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Aufgabe

Venus (Abitur BY 2004 GK A5-1)

Schwierigkeitsgrad: mittelschwere Aufgabe

a)Skizzieren Sie maßstäblich und ohne Berücksichtigung der vorhandenen Bahnneigung die Bahnen von Venus und Erde um die Sonne als Kreisbahnen. Tragen Sie bei fester Erdposition die Venus in oberer und unterer Konjunktion sowie in den maximalen Elongationen ein. (6 BE)

b)Am 29. März 2004 stand die Venus in maximaler Elongation. Berechnen Sie hierfür den Winkelabstand zwischen Venus und Sonne. Entscheiden Sie, ob die Venus an diesem Tag bei optimalen Bedingungen bei uns um Mitternacht beobachtet werden konnte. Begründen Sie Ihre Antwort. (6 BE)

Für die Bestimmung der Astronomischen Einheit spielte ab dem 18. Jahrhundert die Beobachtung der Venusdurchgänge eine bedeutende Rolle. Dabei wandert für einen Beobachter auf der Erde die Venus über die Sonnenscheibe.

c)Erläutern Sie, warum nicht bei jeder Konjunktion ein Venusdurchgang eintritt. (3 BE)

d)Am 8. Juni 2004 wird der nächste Venusdurchgang stattfinden, der übernächste am 5. Juni 2012. Berechnen Sie die Zahl der Venusumläufe um die Sonne zwischen diesen beiden Ereignissen. Begründen Sie mit diesem Ergebnis, dass sich Venusdurchgänge häufig nach 8 Jahren wiederholen. (7 BE)

e)Bestimmen Sie aus der Umlaufzeit der Venus um die Sonne den Abstand Erde-Venus bei einer unteren Konjunktion in Vielfachen der Astronomischen Einheit [zur Kontrolle: \({d_{{\rm{EV}}}} = 0,277{\rm{AE}}\)] (4 BE)

 
Joachim Herz Stiftung

f)Zur Bestimmung der Astronomischen Einheit betrachten wir ein stark vereinfachtes Modell. Man beobachtet den Venusdurchgang an verschiedenen Orten A und B auf der Erde, von denen aus die Venus dabei auf der Sonnenscheibe verschiedene Strecken durchläuft (vgl. nebenstehende nicht-maßstäbliche Abbildung). Die Orte A und B sollen so gewählt werden, dass sie symmetrisch zur Verbindungslinie Erde-Venus auf demselben Längengrad liegen und ihre geografischen Breiten sich um 90° unterscheiden. Zeigen Sie, dass der geradlinige Abstand zwischen A und B \(9006{\rm{km}}\) km beträgt. Berechnen Sie nun mit Hilfe des Ergebnisses von Teilaufgabe e) die Astronomische Einheit in Kilometern, wenn der Winkel \(\varepsilon  = 45''\) beträgt. (8 BE)

g)Das menschliche Auge kann unter günstigen Umständen noch ein Objekt erkennen, das unter einem Winkel von zwei Bogenminuten erscheint. Untersuchen Sie, ob die Venus auf der Sonnenscheibe mit bloßem, aber hinreichend geschütztem Auge wahrgenommen werden kann. (5 BE)

h)Die genaueste Methode zur Bestimmung der Astronomischen Einheit ist die Laufzeitmessung von Radarsignalen. Ein an der Venus in unterer Konjunktion reflektiertes Signal wird \(4{\rm{min}}37{\rm{s}}\) nach der Aussendung wieder empfangen.

Die Venus ähnelt während eines Venusdurchgangs bei flüchtiger Betrachtung einem großen Sonnenfleck. Die Temperatur der Venusatmosphäre beträgt \(743{\rm{K}}\), die eines Sonnenflecks ca. \(4000{\rm{K}}\).

i)Erläutern Sie, warum sich die beiden Erscheinungen für einen Beobachter an einem Fernrohr ähneln. Zeigen Sie dennoch vorhandene, deutliche Unterschiede unter Einbeziehung von Abschätzungen zur Strahlungsintensität auf. (7 BE)

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Hinweis: Bei dieser Lösung von LEIFIphysik handelt es sich nicht um den amtlichen Lösungsvorschlag des bayr. Kultusministeriums.

 
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a)Der Radius der Erdbahn ist \(1{\rm{AE}}\), derjenige der Venusbahn \(0,723{\rm{AE}}\).

 

b)\[\sin \left( \alpha  \right) = \frac{{0,723{\rm{AE}}}}{{1{\rm{AE}}}} \Rightarrow \sin \left( \alpha  \right) = 0,723 \Rightarrow \alpha  = 46,3^\circ \] Die Venus läuft der Sonne (bezüglich des Aufgangs) um \(46,3^\circ \) voraus. Dies entspricht einer Zeitdauer von \(\Delta t\):
\[\frac{{\Delta t}}{{24{\rm{h}}}} = \frac{{46,3^\circ }}{{360^\circ }} \Rightarrow \Delta t = \frac{{46,3^\circ }}{{360^\circ }} \cdot 24{\rm{h}} \approx 3{\rm{h}}\]
Da die Sonne im März deutlich vor 21 Uhr untergeht und erst deutlich nach 3 Uhr aufgeht, kann die Venus um Mitternacht nicht beobachtet werden.
Einfachere Lösung: Um Mitternacht ist ein unterer Planet nie sichtbar, da die Planetenbahnen einerseits nahe der Eklipitik liegen und die Sonne sich genau gegenüber dem Beobachter befindet.

c)Die Bahnebenen von Erde und Venus fallen nicht zusammen. Deshalb erscheint die Venus in der unteren Konjunktion meist oberhalb oder unterhalb der Sonnenscheibe.

