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Versuche

Modellversuch zur Magnetisierung

Ziel des Versuchs

  • Veranschaulichung der WEISSschen Bezirke
  • Demonstration des Umklappens der WEISSschen Bezirke
  • Modell zur Magnetisierung von ferromagnetischen Stoffen

WEISSsche Bezirke

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 ​WEISSsche Bezirke bei einer Vielzahl von Magnetnadeln

In einer Magnetnadelplatte wie in Abb. 1 sind eine Vielzahl von Magnetnadeln auf Spitzenlagern zwischen zwei quadratischen Plexiglasplatten montiert. Du kannst die Platte als Modell für einen ferromagnetischen Stoff wie Eisen ansehen.

Es zeigen sich, dass schon ohne äußeres Magnetfeld, allein durch die Wechselwirkung der Magnetnadeln untereinander, Bereiche gleicher Magnetnadelausrichtung entstehen. Diese Bereiche nennt man WEISSsche Bezirke.

Insgesamt gibt es aber keine Vorzugsrichtung, in die die einzelnen WEISSschen Bezirke ausgerichtet sind. Der Stoff ist nach außen hin zunächst unmagnetisiert.

Vereinfachter Versuchsaufbau

Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Versuchsaufbau für den Modellversuch zur Magnetisierung

Die Magnetnadelplatte wird als Modell für einen ferromagnetischen Körper horizontal zwischen den zwei Spulen eines Helmholtzspulenpaares platziert (Abb. 2). Ein Helmholtzspulenpaar sorgt bei entsprechendem Stromfluss durch die Spulen für ein homogenes Magnetfeld im Inneren der Spulen.

Als Netzgerät wird eine Gleichspannungsquelle benötigt, die je nach Helmholtzspulenpaar einen Gleichstrom von bis zu 4 Ampere liefern sollte.

Die Beobachtung der Magnetnadelplatte während des Versuchs kann gut mittels Dokumentenkamera o.ä. von oben erfolgen. Alternativ sind einige Helmholtzspulenpaare groß genug, um einen Overheadprojektor im Inneren zu platzieren.

Versuchsdurchführung und Beobachtung im Video

Beobachtung und Erklärung

Zu Beginn sind die verschiedenen WEISSschen Bezirke des ferromagnetischen Stoffes ohne Vorzugsrichtung ausgerichteten - der Stoff ist nach außen hin unmagnetisiert. Mit ansteigendem äußeren Magnetfeld klappen nach und nach immer mehr WEISSsche Bezirke schlagartig um und richten sich entsprechend des äußeren Magnetfeldes aus. Sind alle WEISSschen Bezirke parallel zum äußeren Magnetfeld ausgerichtet, so ist der ferromagnetische Stoff maximal magnetisiert.

Wird das äußere Magnetfeld anschließend wieder entfernt, so geht die Magnetisierung des Modells nicht von selbst wieder vollständig zurück, sondern reduziert sich lediglich. Es bleibt eine Restmagnetisierung, die Remanenz. Erst ein starkes Schütteln des Modells, was dem Erwärmen des Stoffes entspricht, oder ein Klopfen auf das Modell, was mechanischen Erschütterungen entspricht, sorgt wieder dafür, dass sich die WEISSschen Bezirke zufällig ausrichten und die Magnetisierung vollständig verschwindet. Der Stoff ist wieder unmagnetisiert.

Aufgabe
Aufgabe

Erläutere mit Hilfe deines Wissens über WEISSsche Bezirke, wie du einen Eisennagel magnetisieren und entmagnetisieren kannst und was dabei jeweils mit den WEISSschen Bezirken im Eisennagels passiert.

Lösung

Zu Beginn sind die WEISSschen Bezirke im Eisennagel zufällig ausgerichtet - der Nagel ist unmagnetisiert. Nun bringt man den Eisennagel in die Nähe eines äußeren Magnetfeldes, z.B. in das Magnetfeld eines Permanentmagneten. Durch den Einfluss des Magnetfeldes klappen einige WEISSsche Bezirke im inneren des Nagels um und richten sich passend zum äußeren Magnetfeld aus - der Eisennagel wird magnetisiert. Wieviele WEISSsche Bezirke umklappen hängt dabei von der Stärke des äußeren Magnetfeldes ab: je stärker das Magnetfeld, desto mehr WEISSsche Bezirke klappen um und desto stärker wird der Eisennagel magnetisiert (bis alle WEISSschen Bezirke parallel zum äußeren Magenetfeld verlaufen).  

Nun nimmt man das äußere Magnetfeld wieder weg. Die Magnetisierung des Nagels geht zurück, verschwindet aber nicht vollständig. Der Nagel bleibt magnetisiert (Remanenz).

