{\rm{r}}\) die relative Permeabilität des Stoffes.
Die folgende Tabelle zeigt die relative Permeabilität einiger Ferromagnetika. Dabei ist Mu-Metall (englisch: Permalloy) eine Eisen-Nickel-Legierung mit extrem hoher Permeabilität. Es wird u.a. zur weitgehenden Abschirmung von Magnetfeldern benutzt.
Material | Kobalt | Nickel | Eisen | Trafoblech | Mu-Metall |
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\(\mu_{\rm{r}}\) | \(200\) | bis \(2\,500\) | bis \(5\,000\) | bis \(75\,000\) | bis \(140\,000\) |