d)Die relative Umlaufszeit der Venus ist \(0{,}615{\rm{a}}\). In acht Jahren macht die Venus ziemlich genau \(\frac{{8,00{\rm{a}}}}{{0,615{\rm{a}}}} = 13{,}0\) Umläufe. Da diese Zahl nahezu ganzzahlig ist, befinden sich Erde und Venus nach acht vollen Erdumläufen auch wieder nahezu an denselben Stellen ihrer Bahnen, also in unterer Konjunktion.

e)Aus dem 3. KEPLERschen Gesetz lässt sich die große Halbachse und bei einer angenommenen Kreisbahn der Radius \({r_{\rm{V}}}\) der Venusbahn berechnen:
\[\frac{{T_{\rm{V}}^2}}{{r_{\rm{V}}^3}} = \frac{{T_{\rm{E}}^2}}{{r_{\rm{E}}^3}} \Rightarrow {r_{\rm{V}}} = {r_{\rm{E}}} \cdot \sqrt[3]{{{{\left( {\frac{{{T_{\rm{V}}}}}{{{T_{\rm{E}}}}}} \right)}^2}}} \Rightarrow {r_{\rm{V}}} = 1{\rm{AE}} \cdot \sqrt[3]{{{{\left( {\frac{{0,615{\rm{a}}}}{{1{\rm{a}}}}} \right)}^2}}} = 0,723{\rm{AE}}\]
In unterer Konjunktion gilt:
\[{d_{{\rm{EV}}}} = {r_{\rm{E}}} - {r_{\rm{V}}} \Rightarrow {d_{{\rm{EV}}}} = 1{\rm{AE}} - 0,723{\rm{AE}} = 0,277{\rm{AE}}\]

 
Joachim Herz Stiftung

f)Die gesuchte Strecke ist die Diagonale in einem Quadrat, dessen Seitenlängen gleich dem Erdradius sind: \[\overline {\left| {{\rm{AB}}} \right|}  = \sqrt {R_{\rm{E}}^2 + R_{\rm{E}}^2}  = {R_{\rm{E}}} \cdot \sqrt 2  \Rightarrow \overline {\left| {{\rm{AB}}} \right|}  = 6368{\rm{km}} \cdot \sqrt 2  = 9006{\rm{km}}\]
\[{\tan \left( {\frac{\varepsilon }{2}} \right) = \frac{{\frac{{\left| {\overline {AB} } \right|}}{2}}}{{{d_{{\rm{EV}}}}}} \Leftrightarrow {d_{EV}} = \frac{{\frac{{\left| {\overline {AB} } \right|}}{2}}}{{\tan \left( {\frac{\varepsilon }{2}} \right)}} \Rightarrow {d_{{\rm{EV}}}} = \frac{{\frac{{9006{\rm{km}}}}{2}}}{{\tan \left( {\frac{{45^\circ }}{{2 \cdot 3600}}} \right)}} = 4,13 \cdot {{10}^7}{\rm{km}}}\] Nach Teilaufgabe e) ist \({d_{{\rm{EV}}}} = 0,277{\rm{AE}}\) und somit
\[1{\rm{AE}} = \frac{{{d_{{\rm{EV}}}}}}{{0,277}} = 1,5 \cdot {10^8}{\rm{km}}\]

 
 
 
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g)Es gilt\[{\tan \left( {\frac{\alpha }{2}} \right) = \frac{{{R_{\rm{V}}}}}{{{d_{{\rm{EV}}}}}} \Rightarrow \tan \left( {\frac{\alpha }{2}} \right) = \frac{{0,950 \cdot 6368{\rm{km}}}}{{4,13 \cdot {{10}^7}{\rm{km}}}} \Rightarrow \frac{\alpha }{2} = 0,50' \Rightarrow \alpha  = 1'}\] Die Venus erscheint unter einem Winkel von \({1'}\), ist also mit unserem bloßem Auge vor der Sonne nicht beobachtbar.

h)Das Signal muss zur Venus hin- und zurücklaufen. Somit ergibt sich
\[{2 \cdot {d_{{\rm{EV}}}} = c \cdot \Delta t \Leftrightarrow {d_{EV}} = c \cdot \frac{{\Delta t}}{2} \Rightarrow 0,277{\rm{AE}} = 3,0 \cdot {{10}^8}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \cdot \frac{{277{\rm{s}}}}{2} \Rightarrow 1{\rm{AE}} = 3,0 \cdot {{10}^8}\frac{{\rm{m}}}{{\rm{s}}} \cdot \frac{{277{\rm{s}}}}{{2 \cdot 0,277}} = 1,5 \cdot {{10}^8}{\rm{km}}}\]

i)Die beiden Phänomene haben vergleichbare Größe und sind dunkle Objekte auf bzw. vor der Sonnenoberfläche, darum ähneln sie sich. Aufgrund der höheren Temperatur ist die Leuchtkraft eines Sonnenflecks jedoch größer. Nach dem Gesetz von STEFAN-BOLTZMANN kann man den Faktor, um den die Sonnenfleckenintensität höher ist abschätzen:
\[{\left( {\frac{{4000}}{{743}}} \right)^4} \approx 840\]
Die Sonne ist beim Venusdurchgang etwa 4 mal so weit von der Erde entfernt wie die Venus, weshalb so dass das Verhältnis der relativen Helligkeit um den Faktor \(\frac{1}{{16}}\) kleiner sind; also ergibt sich \(840:16 = 53\).
Anmerkung: Vor der alles überstrahlenden Sonnenoberfläche und den sehr unterschiedlichen Frequenzen der Strahlung ist dies allerdings schwer messbar. Außerdem erscheint die Venus im Gegensatz zu den meisten Sonnenflecken kreisrund mit scharfer Randbegrenzung.

Grundwissen zu dieser Aufgabe

Astronomie

Planetensystem