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Ausblick

Zentrifugalkraft

Beschreibung im ruhenden Laborsystem

Beschreiben wir die Kreisbewegung eines Körpers vom Laborsystem aus (d.h. wir betrachten die Kreisbewegung von außen), so müssen wir von einer Zentripetalkraft auf den Körper ausgehen. Wäre diese zum Mittelpunkt der Kreisbewegung gerichtete Kraft nicht vorhanden, so würde der Körper nach dem Trägheitssatz in Tangentenrichtung wegfliegen.

"Widerspruch" mit den eigenen Erfahrungen

Joachim Herz Stiftung
Abb. 1 Fragender Betrachter einer Kreisbewegung im Laborsystem

Als Betrachter, der sich noch nicht sehr intensiv mit der Kreisbewegung auseinandergesetzt hat, findet man eine solche Beschreibung ungewohnt. Wahrscheinlich wird man bei der Frage nach den Kräften bei der Kreisbewegung zunächst von der nach außen gerichteten Zentrifugalkraft (lat. fuga = Flucht) sprechen. Eine solche Kraft empfindet man nämlich selbst, wenn man z.B. im Auto durch eine Kurve fährt. Dabei ist man aber als Beobachter nicht in einem ruhenden Laborsystem wie in Abb. 1, sondern im bei einer Kurvenfahrt beschleunigten Bezugssystem Auto. Für den Beobachter in einem beschleunigten (rotierenden) Bezugssystem wie in Abb. 2 ist eine Beschreibung mit Hilfe der Zentrifugalkraft zutreffend.

Beschreibung im beschleunigten Bezugssystem

Stelle dir nun vor, dass statt der Kugel der Beobachter selbst am Seil hängt bzw. sich daran festhält (siehe Abb. 2). Der Beobachter spürt, dass für die Ausführung der Kreisbewegung eine zum Mittelpunkt ziehende Zentripetalkraft notwendig ist - er muss sich nämlich am Seil festhalten. Solange er sich am Seil festhalten kann, sind die auf ihn wirkende Zentrifugalkraft und die Zentripetalkraft gleich groß. Er bewegt sich auf einer festen Kreisbahn. Lässt der Beobachter los und es wirkt somit keine Zentripetalkraft mehr auf ihn, so wird er von der Zentrifugalkraft nach außen gezogen. Genauer: Er bewegt sich dann im rotierenden Bezugssystem auf einer sog. Kreisevolventen.

Joachim Herz Stiftung
Abb. 2 Kräfte bei der Kreisbewegung im bewegten Bezugssystem

Natürlich empfindet der Beobachter bei wachsender Winkelgeschwindigkeit oder wachsendem Abstand vom Mittelpunkt eine wachsende Zentrifugalkraft. Dies muss er durch stärkeres Festhalten am Seil ausgleichen. Schafft er dies nicht mehr, so zieht in die Zentrifugalkraft nach außen.

Beschreibung der Kreisbewegung im ruhenden und rotierendem Bezugssystem

Zur Beschreibung der gleichförmigen Kreisbewegung benötigt

der Beobachter im Laborsystem
nur die Zentripetalkraft
der Beobachter im rotierenden System
die Zentripetalkraft und die Zentrifugalkraft

Prinzipieller Unterschied zwischen beschleunigtem und nicht beschleunigtem Bezugssystem

Die Zentrifugalkraft ist eine Kraft, die der Beschleunigung des Bezugssystems entgegengerichtet ist. Man bezeichnet sie als Trägheitskraft, sie ist im beschleunigten System direkt zu messen. Oft nennt man solche Trägheitskräfte auch Scheinkräfte, da sie im nicht beschleunigten System nicht erkennbar sind.

Das beschleunigte Bezugssystem birgt allerdings das Problem, dass die Newtonschen Gesetze nicht mehr uneingeschränkt gelten: Das 3. Gesetz von Newton besagt, dass zu jeder Kraft an einem Körper eine Gegenkraft an einem anderen Körper existieren muss. Dies ist für Scheinkräfte nicht erfüllt, sie haben keine "reactio". Auch die gleichförmige geradlinige Bewegung eines im Kräftegleichgewicht befindlichen Körpers ist in einem beschleunigten Bezugsystem nicht gegeben.

In nicht beschleunigten Bezugssystemen hingegen gelten alle Gesetze von Newton. Man nennt solche Systeme Inertialsysteme. (lat. inertia = Trägheit)

Beispiel

Ein Reisender, der in einem anfahrenden Zug sitzt, beobachtet, dass sich der Bahnhof in horizontaler Richtung beschleunigt bewegt, obwohl auf den Bahnhof keine Kraft in horizontaler Richtung wirkt. Ein über ihm gleichförmig fliegender Vogel, der quer zur Bahnrichtung fliegt, durchfliegt für den Beobachter eine Kurvenbahn. Im beschleunigten Bezugssystem gilt also der Trägheitssatz nicht, wohl aber im Inertialsystem.

Technische Anwendungen bei denen die Zentrifugalkraft ausgenützt wird sind zum Beispiel Zentrifugen.