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Aufgabe

Tomatenrot (Abitur BY 2018 Ph12-1 A1)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

Die charakteristische rote Farbe von Tomaten beruht hauptsächlich auf der Eigenschaft des Moleküls Lycopen, Licht bestimmter Wellenlängen zu absorbieren. In der folgenden Abbildung sind das Absorptionsspektrum und die Struktur von Lycopen dargestellt. Im grau markierten Bereich (Länge L) können sich 22 Elektronen innerhalb der Molekülkette frei bewegen. Zur Vereinfachung bleibt ihre gegenseitige Wechselwirkung unberücksichtigt.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Absorptionsrate in Abhängigkeit von der Wellenlänge
a)

Begründe, dass man die Energieniveaus eines dieser frei beweglichen Elektronen vereinfacht mithilfe des Modells des eindimensionalen Potentialtopfs mit unendlich hohen Wänden beschreiben kann. (5 BE)

b)

Leite her, dass im Potentialtopfmodell für die Energie eines Elektrons mit Masse \(m\) im \(n\)-ten Quantenzustand gilt\[{E_n} = \frac{{{h^2}}}{{8 \cdot m \cdot {L^2}}} \cdot {n^2}\](5 BE)

c)

Die 22 frei beweglichen Elektronen besetzen beim nicht angeregten Molekül nach dem Pauli-Prinzip die untersten elf Energieniveaus. Die Anregung des Moleküls, bei dem ein Elektron vom 11. in den 14. Quantenzustand wechselt, ruft das mit einem Pfeil gekennzeichnete Maximum im oben abgebildeten Absorptionsspektrum hervor.

Bestimme daraus die Länge \(L\). (7 BE)

d)

Skizziere die Wellenfunktion und die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte für ein Elektron im 11. Quantenzustand.

Untersuche, ob sich ein Elektron im 11. bzw. im 14. Quantenzustand genau in der Mitte des Potentialtopfs aufhalten kann. (8 BE)

e)

Erkläre mit Hilfe des abgebildeten Absorptionsspektrums, dass das Molekül einen roten Farbeindruck verursacht. (3 BE)

f)

Durch Hinzugabe einer chemischen Substanz wird der Bereich, in dem sich die Elektronen frei bewegen können, in Teilbereiche zerlegt.

Erläutere die dadurch hervorgerufene Änderung des Absorptionsspektrums. (4 BE)

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayr. Kultusministeriums.

a)

Wenn ein Elektron sich innerhalb der Molekülkette auf einer Strecke der Länge \(L\) frei bewegen kann, ist ihm in diesem Bereich die potentielle Energie Null zuzuordnen. Da das Elektron jedoch fest in diesem Bereich „eingesperrt“ ist, also keine Chance hat diesen Bereich zu verlassen, muss das Potential am Rand dieses Bereichs extrem stark ansteigen. Der Einfachheit halber nimmt man beim linearen Potentialtopf an, dass das Potential am Rand des Bereichs auf eine den Wert „Unendlich“ steigt. Das Elektron bräuchte unendlich viel Energie, um aus dem Topf zu gelangen. Da es diese Energie nicht hat bleibt das Elektron fest im Potentialtopf eingesperrt.

Die dem Elektron zuordenbare Materiewelle wird also an der Topfwand zu \(100\,%\) reflektiert. Da die Aufenthaltswahrscheinlichkeit \(w\) außerhalb des Topfes Null ist, muss die \(\psi \)-Funktion, welche den Verlauf der Materiewelle beschreibt auch an den Topfrändern den Wert Null haben (beachte: \(w \sim {\psi ^2}\)). Somit ergeben sich bei eindimensionalen Potentialtopf Eigenschwingungen (stehende Wellen), wie man sie von einer beidseitig eingespannten Saite kennt. Aus diesen Randbedingungen und dem Zusammenhang der Materiewelle mit der kinetischen Energie eines Elektrons lassen sich dann die diskreten Energiewerte die dem Elektron im Potentialtopf zugeordnet werden können berechnen.

b)

