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Ausblick

Linearbeschleuniger

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die Teilchen bewegen sich geradlinig durch wechselnd geladene Driftröhren, in den Zwischenräumen werden sie beschleunigt.
  • Zum Laden der Driftröhren wird eine Wechselspannung mit fester Frequenz genutzt, daher müssen die Driftröhren immer länger werden.
  • Anwendung finden Linearbeschleuniger z.B. bei der Tumorbestrahlung

Aufbau

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Aufbau eines Linearbeschleunigers

Ein Linearbeschleuniger (Wideröe-Beschleuniger), auch  besteht zentral aus einer Wechselspannungsquelle, einer Teilchenquelle und einer Reihe aus immer länger werdenden metallischen Driftröhren, die an die Spannungsquelle anschlossen sind (siehe Abb. 1). Um  Stöße mit Luftteilchen zu vermeiden, befindet sich der Bereich, in dem sich die Teilchen bewegen, in einem Vakuum.

Funktionsprinzip

Abb. 2 Aufbau und Funktionsweise eines Hochfrequenz-Linearbeschleunigers

Geladene Teilchen, wie gehen hier wie in der Animation in Abb. 2 von positiv geladenen Teilchen aus, verlassen die Teilchenquelle und bewegen sich in Richtung der ersten Driftröhre. Das Innere dieses Hohlzylinders ist feldfrei, es findet also im Inneren des Zylinders keine Beschleunigung statt. Beim Verlassen der ersten Röhre ist diese positiv geladen, die zweite Röhre hingegen negativ. Zwischen den Driftröhren entsteht so ein E-Feld, welches die geladenen Teilchen beschleunigt. Der Raum zwischen den Röhren (auch als Spalt bezeichnet) ist also die Beschleunigungsstrecke, auf der die Teilchen schneller werden.

Im feldfreien Innenraum der zweiten Röhre bewegen sich die Teilchen mit konstanter Geschwindigkeit, also gleichförmig. Währenddessen muss sich die Spannungsquelle umpolen, damit auch die Driftröhren umgekehrt geladen werden. Nur so werden die Teilchen auch zwischen der zweiten und dritten Röhre wieder beschleunigt. Dieser Ablauf wiederholt sich anschließend.

Hinweis: In der Animation ist ein Rechtschreibfehler vorhanden. Vor dem "wie" sollte kein Komma stehen.

Feste Frequenz der Wechselspannung

Da man eine Wechselspannungsquelle mit fester Frequenz \(f\) verwendet, ist die Zeitspanne zwischen dem Umpolen stets gleich. Die Teilchen werden aber bei richtiger Polung der Röhren immer schneller. Daher verlängert man die Röhren mit zunehmender Entfernung von der Quelle gerade so, dass die Durchflugszeit stets gleich ist. Auf diese Weise gelangen die Teilchen zwischen den Röhren stets ein optimal gepoltes Feld und werden optimal beschleunigt .

Wären die Röhren hingegen alle von gleicher Länge, so würde die Aufenthaltsdauer der Teilchen in der Röhre aufgrund ihrer zunehmenden Geschwindigkeit immer kleiner werden. Dies hätte bei fester Wechselspannungsfrequenz zur Folge, dass die Teilchen über kurz oder lang ein Gegenfeld zwischen zwei Röhren vorfinden würden, was eine Abbremsung zur Folge hätte.

Bei den Linearbeschleunigern erreichen die Teilchen Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit. Bei nicht so großen Rohrlängen muss also die Wechselspannung sehr schnell umgepolt werden. Daher der Name "Hochfrequenz-Linearbeschleuniger".

Simulation eines Linearbeschleunigers

Abb. 3 Simulation eines Linearbeschleunigers

Wir danken Thomas Kippenberg für die Erlaubnis, diese Simulation der MintApps auf LEIFIphysik zu nutzen. Der Code steht unter GNU GPLv3.

