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Aufgabe

Geschwindigkeitsmessung beim Fahrrad (Abitur BY 2020 Ph11-2 A2)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

Zur Demonstration der Geschwindigkeitsmessung eines Fahrrads wird ein Neodym-Magnet an einer Speiche des fest eingespannten Vorderrads befestigt. Dieser bewegt sich bei jeder Umdrehung des Rades näherungsweise geradlinig an einer Spule vorbei. Die Spule besitzt eine quadratische Querschnittsfläche mit der Seitenlänge \(1{,}0\,\rm{cm}\) und hat \(N = 500\) Windungen.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Skizze der Anordnung

Für die theoretische Betrachtung wird davon ausgegangen, dass das Feld des Magneten mit der magnetischen Flussdichte \(B = 0{,}80\,\rm{T}\) homogen und auf einen quadratischen Bereich mit der Seitenlänge \(l = 0{,}50\,\rm{cm}\) beschränkt ist. Der Magnet wird mit der Geschwindigkeit \(v = 1{,}0\,\rm{\frac{m}{s}}\) nahe an der Spule vorbeigeführt; zum Zeitpunkt \(t = 0\,\rm{s}\) ist er \(2{,}0\,\rm{cm}\) von der Spule entfernt. Abb. 1 zeigt vereinfacht die Anordnung.

a)

Begründe, dass im Intervall \(20\,\rm{ms} \le t \le 25\,\rm{ms}\) an den Spulenenden eine Spannung induziert wird. (5 BE)

b)

Zeichne den Verlauf des magnetischen Flusses \(\Phi\) durch die Spule in einem \(t\)-\(\Phi\)-Diagramm im Intervall \(0\,\rm{ms} \le t \le 55\,\rm{ms}\). (5 BE)

c)

Eine Schülerin entnimmt einer Formelsammlung die Beziehung \(\left|U_\rm{i} \right|=N \cdot B \cdot l \cdot v\).

Leite diese Beziehung aus dem allgemeinen Induktionsgesetz her.

Gib die Zeitintervalle an, in denen mit obigen Werten der Betrag der Induktionsspannung berechnet werden kann. (7 BE)

d)

Bestimme für das Intervall \(0\,\rm{ms} \le t \le 55\,\rm{ms}\) die Werte der induzierten Spannung.

Fertige das \(t\)-\(U_\rm{i}\)-Diagramm an. (4 BE)

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Abb. 2 Diagramm des realen Spannungsverlaufs mit zwei aufeinanderfolgenden Messsignalen

Abb. 2 zeigt den realen Spannungsverlauf mit zwei aufeinanderfolgenden Messsignalen.

e)

Beschreibe zwei Unterschiede zwischen dem idealisierten Diagramm aus Teilaufgabe d) und dem realen Spannungsverlauf (Abb. 2) im Intervall von \(15\,\rm{ms}\) bis \(40\,\rm{ms}\).

Begründe diese Unterschiede. (5 BE)

f)

Bestimme mithilfe des Diagramms in Abb. 2 die Bahngeschwindigkeit eines Punktes auf der Reifenoberfläche des Vorderrads (Durchmesser \(72\,\rm{cm}\)) in \(\rm{\frac{km}{h}}\). (4 BE)

g)

Erläutere zwei Veränderungen des realen Spannungsverlaufs, wenn sich das Rad mit doppelter Winkelgeschwindigkeit dreht. (4 BE)

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayerischen Kultusministeriums.

a)

Zum Zeitpunkt \(t_0 = 0\,\rm{s}\) hat der rechte Rand \(\rm{R_r}\) des Magneten vom linken Rand der Spule die Entfernung \(x_0 = 2{,}0\,\rm{cm}\). Sobald \(\rm{R_r}\) die Spule erreicht (Zeitpunkt \(t_1\)) nimmt der magnetische Fluss durch die Spule linear zu, es entsteht nach dem Induktionsgesetz eine konstante Spannung an der Spule, die solange anhält bis auch der linke Rand \(\rm{R_l}\) des Magneten die Spule erreicht hat (Zeitpunkt \(t_2\)).

Zuerst berechnen wir den Zeitpunkt \(t_1\). Aufgrund der Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit ergibt sich
\[t_1 = \frac{x_0}{v} \Rightarrow  t_1 = \frac{2{,}0\cdot 10^{-2}\,\rm{m}}{1{,}0\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}}= 2{,}0\cdot 10^{-2}\,\rm{s}=20\,\rm{ms}\]Analog ergibt sich für den Zeitpunkt \(t_2\)\[t_2 = \frac{x_0+l}{v} \Rightarrow  t_2 = \frac{2{,}0\cdot 10^{-2}\,\rm{m}+0{,}5\cdot 10^{-2}\,\rm{m}}{1{,}0\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}}= 2{,}5\cdot 10^{-2}\,\rm{s}=25\,\rm{ms}\]Im Zeitintervall \([20\,\rm{ms}; 25\,\rm{ms}]\) nimmt der magnetische Fluss \(\Phi\) durch die Spule linear mit der Zeit zu, also wird in der Spule eine konstante Spannung induziert.

b)

Für den magnetischen Fluss \(\Phi\) gilt \(\Phi\left(t\right) = B\cdot A\left(t\right)\).