Für eine stehende Wellen gilt der folgende Zusammenhang zwischen dem Abstand zweier Knoten der Materiewelle und der Länge L des Potentialtopfes\[L = n \cdot \frac{\lambda }{2} \Leftrightarrow \lambda  = \frac{{2 \cdot L}}{n}\;\;\;{\rm{mit}}\;\;\;n\in \left\{ {1\;;\;2\;;\;3\;;\;...} \right\}\quad(1)\]Mit der de-Broglie-Beziehung lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit des Elektrons und seiner Materiewellenlänge herstellen:\[\lambda  = \frac{h}{p} = \frac{h}{{m \cdot v}} \Leftrightarrow v = \frac{h}{{m \cdot \lambda }}\quad (2)\]Setzt man \((1)\) in \((2)\) ein, so ergibt sich\[v = \frac{h}{{2 \cdot m \cdot L}} \cdot n \quad(3)\]Für die Gesamtenergie \({E_n}\) des Elektrons ergibt sich unter der Berücksichtigung der Tatsachen, dass die potentielle Energie innerhalb des Potentialtopfes Null ist und nichtrelativistisch gerechnet werden darf\[{E_n} = {E_{{\rm{pot}}}} + {E_{{\rm{kin}}}} = 0 + \frac{1}{2} \cdot m \cdot v_n^2 \quad(4)\]Setzt man \((3)\) in \((4)\) ein, so ergibt sich für die Energie des Elektrons im \(n\)-ten Quantenzustand\[{E_n} = \frac{{{h^2}}}{{8 \cdot m \cdot {L^2}}} \cdot {n^2}\]

c)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Absorptionsrate in Abhängigkeit von der Wellenlänge

Um das Elektron vom 11. in den 14. Quantenzustand energetisch anzuheben, werden aus dem weißen Licht ein Anteil mit der Wellenlänge \(505\,\rm{nm}\) absorbiert. Die entsprechende Photonenenergie ist\[{E_{{\rm{Ph}}}} = \frac{{h \cdot c}}{\lambda } \Rightarrow {E_{{\rm{Ph}}}} = \frac{{4,136 \cdot {{10}^{ - 15}}{\rm{eV}} \cdot {\rm{s}} \cdot 2,998 \cdot {{10}^8}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{505 \cdot {{10}^{ - 9}}{\rm{m}}}} = 2,46{\rm{eV}}\]Diese Energie wird dazu verwendet, das Elektron vom 11. auf den 14. Quantenzustand zu heben. Damit hat man die Möglichkeit die Länge des Potentialtopfs zu berechnen:\[\Delta {E_{11 \to 14}} = {E_{{\rm{Ph}}}} \Leftrightarrow \frac{{{h^2}}}{{8 \cdot m \cdot {L^2}}} \cdot \left( {{{14}^2} - {{11}^2}} \right) = \frac{{h \cdot c}}{\lambda } \Rightarrow L = \sqrt {\frac{{h \cdot \lambda }}{{8 \cdot m \cdot c}} \cdot \left( {{{14}^2} - {{11}^2}} \right)} \]Einsetzen der gegebenen Werte liefert\[L = \sqrt {\frac{{6,63 \cdot 1{0^{ - 34}}{\rm{J}} \cdot {\rm{s}} \cdot 505 \cdot 1{0^{ - 9}}{\rm{m}}}}{{8 \cdot 9,109 \cdot 1{0^{ - 31}}{\rm{kg}} \cdot 2,998 \cdot 1{0^8}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}} \cdot \left( {{{14}^2} - {{11}^2}} \right)}  = \sqrt {1,149 \cdot {{10}^{ - 17}}} {\rm{m}} = 3,4 \cdot {10^{ - 9}}{\rm{m}}\]

d)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 3 Potentialtopf

Sowohl die Wellenfunktion \({\psi _{11}}\) als auch das Quadrat der Wellenfunktion \({\left| {{\psi _{11}}} \right|^2}\) haben bei \(x = \frac{L}{2}\) ein Maximum, d.h. das Elektron kann sich im 11. Quantenzustand in der Mitte des linearen Potentialtopfes aufhalten. Dagegen ist die Wellenfunktion \({{\psi _{14}} = 0}\) bei \(x = \frac{L}{2}\). Daraus folgt, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in der Mitte des Potentialtopfes auch gleich Null ist.

e)

Lycopen absorbiert vorwiegend die grünen Anteile des weißen Lichts. Dies hat zur Folge, dass der reflektierte Anteil des Lichtes einen roten Farbeindruck bewirkt.

f)

Verkleinert sich der Teilbereich in dem sich die Elektronen frei bewegen können, so liegt im betrachteten Modell ein engerer Potentialtopf mit \({L^*}\) vor. Dabei gilt \({L^*} < L\). Für den Abstand \(\Delta E\) aufeinanderfolgender Niveaus im linearen Potentialtopf gilt\[\Delta E = \frac{{{h^2}}}{{8 \cdot m \cdot L}} \cdot \left[ {{{\left( {n + 1} \right)}^2} - {n^2}} \right]\]Da im Ausdruck für \(\Delta E\) die Länge des Potentialtopfes im Nenner steht, vergrößert sich der Energieunterschied zwischen benachbarten Niveaus. Dadurch verschieben sich die Absorptionslinien in Richtung kleinerer Wellenlängen.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Atomphysik

Quantenmech. Atommodell