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Geschichte

Frühe Fernleitung

Wenn in früheren Zeiten z.B. ein kleiner Handwerksbetrieb nicht nur auf die menschliche oder tierische Arbeitskraft angewiesen sein wollte, musste er im wesentlichen die Energie des Windes (z.B. Mühle) oder des Wassers (z.B. Hammerschmiede) ausnützen. Dies bedeutete, dass die Errichtung des Betriebes nur an bestimmten Orten möglich war. Mit der Erfindung der Dampfmaschine konnte diese Ortsabhängigkeit teilweise aufgehoben werden, allerdings war die Heranschaffung von Brennmaterial zur Dampferzeugung kein einfaches Problem, außerdem arbeiteten nur die größeren Dampfmaschinen einigermaßen wirtschaftlich.

Triebfeder Beleuchtung

Die Triebfeder für die Entwicklung leistungsfähiger elektrischer Generatoren war zunächst die Stromversorgung der inzwischen entwickelten elektrischen Beleuchtung (Edison), die einen riesigen Fortschritt gegenüber der bis dahin vorherrschenden Gasbeleuchtung darstellte. Zum Betrieb der meist verwendeten Gleichstromgeneratoren setzte man in kleinen dezentralen Elektrizitätswerken Dampfmaschinen ein.

Sehr bald wurde aber erkannt (Werner von Siemens), dass die Verfügbarkeit elektrischer Energie in verschiedensten Größenordnungen (nicht nur für die Beleuchtung) eine enorme Schubkraft für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands haben wird. Man musste sich also Gedanken darüber machen, wie man die elektrische Energie zum Verbraucher bringt.

Fernübertragung Miesbach-München 1882

Erinnerungstafel zur Fernübertragung (Dt. Museum)

Einer der Pioniere der Fernübertragung elektrischer Energie in Deutschland ist Oskar von MILLER (1855 - 1934). Er bekam 1882 von der Stadt München den Auftrag zur Organisation der Elektrizitäts-Ausstellung im Glaspalast in München. Als besondere Attraktion demonstrierte dabei von MILLER zusammen mit dem Franzosen M. Deprez die Gleichstrom-Fernübertragung elektrischer Energie von Miesbach nach München über eine 57km lange Telegrafenleitung.

Mit einer Dampfmaschine aus dem Kohlebergwerk wurde eine 1,5PS erfordernde Dynamomaschine angetrieben, welche eine Spannung von ca. 2kV lieferte. In München betrieb man damit eine elektrische Pumpe, die einen 2,5m hohen künstlichen Wasserfall betreiben sollte.

Mit diesem Experiment gelang der Nachweis, dass man elektrische Energie über größere Stecken transportieren kann, jedoch war der Wirkungsgrad der Anordnung nur etwa 25%.

Hinweis: Vergleiche hierzu auch die Aufgabe "Fernübertragung: Miesbach-München".

Eine Möglichkeit, die Leistungsverluste \({P_{{\rm{Verlust}}}} = {R_{{\rm{Leitung}}}} \cdot {I^2}\) in der Fernleitung zu mindern, wäre eine Reduzierung des Leitungswiderstandes \({R_{{\rm{Leitung}}}}\). Wie einfache Abschätzungen zeigen ist diese Möglichkeit jedoch völlig unwirtschaftlich.

Eine wesentlich bessere Methode stellte in dieser Zeit (und mit Einschränkungen auch noch heute) die Verwendung eines Wechselstromnetzes dar, bei dem man die Generatorspannung vor der Einspeisung in die Fernleitung hochtransformiert. Auf diese Weise gelingt die Übertragung der elektrischen Energie bei vergleichsweise kleinem Strom, wodurch die Verluste in der Fernleitung klein gehalten werden können. Gelingt es zum Beispiel den Strom in der Fernleitung auf ein Zehntel zu drücken, so sinken die Leistungsverluste auf ein Hundertstel. Natürlich muss vor dem Verbraucher die Hochspannung durch einen Transformator wieder herunter transformiert werden.

Fernübertragung Lauffen-Frankfurt 1891

Drehstrommotor zum Betrieb der Wasserfallpumpe, dahinter ein Bild von der Übertragungsstrecke (Dt. Museum)

Zur Elektrizitätsausstellung in Frankfurt 1891 baute von MILLER eine Drehstromübertragung von Lauffen am Neckar zum 175km entfernten Frankfurt am Main. Der von einer Wasserturbine angetriebene Generator lieferte drei phasenverschobene Wechselspanngen von \(55\,\rm{V}\), die im Verhältnis 1 : 160 hochtransformiert wurden. Drei Viertel der eingespeisten Leistung von ca. \(200\,\rm{PS}\) kamen in Frankfurt an, d.h. der Wirkungsgrad war etwa dreimal so hoch wie bei der Gleichspannungsübertragung von Miesbach nach München.

Zum Nachweis der übertragenen Energie ließ von MILLER in Frankfurt mit einem \(100\,\rm{PS}\)-Motor eine Wasserfall-Pumpe betreiben und mit 1000 Glühlampen ein Hinweisschild zur Fernübertragung beleuchten.

Wenn du weitere Details zur Drehstromtechnik erfahren möchtest, so kannst du diese hier einblenden.

Die erfolgreiche Demonstration der Fernübertragung elektrischer Energie mittels Drehstrom führte letztlich dazu, dass sich diese Methode weltweit durchsetzte. Um diese Zeit waren allerdings nicht alle maßgeblichen Leute vom Wert des Wechselstroms überzeugt. Der große Erfinder EDISON schrieb z.B. im Jahre 1889:

"Es gibt keinen Grund, der die Verwendung von hochgespannten Wechselströmen, sei es im wissenschaftlichen oder im kommerziellen Bereich, rechtfertigen würde. Man benützt sie lediglich, um an Investitionskosten für den Kupferdraht zu sparen. Ich persönlich würde wünschen, dass der Gebrauch von Wechselstrom völlig verboten würde. Er ist genauso unnotwendig, wie er gefährlich ist ... . Ich kann daher keinen Grund für die Einführung eines Systems sehen, das keinerlei Zukunftsaussichten hat, jedoch ungeheure Gefahren für Leben und Eigentum birgt.

Ich habe stets und eindringlich vor Leitungsnetzen für hochgespannten Wechselstrom zur elektrischen Beleuchtung abgeraten, nicht nur wegen der damit verbundenen Gefahr, sondern auch wegen ihrer allgemeinen Unverlässlichkeit und ihrer Unbrauchbarkeit in größeren Leitungsnetzen."

Du siehst, dass sich auch große Erfinder täuschen können!