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Grundwissen

Altersbestimmung mit der Radiocarbonmethode

Das Wichtigste auf einen Blick

  • C‑14 ist ein natürliches radioaktives Kohlenstoffisotop, dass in jedem lebenden Organismus einen festen Anteil an allen Kohlenstoffisotope hat.
  • Stirbt ein Organismus ab, so nimmt ab diesem Zeitpunkt der C‑14-Anteil entsprechend des Zerfallsgesetzes ab \(T_{1/2}\left(\text{C-14}\right)=5730\,\rm{a}\).
  • Aus dem verbleibenden C‑14-Anteil bzw. der entsprechenden Aktivität kann mit \(t = \frac{{\ln \left( {\frac{{N(t)}}{{N\left( 0 \right)}}} \right) \cdot {T_{1/2}}}}{{ - \ln (2)}}\)  das Alter der Probe berechnet werden.
Aufgaben Aufgaben

Entstehung und Verteilung von C-14

Abb. 1 Entstehung von C-14 in der Atmosphäre

Trifft die kosmische Strahlung auf die oberste Atmosphärenschicht der Erde, so entstehen kaskadenförmig viele verschiedene Teilchen, die sog. sekundäre Höhenstrahlung. Trifft nun ein Neutron der sekundären Höhenstrahlung auf einen Stickstoffkern, so geschieht manchmal die in Abb. 1 dargestellte Kernumwandlung in das Kohlenstoffisotop \({}^{14}{\rm{C}}\). Dieses Isotop ist ein radioaktiver Betastrahler mit einer Halbwertszeit von \(5730\,\rm{a}\). Die C‑14 Teilchen mischt sich mit den chemisch identischen und stabilen Kohlenstoffisotopen \({}^{12}{\rm{C}}\) und \({}^{13}{\rm{C}}\).

Durch das normale Wettergeschehen werden die \({}^{14}{\rm{C}}\)-Atome gleichmäßig in der gesamten Biosphäre der Erde verteilt. Auf lange Sicht stellt sich zwei Gleichgewichte ein:

  1. Ein Gleichgewicht zwischen den der Biosphäre entzogenen oder zerfallenen und den in der oberen Atmosphäre neu entstehenden Atomen.
  2. Ein Gleichgewicht (fester Prozentsatz) zwischen \({}^{14}{\rm{C}}\) und \({}^{12}{\rm{C}}\) bzw. \({}^{13}{\rm{C}}\)-Atomen der Biosphäre. Dabei ist der Anteil der C‑14-Atome sehr gering und beträgt etwa \({N_0}\left( {^{14}{\rm{C}}} \right) = 1{,}2 \cdot {10^{ - 12}}\cdot{N_0}\left( {{{\rm{C}}_{{\rm{Ges}}}}} \right)\).

Einbau von C‑14 in lebende Organismen

At09kg : originalWattcle : vector graphics [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons, Änderungen von Stefan Richtberg
Abb. 2 Einbau von C-14 in Pflanzen durch Photosynthese

Durch die in Abb. 2 gezeigte Photosynthese wird der in der Luft als \({\rm{C}}{{\rm{O}}_2}\) vorkommende radioaktive Kohlenstoff \({}^{14}{\rm{C}}\) überall im natürlichen Gleichgewichts-Verhältnis in die lebende Pflanze eingebaut. Das radioaktive C‑14 gelangt so in die gesamte Nahrungskette. Daher findet sich C‑14 im entsprechenden natürlichen Gleichgewichtsverhältnis auch in Tier und Mensch.

Zerfall des C‑14-Anteils in toten Organismen

Stirbt nun eine Pflanze, ein Tier oder ein Mensch so beginnt seine \({}^{14}{\rm{C}}\)-Stoppuhr zu laufen. Von nun an wird dem Organismus kein neuer radioaktiver Kohlenstoff mehr zugeführt. Der radioaktive \({}^{14}{\rm{C}}\)-Kohlenstoff baut sich mit einer Halbwertszeit von \({T_{1/2}} = 5730\,{\rm{a}}\) ab. Die stabilen, nicht radioaktiven Kohlenstoffisotope bleiben hingegen erhalten.

