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Grundwissen

Elektromagnetischer Schwingkreis ungedämpft

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Ein Schwingkreis besteht zentral aus einem Kondensator mit Kapazität \(C\), der zu Beginn mittels elektrischer Quelle auf \(U_0\) aufgeladen wird, und einer Spule der Induktivität \(L\).
  • Im ungedämpften Fall schwingt der Kreis harmonisch mit der Schwingungsdauer \(T = 2 \cdot \pi \cdot \sqrt {L \cdot C}\)
  • Die Spannung über dem Kondensator wird beschrieben durch \(U_C(t) = \left| {{U_0}} \right| \cdot \cos \left( {{\omega _0} \cdot t} \right)\quad {\rm{mit}}\quad{\omega _0} = \sqrt {\frac{1}{L \cdot C}}\)
Aufgaben Aufgaben
Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Schaltskizze eines ungedämpften elektromagnetischen Schwingkreises mit Zählpfeil und Polung der Messgeräte

Abb. 1 zeigt dir die Schaltskizze des Aufbaus, mit dem im Versuch eine ungedämpfte elektromagnetische Schwingung demonstriert werden könnte (wenn die Bauteile keinen OHMschen Widerstand hätten). Die Schaltskizze zeigt folgende Bauteile:

  • Eine elektrische Quelle mit der Nennspannung \(U_0\) zum Aufladen des Kondensators bei Versuchsbeginn.
  • Einen Umschalter \(\rm{S}\), mit dem zwischen den zwei Stromkreisen gewechselt werden kann.
  • Einen Kondensator der Kapazität \(C\).
  • Eine Spule der Induktivität \(L\).
  • Einen Widerstand, der den Strom beim Aufladen des Kondensators begrenzt. Dieser Widerstand spielt in den weiteren Überlegungen keine Rolle mehr.
  • Einen Strommesser für die Stromstärke \(I\).
  • Drei Spannungsmesser für die Spannungen \(U_0\), \(U_C\) und \(U_L\).

Aufladen des Kondensators

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Abb. 2 Schaltskizze der "Auflademasche" mit Zählpfeil und Polung der Messgeräte

Beim Aufladen des Kondensators befindet sich der Schalter \(\rm{S}\) in der linken Position, so dass wir die "große" Masche der Schaltung ("Auflademasche") betrachten müssen.

Die Polung der elektrischen Quelle mit dem "+"-Pol oben und dem "-"-Pol unten legt jetzt den Zählpfeil fest, der im Uhrzeigersinn dreht. Dies ist durch den grünen Kreispfeil in der Auflademasche gekennzeichnet.

Alle Messgeräte sind so geschaltet, dass der Zählpfeil von ihrem "+"-Pol zu ihrem "-"-Pol zeigt. Dies ist beim Strommesser und allen Spannungsmessern so gekennzeichnet.

Der Spannungsmesser über der elektrischen Quelle wird nun einen negativen Wert anzeigen (\(U_0<0\)), der Strommesser und der Spannungsmesser über dem Kondensator beim Aufladen jeweils positive Werte (\(I>0\) und \(U_C>0\)). Am Ende des Aufladevorgangs ergibt sich \(I=0\,\rm{A}\) und \(U_C=\left| {{U_0}} \right|\), auf der oberen Platte des Kondensators befindet sich die Ladung \(Q_0=+C \cdot \left| {{U_0}} \right|\).

Schwingvorgang

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Abb. 3 Schaltskizze der "Schwingmasche" mit Zählpfeil und Polung der Messgeräte

Beim Schwingen befindet sich der Schalter \(\rm{S}\) in der rechten Position, so dass wir nur die rechte Masche der Schaltung ("Schwingmasche") betrachten müssen.

Der Zählpfeil dreht weiterhin im Uhrzeigersinn und zeigt bei allen Messgeräten von ihrem "+"-Pol zu ihrem "-"-Pol.