Um den Nagel zu entmagnetisieren muss man dafür sorgen, dass sich die WEISSschen Bezirke wieder zufällig ohne Vorzugsrichtung ausrichten. Dies kann man durch Erhitzen des Nagels erreichen oder durch mechanische Erschütterungen (dabei sollte der Nagel aber nicht parallel zum Erdmagnetfeld orientiert sein).

Erweiterter Versuchsaufbau mit Ausgleich des Erdmagnetfeldes

Da das Erdmagnetfeld bei der Versuchsausführung grundsätzlich störend wirkt, kann der Versuch auch in einer Anordnung mit doppelter Helmholtzspulenwicklung durchgeführt werden. Bei einer solchen Anordnung besteht jede Spule aus zwei getrennten Wicklungen, durch die unabhängig voneinander Strom fließt. Somit können zwei voneinander unabhängige Magnetfelder erzeugt und reguliert werden.

Zum Ausgleich des Erdmagentfeldes lässt man durch ein Spulenpaar einen schwachen Strom fließen, so dass die Horizontalkomponente des Erdmagnetfeldes durch das Magnetfeld der Spule gerade kompensiert wird. Die Kompensation ist ideal, wenn eine zwischen die Spulen gebrachte große Kompassnadel in jeder Stellung zur Ruhe kommt.

Bewegt man einen sehr schwachen Permanentmagneten über das Modell, so geraten dessen Magnetnadeln in ungeordnete Rotationsbewegungen. Nach dem Entfernen des Permanentmagneten stellen sich Zonen gleicher Magnetisierung ein, die modellhaft für die WEISSschen Bezirke stehen. Die Ausrichtung der Magnetnadeln verteilt sich einigermaßen gleichmäßig auf die vier Richtungen, welche durch die Kanten des Modells vorgegeben sind. Das Magnetnadelmodell ist in diesem Zustand nach außen hin weitgehend unmagnetisch.

Beobachtung

Lässt man nun durch das zweite HELMHOLTZ-Spulenpaar einen kontinuierlich ansteigenden Strom fließen, so drehen sich einige Nadeln in eine andere, zum äußeren Magnetfeld günstigere Richtung ("sie hängen ihr Fähnchen in den Wind"). Meist treten beim skizzieren Modell 90°-Drehungen auf. Die WEISSschen Bezirke verändern sich in ihrer Anordnung.

Bei weiterer Erhöhung des Stromes durch das zweite HELMHOLTZ-Spulenpaar kommt es sogar zu 180°-Drehungen. Diese deutliche Änderung der Magnetisierungsrichtung kann makroskopisch durch messbare Induktionsspannungen nachgewiesen werden (BARKHAUSEN-Effekt). Auch in dieser Phase sind beim verwendeten Modell die Nadeln fast ausschließlich parallel zu den Kanten des Modells ausgerichtet.

Erhöht man das äußere Magnetfeld nochmals weiter, so drehen sich die Nadeln schließlich in Richtung des äußeren Feldes (Drehprozesse).

Quantitative Versuchsauswertung

Die folgende Animation gibt ein idealisiertes Versuchsergebnis wieder, welches mit dem abgebildeten kubischen Magnetnadel-Modell gewonnen werden kann.

Abb. 3 Beobachtungen und Erklärung zum Modellversuch zur Magnetisierung

Remanenz

In dem Diagramm rechts ist der Verlauf der magnetischen Feldstärke \(B\) (Flussdichte) in Richtung des äußeren Magnetfeldes in Abhängigkeit vom Strom durch das zweite Spulenpaar qualitativ dargestellt. Als Maß für die Stärke des Magnetfeldes wird dabei die Zahl der Nadeln in Richtung des äußeren Magnetfeldes verwendet (bildet die Nadel mit der äußeren Feldrichtung einen Winkel, so ist nur die entsprechende Komponente zu berücksichtigen).

  • Es zeigt sich, dass Spulenstrom und Magnetfeldstärke - entgegen den Verhältnissen bei der "luftgefüllten" Spule - nicht zueinander proportional sind.
  • Außerdem kann man nach Abschalten des Spulenstroms feststellen, dass trotzdem noch eine resultierende Magnetisierung des Modells in Richtung des vorher vorhandenen äußeren Feldes besteht. Die entsprechende Magnetfeldstärke wird als Remanenz bezeichnet.
  • Man könnte nun das äußere Feld in die entgegengesetzte Richtung von Null an steigern und wiederum die Magnetisierung "auszählen". Auf diese Weise würde man den vollständigen Zusammenhang zwischen dem Spulenstrom und der resultierenden Magnetfeldstärke erhalten. Die dabei entstehende Kurve ist komplex und wird als Hysteresiskurve bezeichnet.