Sowie man einen Gegenstand wie ein Holzstück, einen Knochen oder eine Mumie gefunden hat, liest man im Prinzip dessen \({}^{14}{\rm{C}}\)-Stoppuhr ab - man misst also wie groß der Anteil von C‑14 am gesamten Kohlenstoff im entsprechenden Objekt noch ist. Dies geschieht entweder mithilfe eines Massenspektrometers oder über die Messung der Aktivität.

Das prinzipielle Vorgehen der Radiocarbonmethode zeigt die folgende Animation in Abb. 3.

Prinzip der Altersbestimmung mit C-14

Abb. 3 Prinzipielle Funktionsweise der Altersbestimmung mit der Radiocarbonmethode am Beispiel eines Baumes

Aus dem Verhältnis der Anzahl der zum jetzigen Zeitpunkt noch verbliebenen C-14-Atome zur ursprünglichen Anzahl der C-14-Atome, also aus dem Quotienten \(\rm{\frac{N_{C14}(t)}{N_{C14}(0)}}\), kannst du mithilfe des Diagramms in Abb. 4 das Alter des Gegenstandes bzw. die vergangene Zeit seit dem Absterben des Gegenstandes ermitteln.

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Abb. 4 Entwicklung des C-14 Anteils im Laufe der Zeit

Rechnerische Lösung

Hinweis: Für eine rechnerische Lösung musst du mit der Exponentialfunktion und dem Logarithmus vertraut sein.

Allgemein gilt für die Anzahl der C-14-Atome zum Zeitpunkt \(t\) der Zusammenhang
\[N(t) = N\left( 0 \right) \cdot {e^{ - \lambda \cdot t}}\;{\rm{mit}}\;\lambda  = \frac{{\ln (2)}}{{{T_{1/2}}}}\]
Analog gilt der Zusammenhang auch für die Aktivität \(A(t)\) der durch den C-14-Anteil minimal radioaktiven Probe
\[A(t) = A\left( 0 \right) \cdot {e^{ - \lambda \cdot t}}\;{\rm{mit}}\;\lambda  = \frac{{\ln (2)}}{{{T_{1/2}}}}\]Die seit dem Absterben vergangene Zeit \(t\) ergibt sich daher aus \[t = \frac{{\ln \left( {\frac{{N(t)}}{{N\left( 0 \right)}}} \right) \cdot {T_{1/2}}}}{{ - \ln (2)}}\]bzw. der analogen Formel mit den Aktivitäten \(A(t)\) und \(A(0)\).

Beispiel 1: Altersbestimmung über die Anzahl der C-14-Teilchen

Schickt man z.B. \(1\,\rm{mg}\) einer präparierten Kohlenstoffprobe des "Ötzis" (linkes Bild) durch einen Massenspektrometer, so erhält man aus dem Massenspektrometer die Anzahl \(N(t)\) der \({}^{14}{\rm{C}}\)-Atome, die in der Probe enthalten sind.

Aufgabe
Abb. 5 Rekonstruktion der Ötzi-Mumie im Prähistorischen Museum von Quinson, Alpes-de-Haute-Provence, Frankreich.

Bei Ötzi zählt man \(N(t) = 2{,}3 \cdot {10^5}\) dieser \({{}^{14}{\rm{C}}}\)-Atome, bei einer Vergleichsprobe zählte man \(N(0) = 4{,}0 \cdot {10^5}\) dieser \({}^{14}{\rm{C}}\)-Atome.

Bestimme daraus entweder näherungsweise mit Hilfe des obigen Diagramms einer Exponentialfunktion oder aber rechnerisch mit Hilfe der obigen Formel das Alter des Fundes.

Lösung

Vorüberlegung für die zeichnerische Lösung: Der Anfangswert \({4{,}0 \cdot 10^5}\) entspricht \(1\) im Diagramm. Der Endwert \({2{,}3 \cdot {10^5}}\) entspricht \({ \frac{2{,}3 \cdot {10^5}}{4{,}0 \cdot {10^5}} \approx 0{,}58}\) im Diagramm. Somit erhält man

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Abb. 6 Grafische Darstellung des Zerfalls von C-14 zur Altersbestimmung von Ötzi

Die Zeichnung ergibt etwa \({0{,}79}\) Halbwertszeiten, damit beträgt das Alter des Fundes ungefähr \({0{,}79 \cdot 5730\,{\rm{a}} \approx 4500\,{\rm{a}}}\).