Anwendungen

Linearbeschleuniger werden z.B. in der Medizin zur Erzeugung schneller Elektronen genutzt, mit denen dann oberflächliche Tumore bestrahlt werden. Um tieferliegende Tumore zu bestrahlen, werden die schnellen Elektronen aus dem Linearbeschleuniger zur Erzeugung von Photonen (ultraharter Röntgenstrahlung) genutzt. Dazu werden die beschleunigten Elektronen auf ein Target geschossen, wobei sie schnell abgebremst werden, dabei entstehen die benötigten Photonen, die tiefer in den Körper eindringen können als Elektronen.

Klassische Berechnungen

Zu Beginn besitzen die Teilchen aufgrund ihrer Anfangsgeschwindigkeit \(v_0\) eine kinetische Energie von \(E_{\rm{kin}}=\frac{1}{2}\cdot m\cdot v_{0}^2\). Man kann ersatzweise auch annehmen, dass diese Anfangsgeschwindigkeit beim Durchlaufen einer Beschleunigungsspannung \(U_0\) gewonnen wurde. Diese berechnet sich aus \[E_{\rm{kin}} = q \cdot U_0 \Leftrightarrow \frac{1}{2} \cdot m \cdot v_0^2 = q \cdot U_0 \Leftrightarrow U_0 = \frac{m\cdot v_0^2}{2 \cdot q}\]Beim Passieren eines Spaltes zwischen zwei Driftröhren ändert sich diese um \[\Delta E_{\rm{kin}}=q\cdot U\]wobei \(q\) die Ladung des Teilchens und \(U\) die Spannung zwischen den Driftröhren ist. Vereinfachend vernachlässigt man dabei die Spaltbreite, nimmt also an, dass die Spannung während der Beschleunigung dem Scheitelwert der Wechselspannung entspricht, die Spannung für ein homogenes E-Feld zwischen den Driftröhren sorgt und somit die Beschleunigung konstant ist.

Nach dem Durchlaufen von \(n\)-Röhren, also nach \(n\text{-}1\)-Beschleunigungsstrecken, hat das Teilchen insgesamt eine Spannung von \[U_{\rm{ges,n}} = U_0 + \left( {n - 1} \right) \cdot {U}\] durchlaufen. Seine Geschwindigkeit beträgt somit \[v_{\rm{n}} = \sqrt {\frac{{2 \cdot e \cdot \left( {U_0 + \left( {n - 1} \right) \cdot {U}} \right)}}{m}}\]Diese Gleichung basiert jedoch auf nichtrelativistischer Rechnung, für große \(n\) wird die  Geschwindigkeit jedoch relativistisch, sodass dieser Ansatz dann nicht mehr anwendbar ist.

Die ideale Länge einer Röhre ergibt sich bei fester Frequenz \(f\) der Wechselspannung daraus, dass sich die Spannung beim Durchlaufen einer Röhre gerade einmal umkehren muss. Für die Durchflugzeit muss also gelten\[t_{\rm{Flug}}=\frac{1}{2}\cdot T=\frac{1}{2\cdot f}\]Ab der zweiten Driftröhre ist die ideale Röhrenlänge somit\[l_{n}=v_{n}\cdot  t_{\rm{Flug}}=v_{n}\cdot  \frac{1}{2}\cdot T=v_{n}\cdot  \frac{1}{2\cdot f}\]Einfacher werden Berechnungen, wenn man die Anfangsgeschwindigkeit der Teilchen vernachlässigt und wie in der Simulation die Strecke zwischen Quelle und erster Driftröhre als erste Beschleunigungsstrecke betrachtet wird.

Relativistische Rechnung

Typischerweise erreichen insbesondere leichte Teilchen wie Elektronen in Linearbeschleunigern schnell Geschwindigkeiten, bei denen eine relativistische Berechnung notwendig ist. Für die Zunahme der kinetischen Energie des beschleunigten Teilchens gilt auch hier \[\Delta E_{\rm{kin}}=q\cdot U\]die Geschwindigkeit muss jedoch ausgehend von der Gesamtenergie \(E=E_0+E_{\rm{kin}}\) ermittelt werden, wobei \(E_0\) die Ruheenergie des Teilchens ist. Für die Geschwindigkeit ergibt sich so aus \[v=c\cdot \sqrt{1-\frac{E_0^2}{E^2}}\]