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Grundwissen

Energieaufnahme von Atomen durch Stoßanregung

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Atome können durch Stöße mit anderen Atomen oder Elektronen angeregt werden (Stoßanregung).
  • Je nach Energie des Teilchens, das mit einem Atom stößt, kann der Stoß elastisch, vollkommen unelastisch oder teilweise unelastisch sein.
  • Ist der Energieübertrag durch den Stoß größer als die Ionisationsenergie des Atoms, so wird das Atom ionisiert (Stoßionisation).
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Prinzip der Stoßanregung

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Abb. 1 Prinzip der Anregung eines Atoms am Beispiel eines unelastischen Stoßes des Atoms mit einem Elektron (Stoßanregung)

Ein Atom kann durch einen Stoß mit einem anderen Atom oder einem Elektronen Energie aufnehmen und dadurch in einen angeregten Energiezustand gelangen. Einen solchen Prozess nennt man Stoßanregung. Das energieaufnehmende Atom bezeichnet man dabei als Target, das energieabgebende Atom oder Elektron als Projektil.

Das Prinzip einer Stoßanregung zeigt die Animation in Abb. 1. In der Mitte siehst du ein ruhendes Atom mit seinen verschiedenen Energiezuständen (Energieniveaus). Das Atom befindet sich zu Beginn im Grundzustand mit der Energie \(E_1\).

Wenn du die Animation startest, erkennst du ein Elektron, dass sich mit kinetischer Energie auf das Atom zubewegt.

Wenn das Elektron auf das Atom stößt, gibt es einen Teil seiner kinetischen Energie an das Atom ab. Das Atom nimmt die Energie \(\Delta E_{12}\) auf und geht dadurch vom Grundzustand mit der Energie \(E_1\) in den angeregten Energiezustand mit der Energie \(E_2 = E_1 + \Delta E_{12}\) über.

Das Elektron bewegt sich nach dem Stoß mit geringerer kinetischer Energie von dem Atom weg.

Abhängigkeit des Prozesses von der kinetischen Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) des Elektrons

Energieverhältnisse
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Abb. 2 Verschiedene Arten von Stößen eines Atoms mit einem Elektron in Abhängigkeit von der kinetischen Energie des Elektrons.

Beim Stoß eines Elektrons mit einem Atom können in Abhängigkeit von der kinetischen Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) des Elektrons verschiedene Fälle auftreten:

\(E_{\rm{kin,e}} < \Delta E_{12}\)

Ist die kinetische Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) des Elektrons kleiner als die Energiedifferenz \(\Delta E_{12}\) zwischen Grundzustand und erstem angeregten Zustand des Atoms, so ist der Stoß zwischen Elektron und Atom elastisch. Da das Atom wesentlich schwerer als das Elektron ist, gibt das Elektron beim Stoß praktisch keine Energie an das Atom ab, so dass das Atom im Grundzustand bleibt. Das Elektron bewegt sich nach dem Stoß mit fast gleicher Energie vom Atom fort.

\(E_{\rm{kin,e}} = \Delta E_{12}\)

Ist die kinetische Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) des Elektrons genau so groß wie die Energiedifferenz \(\Delta E_{12}\) zwischen Grundzustand und erstem angeregten Zustand des Atoms, so ist der Stoß zwischen Elektron und Atom vollkommen unelastisch. Das Elektron gibt seine gesamte kinetische Energie an das Atom ab, so dass das Atom in den ersten angeregten Energiezustand übergeht. Das Elektron ruht praktisch nach dem Stoß.

\(\Delta E_{12} < E_{\rm{kin,e}} < \Delta E_{13}\)

Ist die kinetische Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) des Elektrons größer als die Energiedifferenz \(\Delta E_{12}\) zwischen Grundzustand und erstem angeregten Zustand, aber kleiner als die Energiedifferenz \(\Delta E_{13}\) zwischen Grundzustand und zweitem angeregtem Zustand, so ist der Stoß zwischen Elektron und Atom teilweise unelastisch. Das Elektron gibt einen Teil seiner kinetischen Energie an das Atom ab, so dass dieses dann in den ersten angeregten Energiezustand übergeht. Mit der restlichen kinetischen Energie bewegt sich das Elektron vom Atom fort.

\(E_{\rm{kin,e}} = \Delta E_{13}\)

Ist die kinetische Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) des Elektrons genau so groß wie die Energiedifferenz \(\Delta E_{13}\) zwischen Grundzustand und zweitem angeregten Zustand des Atoms, so ist der Stoß zwischen Elektron und Atom vollkommen unelastisch. Das Elektron gibt seine gesamte kinetische Energie an das Atom ab, so dass das Atom in den zweiten angeregten Energiezustand übergeht. Das Elektron ruht praktisch nach dem Stoß.