Rechnerische Lösung:

Aus \({N(t) = N\left( 0 \right) \cdot {e^{ - \lambda \cdot t}}}\) und \({\lambda = \frac{\ln (2)}{T_{1/2}}}\) erhält man
\[\begin{eqnarray}
N(t) &=& N\left( 0 \right) \cdot {e^{ - \frac{{\ln (2)}}{{{T_{1/2}}}}\cdot t}} \\
\frac{N(t)}{N\left( 0 \right)} &=& {e^{ - \frac{{\ln (2)}}{{{T_{1/2}}}} \cdot t}} \\
\ln \left( {\frac{{N(t)}}{{N\left( 0 \right)}}} \right) &=& - \frac{{\ln (2)}}{{{T_{1/2}}}} \cdot t \\
t &=& \frac{\ln \left( \frac{N(t)}{N(0)} \right) \cdot T_{1/2}}{- \ln (2)}
\end{eqnarray}\]
Einsetzen der gegebenen Werte liefert
\[t = \frac{{\ln \left( {\frac{{2{,}3 \cdot {{10}^5}}}{{4{,}0 \cdot {{10}^5}}}} \right) \cdot 5730\,{\rm{a}}}}{{ - \ln (2)}} = 4500\,{\rm{a}}\]
was mit dem obigen Ergebnis relativ gut übereinstimmt.

Beispiel 2: Altersbestimmung über die Aktivität \(A\) einer Probe

Man bestimmt die Aktivitäten vergleichbarer Stoffmengen Kohlenstoff in der antiken Probe und in einer noch lebenden Probe.

Aufgabe

In einem Beispiel ist \(A\left( 0 \right) = 230\frac{{{\rm{Bq}}}}{{{\rm{kg}}}}\) Kohlenstoff und \(A\left( t \right) = 170\frac{{{\rm{Bq}}}}{{{\rm{kg}}}}\).

Bestimme daraus entweder näherungsweisemit Hilfe des obigen Diagramms einer Exponentialfunktion oder aber rechnerisch mit Hilfe der obigen Formel das Alter des Fundes.

Lösung

Vorüberlegung für die zeichnerische Lösung: Der Anfangswert \(230\) entspricht \(1\) im Diagramm. Der Endwert \(170\) entspricht \(170:230 \approx 0{,}74\) im Diagramm. Somit erhält man

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Abb. 7 Entwicklung des C-14 Anteils im Laufe der Zeit.

Die Zeichnung ergibt etwa \(0{,}42\) Halbwertszeiten, damit beträgt das Alter des Fundes ungefähr \(0{,}42 \cdot 5730\,{\rm{a}} \approx 2400\,{\rm{a}}\).

Rechnerische Lösung:

Aus \(A(t) = A\left( 0 \right) \cdot {e^{ - \lambda \cdot t}}\) und \({\lambda = \frac{\ln (2)}{T_{1/2}}}\) erhält man
\[\begin{eqnarray}
A(t) &=& A\left( 0 \right) \cdot {e^{ - \frac{{\ln (2)}}{{{T_{1/2}}}}\cdot t}} \\
\frac{{A(t)}}{{A\left( 0 \right)}} &=& {e^{ - \;\frac{{\ln (2)}}{{{T_{1/2}}}} \cdot t}} \\
\ln \left( {\frac{{A(t)}}{{A\left( 0 \right)}}} \right) &=& - \;\frac{{\ln (2)}}{{{T_{1/2}}}} \cdot t \\
t &=& \frac{{\ln \left( {\frac{{A(t)}}{{A(0)}}} \right) \cdot {T_{1/2}}}}{{ - \ln (2)}}
\end{eqnarray}\]
Einsetzen der gegebenen Werte liefert
\[t = \rm \frac{\ln \left( {\frac{170\,\frac{Bq}{kg}}{230\,\frac{Bq}{kg}}} \right) \cdot 5730\,a}{-\ln (2)} = 2500\,a\]
was mit dem obigen Ergebnis relativ gut übereinstimmt.