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Aufgabe

MILLIKAN-Versuch (Steige-Sink-Methode)

Schwierigkeitsgrad: schwere Aufgabe

Abb. 1 Durchführung und Beobachungen bei der Steige-Sink-Methode des MILLIKAN-Versuchs

Bei Präzisionsmessungen der Elementarladung nach MILLIKAN lässt man ein geladenes Öltröpfchen durch Umpolen des Feldes abwechselnd sinken und steigen. Bei Dunkelfeldbeleuchtung wird im Mikroskop mit Okularmikrometer die Bewegung des Teilchens beobachtet. So können die Steige- und Sinkgeschwindigkeiten \(v_1\) und \(v_2\) bestimmt werden. Wegen der wirkenden Reibungskraft der Luft sind diese Geschwindigkeiten nach einer zu vernachlässigenden Beschleunigungsphase konstant. Der Betrag dieser Reibungskraft ist \({F_R} = 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot v\). Dabei bedeutet \(\eta \) die "Zähigkeit des Mediums" (hier Luft), in dem sich die kugelförmig angenommenen Teilchen mit dem Radius \(r\) und der Geschwindigkeit \(v\) bewegen.

a)Erläutern Sie, welche Kräfte auf das Öltröpfchen während seiner Bewegung wirken. Den Auftrieb auf die Öltröpfchen können Sie in den Teilaufgaben a) bis f) vernachlässigen.

b)Erläutern Sie, welche Aussage aus der Konstanz der Steige- bzw. Sinkgeschwindigkeit über die Summe der jeweils am Öltröpfchen angreifenden Kräfte folgt.

c)Stellen Sie die Kraftgleichungen für die Steige- und Sinkbewegung des Öltröpfchens auf. Die elektrische Kraft wirkt dabei stets in der Bewegungsrichtung.

d)Zeigen Sie, dass man durch Addition der Kraftgleichungen von Teilaufgabe c) den folgenden Ausdruck für den Radius des Öltröpfchens erhalten kann:
\[r = \frac{3}{2} \cdot \sqrt {\frac{\eta }{{g \cdot {\rho _{{\rm{Öl}}}}}}}  \cdot \sqrt {{v_{{\rm{2}}}} - {v_{{\rm{1}}}}} \]

e)Zeigen Sie, dass man durch Subtraktion der Kraftgleichungen von Teilaufgabe c) und mit dem Ergebnis von Teilaufgabe d) den folgenden - nur aus Messgrößen bestehenden - Ausdruck für \(q\) erhält:
\[q = \frac{{9 \cdot \pi  \cdot d}}{{2 \cdot U}} \cdot \sqrt {\frac{{{\eta ^3}}}{{g \cdot {\rho _{{\rm{Öl}}}}}}}  \cdot \sqrt {{v_{{\rm{2}}}} - {v_{{\rm{1}}}}}  \cdot \left( {{v_{{\rm{1}}}} + {v_{{\rm{2}}}}} \right)\]

f)Im Experiment misst man bei \(d = 6,00 \cdot {10^{ - 3}}{\rm{m}}\), \({\rho _{{\rm{Öl}}}} = 875,3\frac{{{\rm{kg}}}}{{{{\rm{m}}^{\rm{3}}}}}\) und \(\eta = 1,81 \cdot {10^{ - 5}}\frac{{{\rm{N}} \cdot {\rm{s}}}}{{{{\rm{m}}^{\rm{2}}}}}\) für ein Öltröpfchen die Werte \(U=158\rm{V}\),  \(v_1 = 1,88 \cdot {10^{ - 5}}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\) und \(v_2 = 1,00 \cdot {10^{ - 4}}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\).

Berechnen Sie hiermit die Ladung des Öltröpfchens. Eine CUNNINGHAM-Korrektur ist dabei nicht erforderlich.

g)Erläutern Sie, wie sich das Ergebnis von Teilaufgabe e) ändert, wenn man den Auftrieb, den die Öltröpfchen in Luft erfahren, berücksichtigt.