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Abb. 3 \(t\)-\(\Phi\)-Diagramm
  • Zeitintervall \({\left[0\,\rm{ms};\,20\,\rm{ms}\right]}\): Der magnetische Fluss durch die Spule ist Null: \(\Phi_{\left[0\,\rm{ms};\,20\,\rm{ms}\right]} = 0\)

  • Zeitintervall \({\left[20\,\rm{ms};\,25\,\rm{ms}\right]}\): Der magnetische Fluss durch die Spule nimmt linear mit der Zeit vom Wert \(0\) bis zum Maximalwert \(\Phi_{\rm{max}}\left(25\,\rm{ms}\right) = B\cdot l^2\) zu. Dieser Maximalwert ergibt sich zu\[\Phi_{\rm{max}} = 0{,}80\,{\frac{\rm{V}\,\rm{s}}{\rm{m}^2}} \cdot \left(0{,}50\cdot10^{-2}\right)^2\,\rm{m}^2 = 20\cdot10^{-6}\,\rm{V}\,\rm{s}\]

  • Zeitintervall \({\left[25\,\rm{ms};\,30\,\rm{ms}\right]}\): Der magnetische Fluss ändert sich nicht, er bleibt konstant beim Wert \(\Phi_{\rm{max}} = 20\cdot10^{-6}\,\rm{V}\,\rm{s}\).

  • Zeitintervall \({\left[30\,\rm{ms};\,35\,\rm{ms}\right]}\): Der magnetische Fluss nimmt linear mit der Zeit vom Wert \(\Phi_{\rm{max}}\) auf den Wert Null ab.

  • Zeitintervall \({\left[35\,\rm{ms};\,55\,\rm{ms}\right]}\): Die Spule wird von keinem Magnetfeld mehr durchsetzt der Fluss hat den Wert Null.

c)

Das allgemeine Induktionsgesetz lautet\[U_{\rm{i}} = - N \cdot \frac{d \Phi\left(t\right)}{dt}\]Da der magnetische Fluss hier linear mit der Zeit ansteigt, kann man auch schreiben\[U_{\rm{i}} = - N\cdot\frac{\Delta\Phi\left(t\right)}{\Delta t}\]Somit gilt für die Berechnung der induzierten Spannung im Zeitintervall \(\left[20\,\rm{ms};\,25\,\rm{ms}\right]\)\[U_{\rm{i}} = -N \cdot \frac{\Delta\Phi}{\Delta t} = -N \cdot\frac{\Delta A\cdot B}{\Delta t} = -N\cdot\frac{\left(A-0\right) \cdot B}{\Delta t} = -N\cdot\frac{A\cdot B}{\Delta t} \quad (1)\]Für die vom Magnetfeld durchsetzte Spulenfläche kann man schreiben\[A = l \cdot v \cdot \Delta t \quad (2)\]Setzt man \((2)\) in \((1)\) ein, so ergibt sich\[U_{\rm{i}} = -N\cdot\frac{l\cdot v\cdot\Delta t\cdot B}{\Delta t} = -N\cdot l \cdot v \cdot B\]Für das Zeitintervall \(\left[30\,\rm{ms};\,35\,\rm{ms}\right]\) gilt eine analoge Überlegung. Nur nimmt hier die vom Magnetfeld durchsetzte Spulenfläche nicht zu, sondern ab. Dadurch wird die induzierte Spannung positiv.

d)
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Abb. 4 \(t\)-\(U_{\rm{i}}\)-Diagramm

Spannung tritt nur in den Zeitspannen auf, in denen sich der magnetische Fluss in der Spule ändert. Die ist der Fall in den Intervallen \(20\,\rm{ms}\leq t\leq 25\,\rm{ms}\) und \(30\,\rm{ms}\leq t\leq 35\,\rm{ms}\). Für den Betrag der jeweiligen Spannung gilt\[\left|U_{\rm{i}}\right| = N \cdot l \cdot v \cdot B\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[\left|U_{\rm{i}}\right| = 500 \cdot 0{,}50 \cdot 10^{-2}\,\rm{m} \cdot 1{,}0\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}} \cdot 0{,}80\,\rm{T} = 2{,}0\,\rm{V}\]

e)

Das Feld des Permanentmagneten ist nicht homogen und auch nicht so scharf begrenzt, wie es für die theoretische Herleitung angenommen wurde. Dadurch kommt es nicht zu dem angenommenen sprunghaften Anstieg der induzierten Spannung und zu den Plateaus zwischen \(20\,\rm{ms}\) und \(22\,\rm{ms}\) bzw. \(30\,\rm{ms}\) und \(35\,\rm{ms}\).

f)
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Abb. 5 Bestimmung des zeitlichen Abstands zweier aufeinanderfolgender Messsignale

Zwischen dem Auftreten zweier „zusammengehöriger“ Spannungsausschläge verstreicht die Zeit \(\Delta t = 500\,\rm{ms}\). In dieser Zeit hat sich das Rad um seinen Umfang \(u=2 \cdot \pi \cdot r\) fortbewegt. Somit gilt für die Geschwindigkeit des Rades\[v_{\rm{Rad}} = \frac{u}{\Delta t} = \frac{2 \cdot \pi \cdot r}{\Delta t} = \frac{\pi \cdot d}{\Delta t}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[v_{\rm{Rad}} = \frac{\pi \cdot 0{,}72\,\rm{m}}{500 \cdot 10^{-3}\,\rm{s}}= 4{,}5\,\rm{\frac{m}{s}} = 4{,}5 \cdot 3{,}6 \,\frac{\rm{km}}{\rm{h}} = 16\,\rm{\frac{km}{h}}\]

g)

Bei doppelter Winkelgeschwindigkeit verdoppelt sich auch die Bahngeschwindigkeit mit welcher der Magnet sich an der Spule vorbeibewegt. Dadurch verdoppelt sich auch die induzierte Spannung (vgl. Aufgabenteil c)).

Außerdem wird das \(t\)-\(U_{\rm{i}}\)-Diagramm um den Faktor \(2\) in der \(t\)-Richtung gestaucht.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Elektrizitätslehre

Elektromagnetische Induktion