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Geschichte

Ernest RUTHERFORD (1871 - 1937)

von George Grantham Bain Collection (Library of Congress) [Public domain], via Wikimedia Commons

Ernest RUTHERFORD wurde am 30.August 1871 in Spring Grove, Neuseeland geboren und starb am 19.Oktober 1937 in Cambridge.

Rutherford war der Sohn zweier britischer Einwanderer. Er zeichnete sich früh durch außergewöhnliche schulische Leistungen aus, so dass ihn mehrfach gewährte Stipendien in die Lage versetzten, die Universität von Christchurch in Neuseeland und danach das Cavendish-Laboratorium in Cambridge zu besuchen. Unter der Leitung von Joseph John THOMSON führte er zunächst seine schon in Neuseeland begonnenen Arbeiten - seine erste wissenschaftliche Publikation erschien 1894 in den 'Transactions of the New Zealand Institute' - über die magnetisierende Wirkung schnell oszillierender elektromagnetischer Felder fort. Mit einem selbsterfundenen magnetischen Detektor stellte er den damaligen Entfernungsrekord für Radiowellenempfang von 0.5 Meilen auf.

Die Entdeckung der Radioaktivität durch Antoine Henri Becquerel im Februar 1896 gab seiner Forschung eine neue, für seine weitere Laufbahn bestimmende Richtung. Er untersuchte die ionisierende Wirkung radioaktiver Strahlung auf Gase und entdeckte zwei unterschiedlich stark absorbierbare Komponenten, die er Alpha-Strahlen und Beta-Strahlen nannte.

Im Sommer 1898 erhielt er eine Berufung als Professor für Physik an die Mc Gill-Universität in Montreal, Kanada, an der er ein knappes Jahrzehnt (bis 1907) blieb.

Die Alpha-Teilchen waren ein Lieblingsgegenstand seiner Forschungen. 1903 gelang ihm ihre Ablenkung im starken Magnetfeld und der Nachweis, dass sie positiv geladen sind. Dass es sich um zweifach positiv geladene Heliumionen bzw. Helimukerne handelt zeigten 1908 zwei Mitarbeiter Rutherfords, Hans Geiger und Thomas Royds. Das Gesetz des radioaktiven Zerfalls, die herausragende Entdeckung seiner kanadischen Zeit, fand er 1902 zusammen mit Frederick Soddy. Für seine "Untersuchungen über den Zerfall der Elemente und die Chemie der radioaktiven Materie" erhielt er 1908 den Nobelpreis für Chemie.

Rutherford und sein Schüler Geiger vor der
Originalapparatur

1907 kehrte Rutherford als Nachfolger von Arthur Schuster, der zu Rutherfords Gunsten auf den Langworthy-Lehrstuhl in Manchester verzichtet hatte, nach England zurück.

Im Anschluss an die 1906 beobachtete Schmalwinkelstreuung von Alpha-Teilchen beim Durchgang durch dünne Materieschichten suchten im Frühjahr 1909 Ernest Marsden und Hans Geiger in Rutherfords Labor nach einer potentiellen Weitwinkelstreuung. Das Ergebnis war so verblüffend, dass Rutherford später darüber sagte:

"Es war bestimmt das unglaublichste Ergebnis, das mir je in meinem Leben widerfuhr. Es war fast so unglaublich, als wenn einer eine 15-Zoll-Granate auf ein Stück Seidenpapier abgefeuert hätte und diese zurückgekommen wäre und ihn getroffen hätte."

Atommodell von Rutherford

RUTHERFORD war ein hervorragender und sehr kooperativer Wissenschaftler. Er liebte das Leben, ging aus, feierte und konnte sich an allen Dingen erfreuen. Er war aber auch ein hart arbeitender Mann, der die Wissenschaft - allein wegen ihrer Möglichkeit neue Erkenntnisse zu gewinnen - liebte und der unermüdlich in seinem Labor forschte und variierte. Er hatte selten irgendwelche Probleme mit anderen Menschen, manches Mal gelang es ihm sogar, einen potenziellen Widersacher dazu zu gewinnen, dass er ein effektiver Mitarbeiter wurde. Wenn er Leute wie Einstein, Lorentz oder Planck traf, gelang es ihm auf Anhieb, sie in eine fruchtbare und konstruktive Diskussion zu führen. Er hatte eine sehr freundschaftliche Beziehung zu Marie Curie. Beide waren begeisterte Wissenschaftler, die sich von den Experimenten mitreißen ließen, die einzig und allein den Zweck hatten, neue Erkenntnisse zu gewinnen und das Wesen der Dinge zu verstehen.

Für die Deutung der Beobachtung des Streuexperiments von GEIGER und MARSDEN brauchte er fast zwei Jahre; er fand sie kurz vor Weihnachten 1910 und veröffentlichte sie im März/April 1911. Die Lösung des Problems lag in der Annahme, dass das Atom "aus einer zentralen, punktförmig konzentrierten elektrischen Ladung besteht, die von einer gleichförmig sphärischen Ladungsverteilung des entgegengesetzten Vorzeichens und des gleichen Betrages umgeben ist" Damit war der Begriff des Atomkerns, wenn auch noch nicht dessen Name, geboren. Dieser trat erstmals 1912 auf.

Das rutherfordsche Modell des Atoms mit Kern (engl.: nucleus) war die Grundlage der Atomtheorie Niels Bohrs, der im Sommer 1912 bei Rutherford gearbeitet hatte und Mitte 1913 seine neuen Ideen publizierte. Nach jahrelangen Vorarbeiten gelang Rutherford 1919 der Nachweis der ersten künstlich erzielten Kernumwandlung. Im gleichen Jahr wurde Rutherford Nachfolger seines Lehrers Thomson und Leiter des Cavendish-Laboratoriums in Cambridge. Hier entfaltete er seine Qualitäten als Dirigent aktueller Forschung. 1932 krönte sein Schüler James Chadwick diese Phase seines Lebens mit der Entdeckung des von Rutherford schon 1920 vermuteten Neutrons.

Rutherford war einer der erfolgreichsten Experimentatoren der Geschichte (darin Michael Faraday vergleichbar), der zudem eine ganze Anzahl hervorragender Schüler hatte. Außer den bereits genannten gehörten dazu Otto Hahn (Entdecker der Kernspaltung) , Georg von Hevesy, Patrick M.S.Blackett, John Cockcroft und Ernest Walton (Erfinder des elektrostatischen Beschleunigers).

Rutherford wurde 1911 geadelt, 1925 zum Präsidenten der Royal Society gewählt und 1931 baronisiert (Lord Rutherford of Nelson).

Er wurde in Westminster Abbey nahe dem Grabe Isaac Newtons bestattet.

Die englischsprachige Biographie RUTHERFORDs (mit Link zu dessen Nobelvortrag) finden Sie hier.