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a)Steigen: Auf das Tröpfchen wirken zuerst nur die Gewichtskraft \({\vec F_{{\rm{G}}}}\) nach unten und die betraglich größere Elektrische Kraft \({{\vec F}_{{\rm{el}}}}\) nach oben, so dass die nach oben gerichtete Kraft \(\vec F = {{\vec F}_{{\rm{el}}}} - {{\vec F}_{{\rm{G}}}}\) (nicht eingezeichnet) das Tröpfchen nach oben beschleunigt. Durch die größer werdende Geschwindigkeit steigt nun die der Bewegung entgegengerichtete STOKESsche Reibungskraft \({{\vec F}_{{\rm{R1}}}}\) so lange an, bis sie betraglich gleich der oben angesprochenen Kraft \({\vec F}\) ist. Ab diesem Zeitpunkt wirkt auf das Tröpfchen keine resultierende Kraft mehr und es bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit \({{\vec v}_1}\) weiter nach oben.

 

Sinken: Auf das Tröpfen wirken zuerst nur die Gewichtskraft \({\vec F_{{\rm{G}}}}\) und die Elektrische Kraft \({{\vec F}_{{\rm{el}}}}\) nach unten, so dass die nach unten gerichtete Kraft \(\vec F = {{\vec F}_{{\rm{el}}}} + {{\vec F}_{{\rm{G}}}}\) (nicht eingezeichnet) das Tröpfchen nach unten beschleunigt. Durch die größer werdende Geschwindigkeit steigt nun die der Bewegung entgegengerichtete STOKESsche Reibungskraft \({{\vec F}_{{\rm{R2}}}}\) so lange an, bis sie betraglich gleich der oben angesprochenen Kraft \({\vec F}\) ist. Ab diesem Zeitpunkt wirkt auf das Tröpfchen keine resultierende Kraft mehr und es bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit \({{\vec v}_2}\) weiter nach unten.

b)Aus der Konstanz der Sink- bzw. Steiggeschwindigkeit kann man folgern, dass die Summe aller auf das Tröpfchen wirkenden Kräfte genau Null ist, sich die Kräfte also gegenseitig aufheben.

c)Sinken: Die Summe aus Gewichtskraft \(F_{\rm{G}} = \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g\) (\(\rho \): Dichte; \(r\): Radius des Tröpfchens; \(g\): Erdbeschleunigung)) und STOKESscher Reibungskraft \(F_{\rm{R1}} = 6 \cdot \pi \cdot \eta \cdot r \cdot {v_1}\) (\(\eta \): Zähigkeit der Luft; \(r\): Radius des Tröpfchens; \(v_1\): Geschwindigkeit des Tröpfchens beim Steigen) ist betragsgleich der Elektrischen Kraft \(F_{\rm{el}} = q \cdot \frac{U}{d}\) (\(q\): Ladung des Tröpfchens; \(U\): Spannung an den Kondensatorplatten; \(d\): Plattenabstand):
\[\begin{eqnarray} \left| F_{\rm{G}} + F_{\rm{R1}} \right| &=& \left| F_{\rm{el}} \right| \\ \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g + 6 \cdot \pi \cdot \eta \cdot r \cdot {v_1}  &=& q \cdot \frac{U}{d} \quad(1)\end{eqnarray}\]

Steigen: Die Summe aus Gewichtskraft \(F_{\rm{G}} = \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g\) (\(\rho \): Dichte; \(r\): Radius des Tröpfchens; \(g\): Erdbeschleunigung)) und Elektrischer Kraft \({F_{{\rm{el}}}} = q \cdot \frac{U}{d}\) (\(q\): Ladung des Tröpfchens; \(U\): Spannung an den Kondensatorplatten; \(d\): Plattenabstand) ist betragsgleich der STOKESschen Reibungskraft \({F_{\rm{R2}}} = 6 \cdot \pi \cdot \eta \cdot r \cdot {v_2}\) (\(\eta \): Zähigkeit der Luft; \(r\): Radius des Tröpfchens; \(v_2\): Geschwindigkeit des Tröpfchens beim Sinken):
\[\begin{eqnarray}\left|  F_{\rm{G}} + F_{\rm{el}} \right| &=& \left| F_{\rm{R2}} \right| \\ \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g + q \cdot \frac{U}{d} &=& 6 \cdot \pi \cdot \eta \cdot r \cdot {v_2} \quad(2)\end{eqnarray}\]

