Das Anti-Teilchen \(e^+\) zum Elektron heißt Positron. Als Positronen-Quelle für Experimente wird häufig der β+-Strahler \({}^{22}{\rm{Na}}\) verwendet.
a)
Geben Sie die zugehörige Zerfallsgleichung an und erläutern Sie allgemein für den β+-Zerfall die Vorgänge im Atomkern anhand einer schematischen Darstellung einer Potentialtopfbesetzung des Kerns. (6 BE)
Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Bildung eines Positronium-Atoms
Positronen der \({}^{22}{\rm{Na}}\)-Quelle dringen in einen Festkörper ein und werden dort rasch abgebremst. Trifft ein langsames Positron auf ein Elektron des Festkörpers, so kann es passieren, dass beide Teilchen sich aufgrund ihrer ungleichnamigen Ladungen kurzzeitig aneinander binden und ein sogenanntes Positronium-Atom bilden. Im Vergleich zum Wasserstoffatom ist hier das Proton durch das Positron ersetzt.
b)
In einem klassischen Modell des Positronium-Atoms besitzen Elektron und Positron einen festen Abstand. Berechnen Sie diesen bei einer potentiellen Energie von \(–13,6\rm{eV}\) und begründen Sie, warum ein fester Abstand nicht mit einem quantenphysikalischen Atommodell vereinbar ist. (7 BE)
c)
Ein Positronium-Atom hat die Energieniveaus
\[{E_n} = - \frac{{6,8{\rm{eV}}}}{{{n^2}}}\;;\;n \in \left\{ {1;\;2;\;3;\;...} \right\}\]
Stellen Sie in einem Energieniveauschema die ersten vier Niveaus dar und überprüfen Sie, ob es innerhalb dieses Schemas einen Übergang gibt, bei dem Licht im sichtbaren Bereich emittiert wird. (8 BE)
d)
Ein Positronium-Atom besitzt eine sehr kurze Lebensdauer. Von den nachfolgenden vier Zerfallsgleichungen beschreibt nur eine den Zerfall eines ruhenden Positronium-Atoms.
Man stellt sich vor, dass beim Zerfall des Natriums ein Kernproton in ein Neutron, ein Positron und ein Neutrino umwandelt. Dies ist möglich, da im Natrium ein Kernproton ein höheres Energieniveau besitzt als ein freier Platz im Neutronentopf.\[{\rm{p}} \to {\rm{n}} + _1^0{{\rm{e}}^ + } + _0^0\nu \]
Aus der Beziehung für die Energieniveaus folgt\[E_n = - \frac{{6{,}8\,{\rm{eV}}}}{{{n^2}}}\;;\;n \in \left\{ {1;\;2;\;3;\;...} \right\}\]Für die ersten vier Niveaus gilt dann\[E_1=-\frac{{6{,}8\,{\rm{eV}}}}{{{1^2}}}=-6{,}8\,{\rm{eV}}\]\[E_2=-\frac{{6{,}8\,{\rm{eV}}}}{{{2^2}}}=-1{,}7\,{\rm{eV}}\]\[E_3=-\frac{{6{,}8\,{\rm{eV}}}}{{{3^2}}}=-0{,}76\,{\rm{eV}}\]\[E_4=-\frac{{6{,}8\,{\rm{eV}}}}{{{4^2}}}=-0{,}43\,{\rm{eV}}\]
Das sichtbare Spektrum liegt etwa in einem Wellenlängenbereich von \({\lambda _{{\rm{violett}}}} = 380\,{\rm{nm}}\) bis \({\lambda _{{\rm{rot}}}} = 780\,{\rm{nm}}\). Die zugehörigen Photonenenergien sind wegen\[E = \frac{{h \cdot c}}{\lambda }\]\[{E_{{\rm{Ph,violett}}}} = \frac{{4{,}14 \cdot {{10}^{ - 15}}\,{\rm{eV\,s}} \cdot 3{,}00 \cdot {{10}^8}\,\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{380 \cdot {{10}^{ - 9}}\,{\rm{m}}}} = 3{,}27\,{\rm{eV}}\]\[{E_{{\rm{Ph,rot}}}} = \frac{{4{,}14 \cdot {{10}^{ - 15}}\,{\rm{eV\,s}} \cdot 3{,}00 \cdot {{10}^8}\,\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}}}}{{780 \cdot {{10}^{ - 9}}\,{\rm{m}}}} = 1{,}59\,{\rm{eV}}\]Die Übergänge von höheren Niveaus auf \(E_1\) führen zu Photonen mit Energien \(E_{\rm{Ph}} =\Delta E \ge - 1{,}7\,{\rm{eV}} - \left( -6{,}8\,{\rm{eV}}\right) = 5{,}1\,{\rm{eV}}\), d.h. diese Photonen liegen nicht im sichtbaren Bereich.
Die Übergänge von höheren Niveaus auf \(E_2\) führen zu Photonen mit Energien \(E_{\rm{Ph}} =\Delta E \le -0{,}43\,{\rm{eV}} - \left( -1{,}7\,{\rm{eV}} \right) = 1{,}27\,{\rm{eV}}\), d.h. auch diese Photonen liegen nicht innerhalb des sichtbaren Bereichs.
Fazit: Bei keinem der möglichen Übergänge im Positronium-Atom entsteht Licht im sichtbaren Bereich.
d)
Nur der Zerfall nach Möglichkeit (ii) ist denkbar.
Der Zerfall (i) ist aufgrund des Energiesatzes nicht möglich (die Ruhemasse des Neutrons ist wesentlich höher als die Ruhemassen von Elektron und Positron zusammen).
Der Zerfall (iii) ist aufgrund des Satzes von der Ladungserhaltung nicht möglich (die Ausgangsprodukte haben zusammen die elektrische Ladung 0, die Endprodukte die Ladung \(-2e\)).
Der Zerfall (iv) ist aufgrund des Impulserhaltungssatzes nicht möglich (es lässt sich ein Bezugssystem finden, in dem die Impulse der beiden Ausgangsprodukte zusammen Null ergeben. In diesem System hat aber das Endprodukt Gammaquant wegen der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in allen Systemen einen von Null verschiedenen Impuls).