Zum Zeitpunkt \(t=0\,\rm{s}\) des Schwingvorgangs wird der Spannungsmesser über dem Kondensator den positiven Wert \(U_C\left(0\,\rm{s}\right)=\left| {{U_0}} \right|\) und der Strommesser den Wert \(I=0\,\rm{A}\) anzeigen, auf der oberen Platte des Kondensators befindet sich die Ladung \(Q_0=+C \cdot \left| {{U_0}} \right|\).

In der ersten Phase des Schwingvorgangs wird der Spannungsmesser über dem Kondensator weiterhin positive Werte anzeigen (\(U_C>0\)). Da der Strom aber zuerst einmal entgegen dem Zählpfeil fließen wird, werden der Strommesser und der Spannungsmesser über der Spule zuerst negative Werte anzeigen (\(I<0\) und \(U_L<0\)).

Herleitung und Lösung der Schwingungsgleichung

Nach der KIRCHHOFF'schen Maschenregel gilt nun zu jedem Zeitpunkt \(t\) des Schwingvorgangs die Gleichung \[{U_C}(t) + {U_L}(t) = 0\]Wenn wir die bekannten Zusammenhänge

  • \({U_C}(t) = \frac{Q(t)}{C}\) (Kondensatorformel; \(Q(t)\): Ladung auf der oberen Platte des Kondensators während des Schwingvorgangs)

  • \( {U_L}(t) = L \cdot \dot I(t)\) (Spulenformel; \(I(t)\): Stärke des Stroms durch die Spule während des Schwingvorgangs)

  • \(I(t) = \dot Q(t)\) (Definition der elektrischen Stromstärke) und damit \(\dot I(t) = \ddot Q(t)\)

nutzen und in diese Gleichung einsetzen, so erhalten wir\[\frac{Q(t)}{C} + L \cdot \ddot Q(t) = 0\]Dividiert man beide Seiten dieser Gleichung durch \(L\) und vertauscht die Reihenfolge auf der linken Seite der Gleichung, so erhält man\[\ddot Q(t) + \frac{1}{L \cdot C}\cdot Q(t) = 0 \quad(*)\]Dies ist zusammen mit den Anfangsbedingungen \(Q_0 = Q(0\,{\rm{s}}) = C \cdot \left| {{U_0}} \right|\) und \(I(0\,{\rm{s}})=\dot Q(0\,{\rm{s}})=0\) die homogene Differentialgleichung 2. Ordnung für die Ladung \(Q(t)\) auf der oberen Platte des Kondensators während des Schwingvorgangs.

Diese Differentialgleichung wird gelöst durch die Funktion \(Q(t) = \hat Q \cdot \cos \left( {{\omega _0} \cdot t} \right)\) mit \(\hat Q = C \cdot \left| {{U_0}} \right|\) und \({\omega _0} = \sqrt {\frac{1}{L \cdot C}} \). Darauf aufbauende Rechnungen (vgl. Link am Ende dieses Artikels) ergeben:

Elektromagnetischer Schwingkreis - THOMSONsche Schwingungsgleichung

Bei geeignet gewählter Messrichtung (vgl. Abb. 1) und den Anfangsbedingungen \(Q(0) = C \cdot \left| {{U_0}} \right|\) und \(I(0)=0\) wird die Spannung über dem Kondensator eines elektromagnetischen Schwingkreises mit der Kapazität \(C\) und der Induktivität \(L\) beschrieben durch die Funktion\[U_C(t) = \left| {{U_0}} \right| \cdot \cos \left( {{\omega _0} \cdot t} \right)\quad {\rm{mit}}\quad{\omega _0} = \sqrt {\frac{1}{L \cdot C}} \]Der Schwingkreis schwingt somit harmonisch.

