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Ausblick

Reifen aus Gummi - ein kompliziertes Reibungsproblem

Für harte Oberflächen gilt das Reibungsgesetz in guter Näherung.
Dies bedeutet, dass ein Körper sich einer seitlich schiebenden Kraft solange ohne Rutschen entgegensetzt, bis die maximale Haftkraft überschritten ist, in der darauf folgenden Rutschphase widersetzt er sich der Bewegung mit einer von der Schubgeschwindigkeit nahezu unabhängigen Gleitreibungskraft.

Bei Gummi, der bekanntlich weich ist und der bevorzugt zur Erzeugung großer Haftung bei Fahrzeugen und Schuhsohlen verwendet wird, kann eine solch scharfe Trennung zwischen Haftwiderstand und Gleitreibung nicht gezogen werden. Der Gummi weicht bei einer seitlichen Kraft geringfügig aus und erzeugt dabei eine anfangs immer stärker wachsende Gegenkraft. Ab einer gewissen Geschwindigkeit sinkt diese Gegenkraft dann. Reifenhersteller haben dieses Verhalten genau untersucht.

Der normale Bremsprozess:
Betrachten wir die obige Kurve zunächst aus der Sicht eines Autos, das Bremsen soll.
Beim Anziehen der Bremsen versuchen die Bremsbacken den Reifen zum Stehen zu bringen, die Reibung am Boden will ihn weiter zu drehen. Je stärker die Bremsen angezogen werden, umso stärker ist die zur Reibungszahl proportionale Reibungskraft zwischen Reifen und Straße und es steigt langsam der Schlupf, das Bremsverhalten ist stabil, was besagt, dass größerer Druck auf die Bremse größere Bremskraft bewirkt. Übersteigt die Reibungskraft durch Anziehen der Bremsbacken ihr (durch die obige Kurve vorgegebenes) Maximum, dann sinkt die Reibungskraft zwischen Reifen und Straße, wohingegen die den Reifen abbremsende Kraft weiter bleibt, der Reifen bleibt stehen (blockiert) und rutscht völlig unkontrolliert ohne Lenkvermögen und die Bremskraft sinkt; das Bremsverhalten ist labil, was besagt, dass größerer Druck auf die Bremse geringere Bremskraft bewirkt.

Man sieht rechts die Reibungszahl (nicht unterschieden zwischen Haft- und Gleitreibung) in Abhängigkeit vom sogenannten Schlupf.

Beim Bremsen ist der Schlupf das Verhältnis der Geschwindigkeit des Gummis gegenüber der Fahrbahn zur Geschwindigkeit des Fahrzeugs.

  • Schlupf 0: Reifen haftet;
  • Schlupf 100%: Reifen blockiert;

Beim Anfahren ist der Schlupf das Verhältnis der Geschwindigkeit des Gummis gegenüber der Fahrbahn zur Summe aus Fahrzeuggeschwindigkeit und Geschwindigkeit des Gummis gegenüber der Fahrbahn.

  • Schlupf 0: Reifen haftet;
  • Schlupf 100%: Reifen dreht durch;
ABS und ASR
Aus obigem Graf sieht man, dass zur maximalen Kraftübertragung auf die Straße sowohl beim Bremsen als auch beim Beschleunigen je nach Fahrbahnbelag ein Schlupf von 5 bis 10% , bei Schotterstraße sogar bis 30% notwendig wäre. Sowohl ABS (Antiblockiersystem) als auch ASR (Antriebsschlupfregelung) versuchen diesen optimalen Schlupf durch entsprechende Regelung zu erreichen. Dazu wird an allen Rädern die Radgeschwindigkeit gemessen und über einen Rechner untereinander und eventuell mit der Fahrzeuggeschwindigkeit verglichen.
Aus diesen Daten wird ermittelt, wenn durch zu starkes Bremsen oder durch zu starkes Gas geben bei einem Rad der Schlupf zu groß wird, woraufhin sofort die Bremskraft bzw. die Antriebskraft dieses Rades reduziert wird. Der Bereich in dem ABS und ASR wirken soll, ist nebenstehend durch die Einkreisung gekennzeichnet. Man kann erkennen, dass der Bereich je nach Straßenbelag bei einem ganz unterschiedlichen Schlupf ist, die Regelung also vor allem durch den Vergleich aller Räder und nicht durch absolut vorgegebene Werte erfolgen muss.
Wie der Bremsdruck in Abhängigkeit von der Radgeschwindigkeit und der Fahrzeuggeschwindigkeit geregelt wird zeigt qualitativ nebenstehendes Diagramm. Die Radgeschwindigkeit wird so geregelt, dass der Schlupf immer in dem Bereich kurz unterhalb des Reibungszahlmaximums bleibt, diesen aber nicht überschreitet.

Reifenvergleichstests
Nebenstehend sind auszugsweise die Ergebnisse von Reifenvergleichstests einer Automobilzeitschrift dargestellt. Dabei wird nicht die mittlere Reibungszahl angegeben (die wir nur zusätzlich mit hineingeschrieben haben), sondern der Bremsweg aus einer festgelegten Geschwindigkeit, die beim Trockentest anders als beim Nasstest ist.
Aus diesen Tests kann man ersehen, dass es durchaus Unterschiede zwischen einzelnen Reifen gibt.