d)Bringe in Gleichung \((2)\) den Term für die STOKESsche Reibungskraft auf die linke und den für die Elektrische Kraft auf die rechte Seite. Die dadurch neu entstehende Gleichung sei \((2.1)\).
\[\begin{eqnarray}\rho  \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi \cdot {r^3} \cdot g + q \cdot \frac{U}{d} &=& 6 \cdot \pi  \cdot \eta \cdot r \cdot {v_2}\\ \Leftrightarrow \rho  \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi \cdot {r^3} \cdot g - 6 \cdot \pi \cdot \eta  \cdot r \cdot {v_2} &=&  - q \cdot \frac{U}{d} \quad(2.1)\end{eqnarray}\]
Addiere zu Gleichung \((1)\) Gleichung \((2.1)\), fasse die linke Seite der sich ergebenden Gleichung so weit wie möglich zusammen und löse die Gleichung nach dem Radius \(r\) auf. Die dadurch neu entstehende Gleichung sei Gleichung \((4)\).
\[\begin{eqnarray}(1) + (2.1):\rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi \cdot {r^3} \cdot g + 6 \cdot \pi  \cdot \eta \cdot r \cdot {v_1} + \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g - 6 \cdot \pi \cdot \eta \cdot r \cdot {v_2} &=& q \cdot \frac{U}{d} + \left( { - q \cdot \frac{U}{d}} \right)\\ \Leftrightarrow 2 \cdot \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g + 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot {v_1} - 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot {v_2} &=& 0\\ \Leftrightarrow 2 \cdot \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g + 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot \left( {{v_1} - {v_2}} \right) &=& 0\\ \Leftrightarrow 2 \cdot \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g &=&  - 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot \left( {{v_1} - {v_2}} \right) \\ \Leftrightarrow 2 \cdot \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g
&=& 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot \left( {{v_2} - {v_1}} \right) |:r|:\pi \\ \Leftrightarrow 2 \cdot \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot {r^2} \cdot g &=& 6 \cdot \eta  \cdot \left( {{v_2} - {v_1}} \right)\\ \Leftrightarrow {r^2} &=& \frac{9}{4} \cdot \frac{{\eta  \cdot \left( {{v_2} - {v_1}} \right)}}{{\rho \cdot g}}\\ \Rightarrow r &=& \frac{3}{2} \cdot \sqrt {\frac{{\eta  \cdot \left( {{v_2} - {v_1}} \right)}}{{\rho \cdot g}}} \;\;\;(4)\end{eqnarray}\]

e)Subtrahiere von Gleichung \((1)\) Gleichung \((2.1)\), fasse beide Seiten der sich ergebenden Gleichung so weit wie möglich zusammen und löse die Gleichung nach der Ladung \(q\) auf. Die dadurch neu entstehende Gleichung sei Gleichung \((3)\).
\[\begin{eqnarray}(1) - (2.1):\rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi \cdot {r^3} \cdot g + 6 \cdot \pi \cdot \eta  \cdot r \cdot {v_1} - \left( {\rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi \cdot {r^3} \cdot g - 6 \cdot \pi \cdot \eta  \cdot r \cdot {v_2}} \right) &=& q \cdot \frac{U}{d} - \left( { - q \cdot \frac{U}{d}} \right)\\ \Leftrightarrow \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g + 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot {v_1} - \rho \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g + 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot {v_2} &=& q \cdot \frac{U}{d} + q \cdot \frac{U}{d}\\ \Leftrightarrow 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot {v_1} + 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot {v_2} &=& 2 \cdot q \cdot \frac{U}{d}\\ \Leftrightarrow 6 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot \left( {{v_1} + {v_2}} \right) &=& 2 \cdot q \cdot \frac{U}{d}\\ \Leftrightarrow q &=& \frac{{3 \cdot \pi  \cdot \eta  \cdot r \cdot \left( {{v_1} + {v_2}} \right) \cdot d}}{U} \quad(3)\end{eqnarray}\]
Ersetze die Größe \(r\) in Gleichung \((3)\) durch den gleichwertigen Term für \(r\) aus Gleichung \((4)\) und fasse die rechte Seite der neuen Gleichung so weit wie möglich zusammen. Es ergibt sich Gleichung \((5)\).
\[(4)\;{\rm{in}}\;(3):q = \frac{{3 \cdot \pi \cdot \eta \cdot \frac{3}{2} \cdot \sqrt {\frac{{\eta \cdot \left( {{v_2} - {v_1}} \right)}}{{\rho \cdot g}}} \cdot \left( {{v_1} + {v_2}} \right) \cdot d}}{U} = \frac{{9 \cdot \pi \cdot d}}{{2 \cdot U}} \cdot \sqrt {\frac{{{\eta ^3}}}{{\rho \cdot g}}}  \cdot \sqrt {{v_2} - {v_1}}  \cdot \left( {{v_1} + {v_2}} \right)\quad(5)\]