\(E_{\rm{kin,e}} = \Delta E_{1\infty}\)

Ist die kinetische Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) des Elektrons genau so groß wie die Ionisationsenergie \(\Delta E_{1\infty}\), so ist der Stoß zwischen Elektron und Atom vollkommen unelastisch. Das Elektron gibt seine gesamte kinetische Energie an das Atom ab, so dass das Atom ionisiert wird, also ein Elektron aus der Atomhülle verliert und einfach positiv geladen ist. Man spricht in diesem Fall von Stoßionisation. Das Elektron ruht praktisch nach dem Stoß.

\(\Delta E_{1\infty} < E_{\rm{kin,e}}\)

Ist die kinetische Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) des Elektrons größer als die Ionisationsenergie \(\Delta E_{1\infty}\), so ist der Stoß zwischen Elektron und Atom teilweise unelastisch. Das Elektron gibt einen Teil seiner kinetischen Energie an das Atom ab, so dass das Atom ionisiert wird. Mit der restlichen kinetischen Energie bewegt sich das Elektron vom Atom fort.

Stoßanregung und Stoßionisation

Ein Atom (Target) kann durch einen Stoß mit einem anderen Atom oder einem Elektron (Projektil) vom Grundzustand in einen angeregten Zustand übergehen (Stoßanregung) oder sogar ionisiert werden (Stoßionisation).

Für eine Stoßanregung eines Atoms im Grundzustand muss die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}\) des Projektils größer oder gleich der Energiedifferenz \(\Delta E_{12}\) von Grundzustand und erstem angeregten Zustand des Atoms sein.

Für eine Stoßionisation eines Atoms im Grundzustand muss die kinetische Energie \(E_{\rm{kin}}\) des Projektils größer oder gleich der Ionisationsenergie \(\Delta E_{1\infty}\) des Atoms sein.

Beobachtung der Stoßanregung beim FRANCK-HERTZ-Versuch

Joachim Herz Stiftung
Abb. 3 \(E_{\rm{kin,e}}\)-\(I\)-Diagramm eines FRANCK-HERTZ-Versuchs mit \(\rm{Hg}\)-Atomen

Beim FRANCK-HERTZ-Versuch (James FRANCK (1882 - 1964) ; Gustav HERTZ (1887 - 1975))  werden Elektronen in einem elektrischen Feld beschleunigt, erhalten somit kinetische Energie und treffen auf der Beschleunigungsstrecke auf Quecksilber (\(\rm{Hg}\))-Atome. Das Diagramm in Abb. 3 zeigt eine typische FRANCK-HERTZ-Kennlinie.

Auf der Rechtsachse wird die kinetische Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) der Elektronen und auf der Hochachse die Stärke \(I\) des Stroms und damit die Anzahl der Elektronen aufgetragen, die zu einem Auffänger am Ende der Beschleunigungsstrecke gelangen.

Am deutlichsten erkennt man die verschiedenen Arten von Stößen zwischen den Elektronen und den \(\rm{Hg}\)-Atomen im durchgezogenen Bereich der Kennlinie zwischen \(E_{\rm{kin,e}}=0{,}0\,\rm{eV}\) und ca. \(7{,}0\,\rm{eV}\).

Liegt die kinetische Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) der Elektronen unterhalb der ersten Anregungsenergie von \(\rm{Hg}\) von ca. \(\Delta E_{12}=4{,}9\,\rm{eV}\), dann stoßen die Elektronen elastisch mit den Atomen, verlieren also keine Energie, gelangen deshalb zum Auffänger und verursachen somit einen Strom.

Liegt die kinetische Energie \(E_{\rm{kin,e}}\) der Elektronen dagegen oberhalb der ersten Anregungsenergie von ca. \(4{,}9\,\rm{eV}\), dann stoßen die Elektronen unelastisch mit den Atomen, verlieren also Energie und gelangen deshalb nicht mehr zum Auffänger, so dass die Stromstärke rapide sinkt.

Hinweis: Im gestrichelten Bereich der Kennlinie oberhalb von ca. \(7{,}0\,\rm{eV}\) finden nicht Anregungen der \(\rm{Hg}\)-Atome in höhere Anregungszustände, sondern erneute Anregungen der \(\rm{Hg}\)-Atome in den ersten Anregungszustand statt. Genaueres dazu findest du im Artikel zum FRANCK-HERTZ-Versuch.