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Aufgabe

Erzeugung eines fokussierten Protonenstrahls (Abitur BY 2016 Ph11 A2-1)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

Abbildung 1

Aus einer Ionenquelle treten \({{\rm{H}}^ - }\)-Ionen mit vernachlässigbarer Anfangsgeschwindigkeit in eine evakuierte Röhre. Bis zur sogenannten Stripperfolie durchlaufen diese Ionen die Hochspannung \(U\). Beim Durchdringen der Folie werden von allen \({{\rm{H}}^ - }\)-Ionen beide Elektronen abgestreift, ohne dass hierbei die kinetische Energie abnimmt. Die nun vorliegenden Protonen werden noch einmal im elektrischen Feld beschleunigt und besitzen beim Verlassen des Beschleunigers die Endgeschwindigkeit \(v = 7{,}17 \cdot {10^7}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}\).

a)Berechne für ein Proton, das den Beschleuniger verlässt, den LORENTZ-Faktor \(\gamma \) und den relativistischen Impuls \(p\). [zur Kontrolle: \(p = 1{,}24 \cdot {10^{ - 19}}{\rm{Ns}}\)] (6 BE)

b)Berechne die am Beschleuniger anliegende Spannung \(U\). Sie dürfen dabei annehmen, dass ein \({{\rm{H}}^ - }\)-Ion die gleiche Ruhemasse wie ein Proton hat. (8 BE)

c)Anschließend werden die Protonen in einem homogenen Magnetfeld um \(90^\circ \) abgelenkt.

Bestimme die magnetische Flussdichte im Ablenkmagneten, wenn sich ein Proton auf einem Kreisbogen mit Radius \(1{,}50\,{\rm{m}}\) bewegt. (6 BE)

 
Abbildung 2

Bevor der Protonenstrahl die Experimentierstation erreicht, wird dieser mithilfe von sogenannten Quadrupolmagneten fokussiert. Abb. 2 zeigt den schematischen Aufbau eines solchen Quadrupolmagneten sowie den Protonenstrahl im Querschnitt (grau dargestellt). Nehmen Sie vereinfachend an, dass sich alle Protonen beim Eintritt in den Quadrupolmagneten parallel zur \(z\)-Achse bewegen, die senkrecht aus der Zeichenebene heraus zeigt.

d)Beschreibe, wie sich der Betrag der magnetischen Flussdichte des Quadrupolfeldes entlang der \(x\)-Achse im dargestellten Bereich ändert. (5 BE)

e)Zeichne für die in Abb. 2 mit Kreuzen gekennzeichneten Punkte die Richtung der jeweils auf ein Proton wirkenden Lorentzkraft ein.

Begründe, dass der Protonenstrahl beim Austritt aus dem Quadrupolmagneten näherungsweise den nebenstehenden Querschnitt besitzt (vgl. Abb. 3). (6 BE)

 
Abbildung 3

Im Anschluss passiert der Protonenstrahl einen weiteren, um \(90^\circ \) um die \(z\)-Achse gedrehten Quadrupolmagneten.

f)Gib für die Vertikale und Horizontale an, inwieweit der zweite Quadrupol fokussierend bzw. defokussierend wirkt.

Erläutere, wie es durch den Einsatz beider Quadrupolmagnete möglich ist, dass der Protonenstrahl sowohl in der Vertikalen wie in der Horizontalen fokussiert wird. (5 BE)

g)Der Protonenstrahl muss bald nach seiner Fokussierung die Experimentierstation erreichen.

Erkläre kurz, dass sich ein fokussierter Protonenstrahl ohne äußere Einflüsse wieder aufweitet. (3 BE)

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayr. Kultusministeriums.

a)Für den LORENTZ-Faktor gilt\[\gamma  = \frac{1}{{\sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}} }} \Rightarrow \gamma  = \frac{1}{{\sqrt {1 - {{\left( {\frac{{7{,}17 \cdot {{10}^7}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{3{,}00 \cdot {{10}^8}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}} \right)}^2}} }} = 1{,}03\]Für den relativistischen Impuls gilt\[p = \frac{{{m_0}}}{{\sqrt {1 - {{\left( {\frac{v}{c}} \right)}^2}} }} \cdot v = {m_0} \cdot v \cdot \gamma  \Rightarrow p = 1{,}673 \cdot {10^{ - 27}}{\rm{kg}} \cdot 7{,}17 \cdot 1{0^7}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \cdot 1{,}03 = 1{,}24 \cdot {10^{ - 19}}\,{\rm{Ns}}\]