f)\[\begin{eqnarray}q &=& \frac{{9 \cdot \pi  \cdot 6,00 \cdot {{10}^{ - 3}}{\rm{m}}}}{{2 \cdot 158{\rm{V}}}} \sqrt {\frac{{{{\left( {1,81 \cdot {{10}^{ - 5}}\frac{{{\rm{N}} \cdot {\rm{s}}}}{{{{\rm{m}}^{\rm{2}}}}}} \right)}^3}}}{{875,3\frac{{{\rm{kg}}}}{{{{\rm{m}}^{\rm{3}}}}} \cdot 9,81\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}}}}}  \sqrt {1,00 \cdot {{10}^{ - 4}}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} - 1,88 \cdot {{10}^{ - 5}}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}  \cdot \left( {1,88 \cdot {{10}^{ - 5}}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} + 1,00 \cdot {{10}^{ - 4}}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}} \right)\\ &=& 4,78 \cdot {10^{ - 19}}{\rm{As}} \approx 3e\end{eqnarray}\]

g)Da sich zwischen den Kondensatorplatten Luft befindet, wirkt auf das Öltröpfchen zusätzlich stets die Auftriebskraft \(F_{\rm{A}} = \rho _{\rm{Luft}} \cdot V \cdot g\) (\(\rho _{\rm{Luft}}\): Dichte von Luft; \(V\): Volumen des Tröpfchens; \(g\): Erdbeschleunigung) nach oben. Auch hier kann man das Volumen des Öltröpfchens mit Hilfe seines Radius ausdrücken, so dass sich für die Auftriebskraft \(F_{\rm{A}} = \rho _{\rm{Luft}} \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g\) (\(\rho _{\rm{Luft}}\): Dichte von Luft; \(r\): Radius des Tröpfchens; \(g\): Erdbeschleunigung) ergibt.

Obwohl die Auftriebskraft \(F_{\rm{A}}\) gegenüber der Gewichtskraft \(F_{\rm{G}}\) sehr klein ist und eigentlich vernachlässigt werden kann, wird häufig mit einer um die Auftriebskraft reduzierten Gewichtskraft \(F_{\rm{G'}} = F_{\rm{G}} - F_{\rm{A}}\) gerechnet; man erhält dann (\(\rho ' = \rho _{\rm{Öl}} -\rho _{\rm{Luft}}\): reduzierte Dichte; \(r\): Radius des Tröpfchens; \(g\): Erdbeschleunigung)
\[F_{\rm{G'}} = \rho' \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi  \cdot {r^3} \cdot g\]

Da \(\rho' < \rho\) wird so das Ergebnis für \(q\) größer, da der Nenner in der Wurzel kleiner wird. Der Fehler von etwa \(0,1\% \) ist jedoch nicht sehr groß, da die Dichte von Luft erheblich kleiner ist als die Dichte des Öls.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Elektrizitätslehre

Ladungen & elektrisches Feld