Für die Schwingungsdauer \(T\) ergibt sich dann wegen \(T=\frac{2 \cdot \pi}{\omega}\)\[T = \frac{{2 \cdot \pi }}{{\sqrt {\frac{{1}}{L \cdot C}} }} = 2 \cdot \pi \cdot \sqrt {L \cdot C} \quad \rm{THOMSONsche\;Schwingungsgleichung} \]

Die Stärke des Stroms im Schwingkreis wird bei gleicher Messrichtung beschrieben durch die Funktion\[I(t) = -\sqrt {\frac{C}{L}} \cdot \left| {{U_0}} \right| \cdot \sin \left( {{\omega _0} \cdot t} \right)\quad {\rm{mit}}\quad{\omega _0} = \sqrt {\frac{1}{L \cdot C}} \]

Die Animation in Abb. 2 zeigt dir den zeitlichen Verlauf von Ladung \(Q\) auf der "oberen" Kondensatorplatte, Stromstärke \(I\), Spannung \(U_C\) über dem Kondensator, Spannung \(U_L\) über der Spule, elektrischer Energie \(E_{\rm{el}}\) und magnetischer Energie \(E_{\rm{mag}}\) eines elektromagnetischen Schwingkreises in Abhängigkeit von den relevanten Parameter \(C\), \(L\) und \(U_0\). Diese Größen kannst du in gewissen Grenzen verändern und so deren Einfluss auf die Graphen beobachten.

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m
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Abb. 2 Graphen von Ladung auf der "oberen" Kondensatorplatte, Stromstärke, Spannung über dem Kondensator, Spannung über der Spule, elektrischer und magnetischer Energie eines ungedämelektromagnetischen Schwingkreises in Abhängigkeit von den relevanten Parametern

Wie wir im Theorieartikel (Link am Ende dieses Artikels) zeigen, wird das zeitliche Verhalten der weiteren relevanten Größen durch trigonometrische Funktionen beschrieben. Es ergibt sich\[U_C(t) =  \hat U_C \cdot \cos \left( {{\omega _0} \cdot t} \right)\;\;{\rm{mit}}\;\;\hat U_C = \left|U_0\right|\]\[U_L(t) =  - \hat U_L \cdot \cos \left( {{\omega _0} \cdot t} \right) \;\;{\rm{mit}}\;\;\hat U_L = \left|U_0\right|\]\[{E_{{\rm{el}}}}(t) = {E_{{\rm{el}}{\rm{,max}}}} \cdot {\cos ^2}\left( {{\omega _0} \cdot t} \right)\;\;{\rm{mit}}\;\;{E_{{\rm{el}}{\rm{,max}}}} = \frac{1}{2} \cdot C \cdot {\left| {{U_0}} \right|^2}\]\[{E_{{\rm{mag}}}}(t) = {E_{{\rm{mag}}{\rm{,max}}}} \cdot {\sin ^2}\left( {{\omega _0} \cdot t} \right)\;\;{\rm{mit}}\;\;{E_{{\rm{mag}}{\rm{,max}}}} = \frac{1}{2} \cdot C \cdot {\left| {{U_0}} \right|^2}\]

Abb. 3 Aufbau, Durchführung und Beobachtungen der Schwingung eines ungedämpften elektromagnetischen Schwingkreises. Beachte, dass der Strommesser anders als in der Schaltskizze eingebaut ist und deshalb die angezeigte Stromstärke umgekehrtes Vorzeichen hat.

Vergleich zwischen elektromagnetischem Schwingkreis und Federpendel

Wir vergleichen nun die Schwingungsgleichung für den elektromagnetischen Schwingkreis\[\ddot Q(t) + \frac{1}{L \cdot C}\cdot Q(t) = 0\]sowie deren Lösung (für die Anfangsbedingungen \(Q(0)=\hat Q\) und \(I(0)=\dot Q(0) = 0\)\[Q(t) = \hat Q \cdot \cos \left( \omega _0 \cdot t \right)\]mit der für das Federpendel\[\ddot x(t) + \frac{D}{m}\cdot x(t) = 0\]sowie deren Lösung (für die Anfangsbedingungen \(x(0)=\hat x\) und \(v(o) = \dot x(0) = 0\))\[x(t)=\hat x \cdot \cos \left( \omega _0 \cdot t\right)\]Dieser Vergleich zeigt:

Gleichartig strukturierte Differentialgleichungen führen zu gleich strukturierten Lösungen ("the same equations, the same solutions").

Oftmals wird in diesem Zusammenhang davon gesprochen, dass beim elektromagnetischen Schwingkreis die Spule die Funktion der trägen Masse und der Kondensator die Funktion der Feder beim Federpendel übernimmt.