b)Berechnung der anliegenden Spannung:\[2 \cdot e \cdot U = {E_{{\rm{kin}}}} = E - {E_0} = m \cdot {c^2} - {m_0} \cdot {c^2} = \gamma  \cdot {m_0} \cdot {c^2} - {m_0} \cdot {c^2} = {m_0} \cdot {c^2} \cdot \left( {\gamma  - 1} \right) \Leftrightarrow U = \frac{{{m_0} \cdot {c^2} \cdot \left( {\gamma  - 1} \right)}}{{2 \cdot e}}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[U = \frac{{938,27 \cdot 1{0^6}{\rm{eV}} \cdot \left( {1{,}03 - 1} \right)}}{{2 \cdot 1{,}6012 \cdot 10^{19}{\rm{A}} \cdot {\rm{s}}}} = 14\,{\rm{MV}}\]

c)Bestimmung der magnetischen Flussdichte \(B\): Die notwendige Zentripetalkraft zum Durchlaufen einer Kreisbahn (oder eines Teils davon) wird in diesem Fall durch die LORENTZ-Kraft gestellt. Somit gilt\[{F_{{\rm{ZP}}}} = {F_{\rm{L}}} \Leftrightarrow \frac{{m \cdot {v^2}}}{r} = e \cdot v \cdot B \Leftrightarrow B = \frac{{m \cdot v}}{{r \cdot e}} = \frac{{{m_0} \cdot \gamma  \cdot v}}{{r \cdot e}} = \frac{{\gamma  \cdot v}}{{r \cdot \frac{e}{{{m_0}}}}}\]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[B = \frac{{1{,}03 \cdot 7{,}17 \cdot 10^{7}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{1{,}50{\rm{m}} \cdot 9{,}5788 \cdot 10^{7}\frac{{{\rm{As}}}}{{{\rm{kg}}}}}} = 0{,}514\frac{{{\rm{kg}}}}{{{\rm{A}} \cdot {{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} = 0{,}514\,{\rm{T}}\]Zu den Einheiten:\[\frac{{{\rm{kg}}}}{{{\rm{A}} \cdot {{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} = \frac{{{\rm{kg}} \cdot {\rm{m}} \cdot {\rm{m}}}}{{{{\rm{s}}^{\rm{2}}}}} \cdot \frac{1}{{{\rm{A}} \cdot {{\rm{m}}^{\rm{2}}}}} = {\rm{V}} \cdot {\rm{A}} \cdot {\rm{s}} \cdot \frac{1}{{{\rm{A}} \cdot {{\rm{m}}^{\rm{2}}}}} = \frac{{{\rm{V}} \cdot {\rm{s}}}}{{{{\rm{m}}^{\rm{2}}}}} = {\rm{T}}\]

 
Abbildung 4

d)Das Quadrupolfeld ist punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung. Von negativen \(x\)-Werten kommend nimmt der Betrag der magnetischen Flussdichte bis zum Ursprung hin ab. Im Ursprung heben sich die Einflüsse der vier Magnetpole auf, so dass dort \(B=0\) gilt. Zu positiven \(x\)-Werten hin nimmt der Betrag Flussdichte wieder zu. Analoge Feststellungen gelten für den Verlauf der Flussdichte längs der \(y\)-Achse.

 
Abbildung 5

e)Die Protonen treten aus der Papierebene (positive \(z\)-Richtung). Mit der Drei-Finger-Regel der rechten Hand kann die Richtung der LORENTZ-Kraft auf die positiv geladenen Protonen ermittelt werden. Die auf den Ursprung hin gerichteten LORENTZ-Kräfte in \(x\)-Richtung führen zu einer Fokussierung des Protonenstrahls in der Horizontalen. Die vom Ursprung weggerichteten LORENTZ-Kräfte in \(y\)-Richtung führen zu einer Aufweitung des Strahls in \(y\)-Richtung.

f)Fokussierung in \(y\)-Richtung: Das erste Quadrupolfeld wirkt in dieser Richtung defokussierend. Das zweite nachfolgende Quadrupolfeld dagegen fokussierend, da dort die Magnetfeldrichtung entgegengesetzt ist. Da die Protonen beim zweiten Quadrupol weiter von der \(z\)-Achse entfernt sind (dort herrscht dann eine größere magnetische Flussdichte) ist dessen fokussierende Wirkung stärker als die defokussierende Wirkung des ersten Quadrupols.

Fokussierung in \(x\)-Richtung: Der erste Quadrupol wirkt in dieser Richtung fokussierend, der zweite defokussierend. Da sich die Protonen beim zweiten Quadrupol aufgrund der Fokussierung durch den ersten Quadrupol näher an der \(z\)-Achse befinden - also in einem Gebiet schwächerer magnetischer Flussdichte - fällt die Defokussierung durch den zweiten Quadrupol nicht so stark aus. Insgesamt ist also auch in \(x\)-Richtung eine Fokussierung festzustellen.

g)Die Flugrichtung der Protonen in dem Bündel ist weitgehend, aber nicht vollständig, parallel zur \(z\)-Achse. Diese Divergenz wird durch die gegenseitige elektrostatische Abstoßung der Protonen im Bündel noch verstärkt.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Elektrizitätslehre

Bewegte Ladungen in Feldern